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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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großes Bett. Wir sind im elften Stock, und der Blick geht wie durch ein Fischaugenobjektiv flußaufwärts zum öden Ren-Cen und der grauen, amöbenartigen Belle Isle im Mittelgrund – und die schimmernden Lichter von Vororten verschwinden im Norden und Osten aus dem Blickfeld.
    Vicki geht umher und inspiziert alles – Schränke, Dusche, Schubladen –, quittiert alles, was es hier an Toilettenartikeln und Handtüchern umsonst gibt, mit Oohs und Aahs, macht es sich in einem Sessel am Fenster bequem, läßt den Sektkorken knallen und läßt genüßlich alles auf sich wirken. Es ist genau so, wie ich es mir erhofft hatte: von der Pracht ringsum beeindruckt, zu respektvollem Schweigen gebracht – ein Votum dafür, daß ich alles so arrangiert habe, wie es arrangiert werden sollte.
    Ich nutze die Gelegenheit zum Telefonieren.
    Als erstes rufe ich Herb an, um »dranzubleiben« und die Pläne für morgen festzumachen. Er ist gut gelaunt und lädt uns ein, zusammen mit ihm und Clarice in einem Steakhaus in Novi zu essen, aber ich schiebe Müdigkeit und bereits festliegende Verpflichtungen vor, und Herb sagt: auch gut. Er ist jetzt viel besser drauf und hat die Niedergeschlagenheit vom Vormittag abgeschüttelt. (Er nimmt wohl ein starkes Mittel zur Stabilisierung der Gemütslage, nehme ich an. Aber wer würde das an seiner Stelle nicht tun?) Wir legen auf, aber zwei Minuten später ruft Herb zurück, um festzustellen, ob er mir die besondere Abkürzung, die wir nach der I-96 nehmen sollen, richtig beschrieben hat. Seit seinem Unfall, sagt er, habe er eine leichte Lesestörung und bekomme immer wieder Zahlen in die falsche Reihenfolge, und das habe oft komische Folgen. »Das geht mir genauso, Herb«, sage ich, »nur nenn ich es normal.« Doch Herb legt auf, ohne darauf einzugehen.
    Der nächste Anruf gilt Henry Dykstra, X’ Vater, draußen in Birmingham. Ich habe es mir nach der Scheidung zur Gewohnheit gemacht, mit ihm in Verbindung zu bleiben. Und obwohl es zwischen uns Spannungen gab und wir äußerst förmlich miteinander umgingen, solange X’ und meine Angelegenheiten in den Händen der Anwälte lagen, haben wir seither zu einem besseren und ehrlicheren Verhältnis zueinander gefunden, als wir es vorher hatten. Henry glaubt, es sei schlicht und einfach Ralphs Tod gewesen, an dem unsere Ehe kaputtgegangen sei, und so bringt er ein gehöriges Maß an Mitgefühl für mich auf – etwas, das ich mir gern gefallen lasse, auch wenn meine eigene Meinung zu diesen Dingen um einiges komplexer ist. Ich bin auch ein Mittelsmann und Kurier zwischen Henry und seiner Frau Irma in Mission Viejo draußen geblieben, denn sie schreibt mir regelmäßig, und ich habe ihn wissen lassen, daß vertrauliche Mitteilungen bei mir in guten Händen seien und daß ich ein verläßlicher Übermittler aktueller Informationen sei, die im übrigen oft überraschend intim und persönlich sind. »Der alte Pflug funktioniert noch«, bat er mich einmal, ihr mitzuteilen, und ich tat es auch, doch von einer Antwort ist mir nichts bekannt. Familien sind nur sehr schwer für immer auseinanderzubringen. Ich weiß das.
    Henry ist robuste einundsiebzig und hat, wie ich, nicht wieder geheiratet, doch er macht immer wieder versteckte, aber auffällige Anspielungen auf Frauennamen, ohne näher darauf einzugehen. Nach meiner persönlichen Überzeugung – die von X geteilt wird – fühlt er sich allein auf seinem Landsitz so wohl wie ein Fisch im Wasser, und er hätte sich das schon an dem Tag, an dem X geboren wurde, so eingerichtet, wenn er sich mit Irma hätte verständigen können. Er ist ein Industrieller der alten Schule, der sich in den dreißiger Jahren nach oben gearbeitet hat und der eigentlich nie richtig begriffen hat, was ein Privatleben ist: nicht seine Schuld, behaupte ich, doch X sieht das anders und will mir manchmal weismachen, sie könne ihn nicht leiden.
    »Wir gehen vor die Hunde, Franky«, sagt Henry, der schlecht gelaunt ist. »Das ganze Land hat, verdammt noch mal, wegen der Gewerkschaften die Hosen voll. Und wir haben die Scheißer gewählt, die so mit uns umgehen. Wenn das kein dicker Hund ist. Republikaner? Keinen verdammten Cent würde ich für den ersten zahlen, den sie je gemacht haben. Wahrscheinlich heißt das, daß ich irgendwo rechts von Attila dem Hunnen stehe.«
    »Ich bin da nicht so auf dem laufenden, Henry. Aber es hört sich irgendwie knifflig an.«
    »Knifflig! Es ist nicht knifflig. Wenn ich stehlen und alle in meiner

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