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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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Altweibersommer, wenn die Insekten schwirren, aber du hast damit gerechnet. Das Geräusch eines Autos vor deinem Haus und eine Tür, die ins Schloß fällt. Das Geräusch, das zu einem vertrauten, tiefen Atmen wird. Zigarettenrauch, der gegen den Telefonhörer geblasen wird, das Geklirr von Eiswürfeln aus einer schmeichelnden Stille heraus. Der Tuwoosic, der durch deinen Schlaf rieselt, und das langsam wachsende positive Gefühl, daß vielleicht doch nicht alles völlig verloren ist – gefolgt vom alten, klassischen Abschluß und intimem Seufzen. Sie fügte sich kaum etwas anderem als den nüchtern-prosaischen Aspekten des Lebens, und aus dem Grund hatte sie eine alles andere übertönende Aura des Unerklärlichen. Und viel mehr hat das Leben nicht zu bieten, ohne daß es viel komplizierter wird.
    Ich muß sagen, nichts, was zwischen uns passierte, nichts, was wir zueinander sagten, beeinflußte unser Leben länger als einen einzigen Augenblick. Die Einzelheiten erschienen so gewöhnlich, wie sie tatsächlich waren. Für uns beide war es einfach eine für kurze Zeit (und auf eine Weise, die mir etwas verdeutlichte) zur Vollendung gebrachte und damit auch schon abgeschlossene Variante des Lebens.
    Die Frage war nur, was hatte ich sonst noch, auf das ich mich freuen konnte? Mein Semester? Meine Kollegen mit ihrem Lächeln und ihren Erklärungen? Ein Leben ohne meinen ersten Sohn? Mein reduziertes Leben zu Hause mit X? Das allmähliche Abstumpfen und Abbröckeln bis hin zum Zielstrich? Ich weiß es nicht. Und ich wußte es damals nicht. Ich fand lediglich heraus, daß man das Leben eines anderen Menschen nicht kennenlernen konnte und daß man am besten gar nicht erst den Versuch dazu machte. Und als alles vorbei war (wir gingen auf einen Drink ins Bay State und verabschiedeten uns, als hätten wir uns gerade erst kennengelernt), verließ ich den Campus bei Nacht und fuhr nach New Jersey zurück, ohne auch nur meine Zensuren abgegeben zu haben (ich schickte sie per Post), ungeduldig und zugleich ängstlich wie ein Pilger, aber ohne jedes Gefühl des Verlusts oder des Bedauerns. Es ging von Anfang an um geringe Einsätze, es gab keine gebrochenen Herzen und nichts zu bedauern, ja, es gab kaum verletzte Gefühle. Und das ist in einer komplexen Welt eine Seltenheit, die nicht vergessen werden sollte.
    Am Tag vor meiner plötzlichen Abreise saß ich in meinem Büro hoch oben in der alten Mather-Bibliothek und blickte gedankenverloren aus dem Fenster; statt einige Prüfungsarbeiten zu lesen und Zensuren auszurechnen, träumte ich mit offenen Augen, als es an meiner Tür klopfte. (Ich hatte das Büro gewechselt und mir einen möglichst abgelegenen Raum zuweisen lassen, um, wie ich ihnen sagte, besser an meinem Buch arbeiten zu können; tatsächlich war es mir aber um einen Raum gegangen, wo Selma und ich nicht ständig von Studenten gestört wurden.)
    In der Tür stand die Frau eines jüngeren Dozenten, eines Mannes, den ich kaum kannte und aus dessen arrogantem Verhalten ich schloß, daß er mich nicht besonders mochte. Seine Frau hieß jedoch Melody, und sie und ich hatten uns einmal auf Arthur Winstons Neujahrs-Cocktailparty (zu der X mitgegangen war) lange und freundschaftlich über den Feuervogel unterhalten, ein Ballett, das ich nie auf der Bühne gesehen hatte und von dem ich nichts wußte. Von da an tat sie immer so, als sei ich in ihren Augen ein interessanter Neuzugang am College, und wenn sie mich sah, hatte sie immer ein nettes Lächeln für mich. Sie war eine kleine Frau mit mausgrauen Haaren, verweint aussehenden braunen Augen und einem, wie ich fand, verführerischen Mund, den ihr Mann – im Gegensatz zu mir – wahrscheinlich nicht mochte.
    An meiner Tür wirkte sie nervös und leicht verlegen und wollte offensichtlich hereinkommen und uns einschließen. Wir hatten Dezember, und sie hatte sich des Sohnes wegen warm angezogen und trug, daran erinnere ich mich, eine peruanische Mütze mit spitz zulaufenden Ohrenschützern und Stiefel mit irgendeinem Pelzbesatz.
    Als ich die Tür hinter ihr schloß, setzte sie sich auf den Besucherstuhl und zündete sich sofort eine Zigarette an. Ich nahm an meinem Schreibtisch Platz, mit dem Rücken zum Fenster, und sah sie lächelnd an.
    »Frank«, sagte sie plötzlich, als ob die Worte im Innern ihres Schädels herumschwirrten und kollidierten und ihr nur zufällig entschlüpften, »ich weiß, wir kennen uns nicht sehr gut. Aber seit unserem wunderbaren Gespräch bei Arthur

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