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Splitterseelen

Splitterseelen

Titel: Splitterseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Busch , Sandra Gernt
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nicht geistesgegenwärtig aufgefangen hätte.
    „Jason, pass auf! Ich habe nicht vor, dich wie eine Braut auf meinen Armen die Treppe hinaufzutragen.“
    Erneut blieb Jason mit offenem Mund stehen, als sich ein Adra von der Decke löste und mit ausgebreiteten Schwingen aus dem Gebäude segelte.
    „Man kann mit ihnen ziemlich schnell von A nach B gelangen. Stell sie dir wie ein Yellow Cab in New York vor. Du brauchst lediglich eine spezielle Pfeife nutzen, die einen Ton von sich gibt, den du gar nicht hören kannst. Damit kannst du einen von ihnen rufen. Und schon bringen sie dich, wohin immer du willst. Als Gegenleistung werden sie an bestimmten Sammelstellen durchgehend mit Futter versorgt.
    „Krass“, murmelte Jason. Wenigstens ließ er sich endlich weiterschubsen. Nach der Treppe schritt Mijo zielstrebig auf eine mit Symbolen bemalte Tür zu und berührte mit der flachen Hand eines der Zeichen. Daraufhin schwang die Tür lautlos auf. Mijo verbeugte sich schwungvoll.
    „Nach dir, Jason.“

     
    Calael nutzte den Spiegel, um nach Udeah zurückzukehren. Ohne Umwege suchte er seinen Vater auf. Der Patriarch zeigte sich über seine Störung nicht gerade hocherfreut, warf ihn aber auch nicht gleich wieder hinaus.
    „Mein Seelenzwilling wurde entführt“, erklärte Calael ohne Umschweife. „Von einem Dämon. Ich schätze, dass Mijo dahintersteckt.“
    „Wohl eher das Tribunal“, sagte sein Vater ruhig und ohne eine Miene zu verziehen. „Sie wollen verhindern, dass du meine Nachfolge antrittst.“
    „Es wird ihnen gelingen, wenn ich Jason morgen nicht auf dem Opferblock liegen habe. Andina hat keinen Hehl daraus gemacht, dass sie um die Führung kämpfen würde. Dann hätten wir einen Zweifrontenkrieg, Vater.“
    Sein Vater stützte die Ellenbogen auf den Tisch und legte alle zehn Finger aneinander, eine Haltung, die er immer einnahm, wenn er dachte, keiner würde seinen kochenden Zorn bemerken.
    „Wenn sie sich nicht so gut mit ihrer Magie schützen würde, würde ich es glatt nochmal mit einem Anschlag auf Andina versuchen“, grollte er.
    „Dazu brauche ich die Kräfte, die Jason mir verleihen wird“, entgegnete Calael. „Alles andere wären sinnlose Versuche und lediglich ein Statement, wie verzweifelt wir sind.“
    „Dabei wärst du gar nicht unglücklich darüber, wenn Jason nicht sterben und gewandelt werden müsste.“ Der lauernde Blick seines Vaters heftete sich auf ihn.
    „Ich habe mich entschlossen, diesen Schritt zu gehen. Ein Leben in der Menschenwelt liegt mir nicht.“ Schon gar nicht ohne Jason. Er hatte lange überlegt, ob er nicht auf die Führung von Udeah verzichten sollte, indem er Jason nicht opferte. Aber er würde in diesem Fall ohne irgendwelche Erinnerungen in Maine abgesetzt werden. Und keine Erinnerungen bedeutete auch keinen Jason, den er hätte verführen können, um sich dieses Hinterland ein wenig anschaulicher zu gestalten. Dabei hatte er sich in die niedlichen Grübchen verliebt, die sich immer dann zeigten, wenn Jason lachte. Er fühlte dessen Foto in seiner Tasche brennen, als wollte es hervorgezogen werden. Einzig die Anwesenheit seines Vaters hielt ihn davon ab, über das Bild zu streicheln.
    „Nimm dir Krieger und greife die Dämonen an. Versuche deinen Zwilling ihren gierigen Klauen zu entreißen. Und wenn Mijo dabei zufällig draufgehen sollte, wäre es nicht schade.“
    Calael lächelte kühl. Mit einem kurzen Nicken ließ er seinen Vater allein. Die Seelenlosen wollten Krieg? Bitte, sie konnten ihn haben.
     

Mijo beobachtete den jungen Mensch, der nervös in den Tribunalsaal stolperte. Er musste ihm folgen, obwohl er sich lieber mit dem beschäftigt hätte, was Nirta da erzählt hatte. Das Weib war ein noch gefährlicheres Biest als Andina, womöglich gerade weil sie bloß über schwache magische Kräfte verfügte. Dabei besaß Nirta einen messerscharfen Verstand, den man unter den Ringellöckchen viel zu schnell vergaß. Man unterschätzte sie leicht, schließlich konnte sie mit ihren Traumprojektionen nicht einmal einen Schmetterling zerquetschen, geschweige denn, sich selbst vor Angriffen schützen. Nun, für ihren Schutz sorgte diese Art von körpereigener Magie, die wohl kein zweiter Spiegelweltler je besessen hatte – ein Lächeln von Nirta, und man wollte ihr zu Füßen sinken, ein Kullertränchen auf den Puppenwangen, und selbst reinblütige Dämonen, die für Niedliches gar keinen Blick besaßen, zerrissen sich, um jeden ihrer Feinde massakrieren

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