Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
Vom Netzwerk:
du wirst sie nie wiedersehen, höchstens zwei Wochen jeden Sommer im Huron Mountain Club , mit meinem Vater als Aufsicht. Ich tu’s wirklich, wenn du mich nicht augenblicklich in Ruhe läßt. Wie würde dir das gefallen?« Es ist nicht ihr Ernst, und ich halte es nun auch für möglich, daß Vicki aus Gründen, die nur sie kennt, die ganze Geschichte erfunden hat, auch wenn ich lieber an einen Irrtum glauben würde. X seufzt wieder gequält. »Ich hab Fincher Nachhilfe im Putten gegeben, weil er im Rahmen eines Jahrgangstreffens ehemaliger Studenten an einem Turnier in Memphis mitspielen will. Es war ihm peinlich, deshalb sind wir ins Bucks County rüber und haben dort in Idelwood ein paar Tage geputtet. Er mußte sein Selbstvertrauen verbessern.«
    Und, hast du ihn hochgebracht?, hätte ich sie gern im Hinblick auf den mutmaßlichen Kuß gefragt, aber der Augenblick ist vorbei.
    Es herrscht nun völlige Dunkelheit, und wir sind still und allein in ihr. Von der Cromwell Lane herüber kommt das leise Rauschen von Autos, und ihr Scheinwerferlicht streift das Institut, wo heute abend sicherlich ein »Ostersingen« auf dem Programm steht. Die Glocken Sankt Leos mahnen mit ihrem Läuten zur Eile. Drei uniformierte Polizisten schlendern lachend aus dem Rathaus, auf dem Weg nach Hause und zum Abendessen. Ich erkenne die Beamten Carnevale und Patriarca, die ich mir aus irgendeinem Grund als entfernte Cousins vorstelle. Wie marschierende Soldaten gehen sie dicht hintereinander zu ihren Privatwagen und beachten uns nicht. Es ist ein verträumter, durchschnittlicher, schwindelerregender Vorortabend – nicht zuviel Aufregendes, nur die Leben einzelner Individuen in der harmonischen Verschwiegenheit eines düsteren Zeitalters.
    Ich kann allerdings nicht leugnen, daß ich wegen Fincher Barksdale erleichtert bin – an ein Mißverständnis zu glauben, bin ich bereit. »Dein Vater läßt etwas ausrichten«, sage ich.
    »Ach ja?« Sofort wird ihre Miene skeptisch.
    »Er sagt, ich soll deiner Mutter ausrichten, er habe Blasenkrebs.«
    »Das hat sie ihm auch mal gesagt, als ich noch ein kleines Mädchen war, und er hat schon am nächsten Tag vergessen, sich danach zu erkundigen, und ging auf irgendeine Geschäftsreise. Aber heute ist das was anderes. Es dient dazu, leidenschaftliche Gefühle zu wecken. Sie wird das sehr lustig finden.«
    »Er sagt auch, ich könnte dich wieder heiraten, wenn ich wollte.«
    X zieht die Nase hoch und studiert dann ihre offenen Hände, als könnte sie in einer von ihnen etwas finden, was sie vergessen hat. »Er kann es nicht lassen, mich wegzugeben.«
    »Er ist ein netter Kerl, nicht wahr?«
    »Nein, das ist er nicht.« Sie wirft mir einen verstohlenen Blick zu. »Das mit deinem Freund tut mir leid. War er ein netter guter Freund von dir?« Die Rampenlichter für die Beleuchtung des Strauchwerks rings um das Rathaus gehen alle gleichzeitig an. Ein schwarzer Hausmeister kommt an die Glastür und späht zwischen seinen Handflächen ins Freie, ehe er, einen langen Staubwedel hinter sich herziehend, wieder im Haus verschwindet. Es ist jetzt kühl im Freien. Ein Auto hupt kurz. Die Rücklichter der Polizisten verlieren sich auf den dunklen Straßen.
    »Nein, ich habe ihn nicht sehr gut gekannt.«
    »Was kann da nur geschehen sein?« Ich höre meine Kinder im feuchten Gras kichern, liebliche Musik zum Thema »Keine Angst in dieser Welt«.
    »Es hat ihn einfach nicht mehr interessiert, was als nächstes kommt, würde ich sagen. Ich weiß nicht. Ich neige nicht dazu, immer gleich schwarz zu sehen.«
    »Du quälst dich also nicht mit dem Gedanken, daß es deine Schuld gewesen sein könnte?«
    »Daran habe ich nicht gedacht, nein. Ich wüßte nicht, wie.«
    »Du hast reichlich merkwürdige Beziehungen. Ich weiß nicht, wie du das aushältst.«
    »Ich habe überhaupt keine Beziehungen.«
    »Ich weiß. Aber du willst es ja so.«
    Clarissa ruft zögernd aus der Dunkelheit und möchte die genaue Uhrzeit wissen. Es ist 19 Uhr 36. Sie fängt an, sich unter freiem Himmel fremd zu fühlen, als könne sie plötzlich ausgesetzt und im Stich gelassen werden. »Es ist noch früh«, flüstert Paul.
    »Ich fahre heute abend rüber zu Walters Haus. Möchtest du mitkommen?«
    X sieht mich völlig verblüfft an. »Wieso, um alles in der Welt? Hat er Dinge dort, die dir gehören?«
    »Nein. Ich will dort nur mal vorbeischauen. Er hat mir einen Schlüssel gegeben, und den will ich benutzen. Die Polizei hat nichts dagegen, solange

Weitere Kostenlose Bücher