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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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ich nichts mitnehme.«
    »Es ist makaber.«
    Ich sitze still da und horche auf bedeutungsvolle Geräusche im Dunkeln – die Signalpfeife einer Eisenbahn weit draußen auf der Hauptstrecke, das Dröhnen eines schweren Sattelschleppers auf der Landstraße 1, vielleicht aus dem fernen Arkansas, das Brummen eines kleinen Flugzeugs am engelhaften Nachthimmel – irgend etwas zu unserer beider Trost in diesen letzten, mageren Momenten. Wirklich gute Unterhaltungen mit der früheren Ehefrau haben enge Grenzen, da es einen sich ausweitenden Bereich an Vertrautheit gibt, der einem versperrt bleibt. Es ist letztlich wohl in Ordnung, nehme ich an. »Ist schon gut«, sage ich.
    »Aber wahrscheinlich gehst du trotzdem hin, nicht wahr?« X blickt mich an und starrt dann hinüber zu der beleuchteten Eingangshalle des Rathauses, hinter der das eingeglaste Büro des Steuereinschätzers liegt. Wir sehen beide den Hausmeister mit seinem Staubwedel, der sich in Zeitlupe bewegt.
    »Ich glaube schon«, sage ich. »Es ist wirklich okay.«
    »Warum?« Sie blickt mich aus schmalen Augen an, voller Skepsis gegenüber irdischen Unbestimmtheiten, Dingen, die sie nie sonderlich gemocht hat.
    »Das brauche ich nicht zu sagen. Männer empfinden Dinge, die Frauen nicht empfinden. Du brauchst das nicht zu mißbilligen.«
    »Du tust so merkwürdige Dinge.« Sie lächelt verständnisvoll, zugleich aber von oben herab. »Du bist manchmal so unbestimmt. Ist mit dir wirklich alles in Ordnung? Du warst ganz blaß, als ich dich noch sehen konnte.«
    »Alles ist mit mir nicht in Ordnung, aber es wird schon wieder.« Ich könnte ihr erzählen, wie mir Vicki eins vor den Latz geknallt hat und wie mich ein Einkaufswagen attackiert hat. Aber was zum Teufel würde das nützen? Es würde in den Bereich der totalen Enthüllung gehören, und davon wollen wir beide nichts mehr wissen, jetzt nicht und in Zukunft nicht. Wahrscheinlich sind wir schon zu lange hier.
    »Wir sehen uns nur noch, wenn’s um den Tod geht«, sagt X düster. »Ist das nicht traurig?«
    »Die meisten Geschiedenen sehen sich gar nicht mehr. Walters Frau ging nach Bimini, und er hat sie nie mehr gesehen. Da halten wir uns doch ganz gut. Wir haben wunderbare Kinder. Wir leben nicht sehr weit voneinander entfernt.«
    »Liebst du mich«, sagt X.
    »Ja.«
    »Ich war mir nicht so sicher. Ich hab dich lange nicht mehr danach gefragt.«
    »Ich sag’s dir aber immer gern wieder.«
    »Ich hab es wirklich schon lange nicht mehr gehört, außer von den Kindern. Sicher hast du’s etliche Male zu hören bekommen.«
    »Nein.« (Es wäre allerdings gelogen zu sagen, ich hätte es überhaupt nie gehört.)
    »Manchmal muß ich daran denken, daß du mit allen möglichen Leuten zu tun hast, von denen ich nichts weiß, und das kommt mir so merkwürdig vor. Ich mag das Gefühl nicht.«
    »Es werden immer weniger Leute, mit denen ich zu tun habe.«
    »Macht dich das einsam?«
    »Nein. Überhaupt nicht.«
    Der Kotflügel ihres Citation ist in der Dunkelheit kühl geworden. Unsere beiden Kinder – nun doch der Geheimnisse des jeweils anderen überdrüssig – haben sich aufgerappelt, ragen wie schüchterne Geister ihrer selbst aus der Dunkelheit und möchten nun, daß man auf sie eingeht und sich um sie kümmert. Es ist ein bißchen wie früher. Sie stehen nicht weit von uns entfernt und schauen herüber, fragen sich, was los ist, und sagen nichts, genauso, wie es wohl ihre eigenen Geister machen würden.
    »Möchtest du wirklich, daß ich mit dir hingehe?« fragt X, blinzelnd, aber zum Nachgeben bereit.
    »Du mußt nicht.«
    »Gewiß. Nun gut«, sagt sie, »ich kann die beiden hier eine halbe Stunde bei den Armentis lassen. Bei denen gefällt’s ihnen sowieso. Wer weiß, was aus dir wird, wenn du allein hingehst.«
    »Ich zahle auch, wenn’s was kostet.«
    X schüttelt den Kopf und gleitet vom Kotflügel herunter. »Du willst also zahlen, wie?« Der Mond ist plötzlich über den hochstämmigen Ulmen aufgegangen – eine helle, weite und ätherische Welt über uns, die Bäume und leere Straßenabschnitte und die älteren weißen Villen dahinter beleuchtet. X sieht mich belustigt an. »Wer sollte denn sonst zahlen?« Sie lacht.
    »Ich wollte dir nur entgegenkommen.«
    »Was ist dir auf der ganzen Welt am wichtigsten? Das ist momentan die große Frage, glaube ich.«
    »Du. Nichts anderes.«
    X lacht wieder und macht die Tür weit auf. »Entgegenkommend bist du wirklich, weiß Gott. Auf deine Art.«
    Ich lächle sie

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