Sportreporter
nee, nee. Der ist zu lahm. Reines Arbeitstier.« Dann: »Ich glaub das einfach nicht. Der Bursche verfolgt dich noch im Traum, also ehrlich. Ehrlich! « Es geht um die Vorschau auf die Footballsaison. In zehn Tagen ist die Spielerbörse der NFL, und sie haben sich zu einer Sondersitzung getroffen.
Ich steuere mein eigenes kleines Büro an, werfe aber vorher noch einen kurzen Blick in den vollen Sitzungsraum. Auf dem langen, mit Kunststoff beschichteten Tisch sieht man Hamburgertüten und Aschenbecher und Pappbecher mit Kaffee, dicke grüne Ringbücher, einen grünen Computer-Bildschirm, der eine Reihe von Namen zeigt. An der Wand lehnt eine weiße Tafel mit Fettstiften. Der ganze Footballstab und einige der jüngeren, im Impressum weiter hinten stehenden Leute starren durch den dichten Rauch gebannt auf eine große Videomaschine, die eine Szene aus einem Footballspiel auf Kunstrasen zeigt. Dies ist die entscheidende Sitzung, auf der unsere Experten die Namen und die Reihenfolge der ersten vierzig College-Spieler festlegen, die von den Profimannschaften verpflichtet werden. Nach der Nummer, die alles über die Endspiele im Baseball bringt, ist das die wichtigste Ausgabe des Jahres. Als junges Redaktionsmitglied war ich bei eben diesen Sitzungen dabei, kaute auf einer kalten Zigarre herum, brüllte die Namen meiner Lieblingsspieler genauso hinaus, wie es diese Jungen jetzt tun (eine Frau sitzt im Hintergrund, an die ich mich dunkel erinnere), und es wurde eine verdammt wertvolle Erfahrung. Jüngere Redakteure, Rechercheure und Praktikanten aus Yale und Bowdoin bekommen zu sehen, wie diese alten Knaben ihre Arbeit tun, wie es dabei wirklich zugeht. Die älteren Redakteure würden solche Geschichten normalerweise bei ein paar Drinks in der Kneipe um die Ecke lösen. Aber für die große Vorschau – und zu ihrer Ehre – gehen sie mit der ganzen Prozedur an die Öffentlichkeit und gestalten das Ganze so, daß es wirklich nach einem demokratischen Verfahren aussieht. Später schlendern sie dann alle miteinander in den frühen Morgenstunden auf die Straße hinaus, sehr zufrieden mit sich und dem Football und der Welt im allgemeinen, lachen und fluchen und genehmigen sich noch die eine oder andere Runde in einem irischen Lokal drüben in der Third Avenue. Manchmal bleiben sie dort alle, bis es Tag wird; dann kann man sie um neun um die Kaffeemaschine herumstehen sehen, oder sie sind schon wieder – müde, aber zufrieden – auf dem Weg zu ihren Schreibtischen, bereit, die ganze Geschichte in Druck zu geben.
Oft genug habe ich Schriftsteller – berühmte Romanautoren und Essayisten und sogar Dichter mit Namen, die jeder kennt und deren Werk ich bewundere – im Rahmen irgendeiner hochbezahlten Auftragsarbeit durch diese Büros wandern sehen. Ich habe den Ausdruck in ihren Augen gesehen, verängstigt und einsam, ich habe sie in dem abgelegenen Büro, das wir ihnen zuweisen, am Schreibtisch gesehen, wie sie die Beine hochlegten und sofort anfingen, mit lauter, übermütiger, gutmütig-derber, herausfordernder Stimme zu reden und mit aller Macht versuchten, sich wie feste Redaktionsmitglieder zu fühlen, wie sie Hof hielten und sich wie gute Kumpel benahmen und bereit waren, zu allem und jedem ihren Rat zu geben oder ihre Meinung zu äußern. Wie sie sich, mit anderen Worten, großartig amüsierten.
Und wer wollte es ihnen verargen? Autoren – alle Autoren – brauchen das Gefühl, dazuzugehören. Leider sehen sich aber richtige Schriftsteller in einem Verein, der nur ein Mitglied hat.
Die alten Footballhasen sind sich uneins, wer der Begabtere ist: der polnische Kraftprotz von der Iowa State, schnell und ohne Angst, oder der giftige schwarze Rückraumspieler von einem kleinen Baptisten-College in Georgia, mit schnellen Reflexen und einem natürlichen Talent. Große Zigarren wippen zwischen fest zupackenden Fingern. Haufenweise sind Bewertungsbögen über den Tisch verstreut. Alle Augen gehen zu dem Bildschirm, wo der schwarze Junge – als »Tyrone, der Killer« angesprochen – in einem blau- und orangefarbenen Jersey mit der Nummer 19 einem spindeldürren weißen Außenstürmer einen Schlag versetzt, der die meisten Menschen geradewegs unters Sauerstoffzelt befördern würde. Doch beide Spieler sind wie Stehaufmännchen sofort wieder auf den Beinen, und Tyrone gibt dem weißen Jungen, während sie zu ihrem Team zurücktraben, einen Klaps auf den Hintern.
»Leck mich am Arsch, da war der Killer aber voll da«, ruft
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