Sportreporter
der Stadt –, also, wir treffen uns hin und wieder. Nichts Großartiges. Wir trinken einmal im Monat im August ein Bier zusammen. Gehen ein-, zweimal zum Baseball. Letzte Woche waren wir wieder mal beim Angeln. Ich dachte mir, wenn Sie Lust haben, dann würd ich Sie mal anrufen. Es ist eine ganz nette Truppe. Alles ganz zwanglos.«
Sergeant Benivalle hält seine Kool zwischen dem dicken Daumen und dem gekrümmten Zeigefinger, wie ein Franzose im Film, und schnippt die Asche auf den blankgewienerten Boden. »Hab viel zu tun«, sagt er und schnieft. »Polizeiarbeit …« Er will noch mehr sagen, bricht dann aber ab. »Ich hab vergessen, was ich sagen wollte.« Er starrt auf den Marmorboden.
Ich habe ihn ungewollt in Verlegenheit gebracht, und jetzt würde ich ganz gern gehen. Möglicherweise ist Sergeant Benivalle nur das, was Cade Arcenault in einigen Jahren sein wird, und ich sollte ihn seiner Polizeiarbeit nachgehen lassen. Andererseits schadet es nie, wenn man jemandem klarmacht, daß seine eigenen kolossalen Sorgen und Probleme genau die gleichen sind, mit denen alle anderen auch kämpfen. Wir haben alle unsere eigene Polizeiarbeit zu erledigen.
»Ich werd Sie trotzdem anrufen, okay?« Ich grinse wie ein Handelsvertreter.
»Ich glaub kaum, daß ich’s schaffe«, sagt er, auf einmal verwirrt.
»Wir sind da ja auch ganz flexibel. Ich geh selber nicht immer hin. Aber ich mag die Vorstellung, hingehen zu können.«
»Ja, sicher.« Sergeant Benivalle schiebt wieder seine dicke Unterlippe vor.
»Ich glaube, ich geh dann jetzt«, sage ich.
Er blinzelt mich an, als sei er aus einem Traum aufgewacht. »Wie kommt’s, daß Sie einen Schlüssel zu dem Haus haben?« Er kann nie aufhören, Polizist zu sein, eine Tatsache, die ich befriedigend finde. Man kann ihn sich kaum als etwas anderes vorstellen.
»Walter hat ihn mir einfach gegeben. Ich weiß nicht, warum. Ich weiß nicht, ob er viele Freunde hatte.«
»Es ist nicht üblich, daß man anderen die Hausschlüssel gibt.« Er schüttelt den Kopf und macht hinten im Mund einen Schnalzlaut.
»Die Menschen benehmen sich manchmal seltsam.«
»Die ganze Zeit«, sagt er und schnieft wieder. »Hier«, sagt er. Er greift in die Tasche und zieht hinter der Zigarettenpackung einen kleinen blauen Plastikbehälter mit Visitenkarten hervor. »Nehmen Sie das mit, wenn Sie rübergehen.« Er gibt mir eine gedruckte Karte mit seinem Namen und Titel und dem Amtssiegel der Stadt Haddam. » Geni Benivalle. Sergeant of Detectives .« Unten auf der Karte steht seine private Telefonnummer, zweifellos eine Geheimnummer. Ich könnte ihn wegen des »Klubs der Geschiedenen Männer« unter eben dieser Nummer anrufen, was ihm sicher bewußt ist.
»Okay.« Ich stehe auf.
»Nehmen Sie dort aber nichts an sich, klar?« sagt er mit rauher Stimme, immer noch mit der dicken Akte vor dem Bauch auf der Bank sitzend. »Es wäre verkehrt.«
Ich stecke mir seine Karte in die Brusttasche. »Vielleicht kommen Sie an einem Abend mal zu uns.«
»Wohl kaum«, sagt er, tritt mit einer heftigen Fußbewegung seine Zigarette aus und bläst dabei Rauch auf seine großen Knie.
»Ich ruf Sie wahrscheinlich trotzdem an.«
»Mir gleich«, sagt er müde. »Ich bin immer hier.«
»Bis dann«, sage ich.
Aber er mag keine Abschiede, so wie er ja auch nicht der Typ ist, der einem die Hand gibt. Ich gehe, und er bleibt unter dem roten Schild mit der Aufschrift NOTAUSGANG sitzen und blickt mir durch die Glastür nach.
X’ Wagen steht in der fortschreitenden Dämmerung vor dem Rathaus neben meinem. Sie selbst sitzt auf dem vorderen Kotflügel und feuert unsere zwei Kinder an, die auf der öffentlichen Grünfläche radschlagen und kichern. Paul ist nicht bereit, seine Beine hoch genug in die Luft zu werfen, um ein perfektes Gleichgewicht zu erzielen, aber Clarissa, die viele Stunden geübt hat, macht ihre Sache sehr gut und kann sogar in dem Großmutterkleid aus Gingham, das sie von mir bekommen hat, »auf den Wolken gehen«, wobei ihr Baumwollhöschen im letzten Rest des Tageslichts erstaunlich leuchtet. An der vorderen Stoßstange ihres Wagens hat X einen Aufkleber, der verkündet: »Eine Runde Golf wär mir lieber.«
»Ich hab den zweien ein Eis gekauft, und das hab ich jetzt davon«, sagt X, als ich mich zu ihr auf den warmen Kotflügel setze. Sie hat mich nicht angesehen, hat einfach meinen Wagen als Beweis dafür genommen, daß ich da bin. »Es scheint das Kind in ihnen geweckt zu haben.«
»Dad«, ruft
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