Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
Vom Netzwerk:
alles.«
    »Ah ja, ah ja.« Sergeant Benivalle überfliegt ein Formular mit der maschinegeschriebenen Überschrift: TÖTUNGSDELIKT – VORUNTERSUCHUNG . »Das kommt normalerweise in der Weihnachtszeit häufiger vor. Nicht viele Leute tun’s an Ostern.«
    »Darüber hab ich nie groß nachgedacht.«
    Sergeant Benivalle atmet mit einem leisen Pfeifen, das unten aus seiner Brust kommt. Er blättert in der Akte weiter nach hinten. »Ich könnte nie schreiben«, sagt er nachdenklich. »Ich wüßte nicht, was sagen. Es muß schwer sein.«
    »So schwer ist es eigentlich nicht.«
    »Hm, ja. Ich hab hier die, äh, Kopie dieses Briefes für Sie.« Er zieht hinten aus seinem Papierbündel eine glänzende Thermofax-Kopie, die er nur mit zwei Fingern an einer Ecke anfaßt. »Wir behalten das Original; auf Antrag bekommen Sie es in drei Monaten, falls der Nachlaßverwalter nichts dagegen hat.« Er sieht mich an.
    »Okay.« Ich nehme das Blatt an einer der anderen glitschigen Ecken. Es ist eine schlechte graue Kopie, die höchst unangenehm nach einer Konservierungsflüssigkeit riecht. Ich sehe, daß der Text in einer sauberen, sehr kleinen Handschrift geschrieben ist und daß nicht weit vom unteren Rand des Papiers eine Unterschrift steht.
    »Passen Sie auf, daß Sie mit dem Zeug nicht an die Kleidung kommen. Polizisten riechen die ganze Zeit danach; daran merkt jeder gleich, daß wir in der Gegend sind.« Er macht die Akte zu und holt ein Päckchen Kools aus der Tasche.
    »Ich les das später«, sage ich und falte den Brief auf ein Drittel seiner Größe zusammen; dann sitze ich mit dem Brief in der Hand da und warte, daß kommt, was immer als nächstes kommen soll. Daß das alles so einfach gewesen ist, hat uns beide gelähmt.
    Sergeant Benivalle zündet seine Zigarette an und steckt das abgebrannte Streichholz ins Heftchen zurück, hinter die anderen, unbenutzten. Dann sitzen wir beide da und starren auf die gelbe Straßenkarte der Stadt, in der wir leben – und wahrscheinlich blickt jeder auf die Straße, wo sein eigenes Haus steht. Sie können nicht weit voneinander entfernt sein. Möglich, daß er in The Presidents wohnt.
    »Wo, sagten Sie noch mal, ist seine Frau abgeblieben?« fragt Benivalle und zieht eine Menge Rauch in die Lungen. Obwohl er mindestens wie fünfzig aussieht, ist er nicht älter als ich. Er hat bislang wohl kein leichtes Leben gehabt.
    »Sie ist mit einem anderen Mann nach Bimini gegangen.«
    Er bläst Rauch in die Luft und schnieft dann zweimal geräuschvoll. »Scheiß die Wand an.« Er stemmt sich gegen die geschwungene Rückenlehne der Bank, klemmt sich die Zigarette zwischen die Zähne und denkt über Bimini nach. »Man kann doch irgendwie anders reagieren, man muß sich ja nicht gleich umbringen. So schlimm ist es doch auch wieder nicht. Oder was meinen Sie?« Er dreht mir seinen großen Kopf zu und fixiert mich mit diesen Augen, die so blau sind wie Fjorde. Ihm hat diese ganze Geschichte mit Walter genausowenig gefallen wie mir, und er würde gern etwas hören, was ihm aus seinen Grübeleien heraushilft.
    »Da bin ich ganz Ihrer Meinung«, sage ich und nicke.
    »Mann-o-Mann. Mmmpf. Schöne Schweinerei.« Er streckt beide Beine aus und legt sie an den Knöcheln übereinander. Es ist seine Art, ein Gespräch von Mann zu Mann einzuleiten, aber ich weiß absolut nicht, was ich sagen soll. Möglich, daß er es verstehen würde, wenn ich nichts sagte.
    »Ist es wohl möglich, daß ich zu Walters Haus rübergehe?« Ich überrasche mich selbst mit dieser Frage.
    Sergeant Benivalle sieht mich seltsam an. »Was wollen Sie denn dort?«
    »Ich will mich einfach umsehen. Ich würde nicht lange bleiben. Nur, es ist wahrscheinlich die einzige Möglichkeit für mich, diese ganze Geschichte in den Griff zu bekommen. Er hat mir einen Schlüssel gegeben.«
    Sergeant Benivalle brummt, während er über dieses Anliegen nachdenkt. Er raucht seine Zigarette und betrachtet den Rauch, den er ausatmet. »Sicher«, sagt er fast gleichgültig. »Nehmen Sie dort aber nichts an sich. Die Familie hat Anspruch auf alles. Okay?«
    »Ich nehm schon nichts.« Jeder vertraut hier jedem. Und warum auch nicht? Niemand tut je etwas, was anderen schaden könnte; man schadet hier höchstens sich selbst. »Sind Sie verheiratet?« frage ich.
    »Geschieden.« Aus mißtrauischen kleinen Schweinsaugen wirft er mir einen harten Blick zu. »Warum?«
    »Na ja, einige von uns, wir sind alle geschiedene Männer – es gibt davon ziemlich viele in

Weitere Kostenlose Bücher