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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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drei tragen weiße Mützen. Rote Fähnchen flattern in der Dämmerung. Alle drei sind auf dem Weg nach Hause; sie kommen von einer zwanglosen Abendandacht irgendwo in irgendeiner dänisch-modernen Unitarierkirche, wo Freunde sich umarmen und Most ausgeschenkt wird und wo es einem erlaubt ist, Verdammt! und Zum Teufel! zu sagen – das Leben im fortwährenden Aufschwung, Woche um Woche. (So wirkt sich das aus, wenn man ein Seminar am Ort hat.) Nun sind sie auf dem Nachhauseweg, gesund und munter, und ihre schwachen Dynamolichter flüstern ein »Achtung, wir kommen!« in die alte Dunkelheit. Hier kommen die Jamiesons. Mark, Pat und der kleine Jeff. Hier kommt das Leben. Alles klar. Nichts kann uns mehr stoppen.
    Aber sie irren sich, irren sich mächtig, diese Jamiesons. Ich sollte es ihnen sagen. Das Leben-ohne-Ende ist eine Lüge der Vororte, ihre schlimmste Lüge – das solltet ihr wissen, ehe ihr euch von ihrem angenehmen, albernen Traum gefangennehmen laßt. Fragt Walter Luckett. Er würde es euch sagen, wenn er könnte.
    Sergeant Benivalle kommt aus einem weiter hinten liegenden Büro, und er ist genau der Mann, den ich erwartet habe, mächtiger Brustkorb, Bürstenschnitt, traurige Augen, mit schlimmen Akne-Narben und Händen so groß wie Arbeitshandschuhe. Seine Mutter war wohl keine Spaghettibiegerin, denn er hat blaßblaue Augen, und sein kantiger Schädel hat etwas nordisch Stures. (Allerdings hat er einen strammen italienischen Bauch, der sich über seine Gürtelschnalle schiebt und den kleinen Revolver einklemmt, der über seiner Ledertasche befestigt ist.) Er ist kein Mann, der einem die Hand gibt; vielmehr blickt er, als wir uns begrüßen, nach oben auf das rote Schild mit der Aufschrift NOTAUSGANG . »Wir können uns gleich hier hinsetzen, Mr. Bascombe«, sagt er. Seine Stimme klingt heiser, müder als vor ein paar Stunden.
    Wir setzen uns auf die blankgeputzte Bank, und er blättert in Papieren, die in einem braunen Aktendeckel stecken. Der andere, Patriarca, nimmt wieder hinter dem Schalter Platz, legt die Beine hoch und fängt an, in einer Zeitschrift herumzulesen; es ist ein Road & Track mit einem Schwarzen auf dem Titelbild, der es vom Helden vieler Dragsterrennen zur TV-Persönlichkeit gebracht hat.
    Mit einem tiefen Seufzer wühlt Sergeant Benivalle in den Papieren. Stumm wie ein Gefangener warte ich ab.
    »Aaalso. Okay. Wir haben Kontakt mit der Familie aufgenommen … mit einer Schwester … in … Ohio, glaube ich. Das …« Er hebt kurz ein mit einer Heftklammer befestigtes Blatt an und läßt ein klares Foto erkennen, auf dem die Füße eines Mannes zu sehen sind, in geflochtenen Sandalen, die Zehen nach oben gebogen. Mit absoluter Sicherheit sind das Walters Füße, und damit hat sich die Identifizierung hoffentlich erledigt. Bascombe identifiziert Verstorbenen. Erkennt Füße auf einem Foto . »Das heißt«, fährt Sergeant Benivalle langsam fort, »daß für Sie wohl keine Notwendigkeit mehr besteht, den, äh, Verstorbenen zu identifizieren.«
    »Eigentlich hab ich ja diese Notwendigkeit gar nicht empfunden«, sage ich.
    Sergeant Benivalle wirft mir einen geringschätzigen Blick zu. »Es kommen natürlich noch die Fingerabdrücke. Aber auf die Art geht’s einfach schneller.«
    »Ich versteh schon.«
    »Also«, sagt er und blättert weiter. Es überrascht mich, wieviel Papierkram bereits zusammengetragen worden ist. (War Walter schon vorher in irgendwelchen Schwierigkeiten?) »Also«, wiederholt er und sieht mich an. »Sie sind der Sportreporter, nicht wahr?«
    »Stimmt.« Ich schaffe ein dünnes Lächeln.
    Sergeant Benivalle blickt wieder in seine Akte. »Wer holt im Osten dieses Jahr den Titel?«
    »Detroit. Die sind ganz schön stark.«
    Er seufzt. »Mhm. Gut möglich. Wenn ich bloß mal Zeit hätte für ’n Spiel. Aber ich hab zu tun.« Er schiebt die Unterlippe vor und senkt den Blick. »Ich spiel ein bißchen Golf, alle Jubeljahre mal.«
    »Meine Frau ist Golflehrerin in Cranbury Hills drüben«, sage ich, füge aber rasch hinzu: »Meine ehemalige Frau, meine ich.«
    »Ach ja?« sagt Benivalle und hat Golf schon wieder vergessen. »Vom Gras krieg ich Asthmaanfälle«, sagt er, und da ich dazu nichts sagen kann, schweige ich. »Haben Sie«, er legt eine kleine Pause ein, »haben Sie eine Vorstellung, warum sich dieser Mr., äh, Luckett das Leben genommen hat, Mr. Bascombe, ohne daß Sie jetzt groß nachdenken?«
    »Nein. Ich nehme an, er hat die Hoffnung aufgegeben. Das ist

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