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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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einer Nachricht! Willst du ihr irgendwas mitteilen?«
    »Sag ihr, ich hab Blasenkrebs.«
    »Stimmt das denn?«
    »Ich werd ihn kriegen, wenn vorher nicht was anderes kommt. Aber wen interessiert das denn?«
    »Mich zum Beispiel. Du mußt dir was anderes einfallen lassen, oder ich denk mir was für dich aus.«
    »Wie geht’s Paul und wie geht’s Clarissa?«
    »Es geht ihnen gut. Wir wollen diesen Sommer mit dem Auto Lake Erie umrunden. Und dabei besuchen wir dich. Sie reden jetzt schon davon.«
    »Wir fahren rauf zur nördlichen Halbinsel.«
    »Dafür wird die Zeit vielleicht nicht reichen.« (Hoffentlich nicht.) »Sie wollen nur dich mal wieder sehen. Sie lieben dich sehr.«
    »Das ist ja schön, obwohl ich es nicht verstehen kann. Und wie schätzt du dieses Jahr die Gelb-Blauen ein, Franky?«
    »Eine Bombenmannschaft würd ich sagen, Henry. Die erfahrenen Leute vom letzten Jahr sind alle wieder dabei, dazu der starke Schwede aus Pellston. Ich hab da ein paar eindrucksvolle Geschichten gehört. Schon imponierend, was die da draußen bieten.« Das ist der einzige rituelle Teil unserer Gespräche. Ich informiere mich immer bei unseren Experten für College-Football, vor allem bei unserem neuen Chef vom Dienst, einem kleinen, neurasthenischen, kettenrauchenden Bostoner namens Eddie Frieder, so daß ich dann einige Insidergeschichten für Henry habe, der zwar selber kein College besucht hat, der aber trotzdem ein glühender Fan der Wolverines ist. Es ist für ihn die einzige Art und Weise, sich meinen Beruf zunutze zu machen, und ich frage mich manchmal, ob er das Interesse nicht einfach mir zuliebe vortäuscht, obschon ich Football an und für sich nicht besonders mag. (Es gibt in bezug auf Sportreporter große Mißverständnisse.) »Im defensiven Hinterfeld werden wir diesen Herbst so manche raffinierte Aufstellung zu sehen bekommen, das steht für mich schon heute fest, Henry.«
    »Dann brauchen sie jetzt nur noch diesen Hornochsen zu feuern, der den ganzen Laden schmeißt. Das ist einfach eine Flasche, wenn du mich fragst. Ganz gleich, wie viele Spiele er gewinnt.«
    »Die Spieler mögen ihn offenbar, nach allem, was ich höre.«
    »Die haben doch keine Ahnung, verdammt noch mal. Ich will dir mal was sagen, Frank: Für mich heiligen die Mittel nicht in jedem Fall den Zweck. Daran krankt’s doch in diesem Land. Darüber solltest du mal schreiben. Wie die wesentlichen Werte des Lebens entwürdigt werden. Das ist eine Geschichte wert.«
    »Du hast wahrscheinlich recht, Henry.«
    »Bei dem Thema komm ich so richtig in Fahrt, Frank. Der Sport ist nur ein Musterfall des Lebens, hab ich recht? Sonst würden sich die Leute doch einen Dreck drum scheren!«
    »Ich weiß, man kann es so sehen.« (Ich selbst versuche, dieser Vorstellung auszuweichen.) »Aber es ist eine ziemliche Vereinfachung. Das Leben braucht meiner Meinung nach keine Metapher.«
    »Was immer das heißen mag. Der Typ muß jedenfalls weg, Frank. Er ist ein Nazi.« Henry spricht das Wort auf die altmodische Art aus, mit ä und einem stimmhaften s . »Daß er so beliebt ist, ist die größte Gefahr für ihn.« Tatsächlich ist der betreffende Coach ein sehr guter Mann, der es eines Tages wahrscheinlich schaffen wird, in die Ruhmeshalle in Canton in Ohio zu kommen. Er und Henry sind fast genau der gleiche Menschentyp.
    »Ich geb das weiter, Henry. Aber schreib doch einen Leserbrief.«
    »Ich hab keine Zeit. Mach du das nur. Soweit trau ich dir schon.«
    Es wird nun draußen vor dem Pontchartrain rasch dunkel. Vicki sitzt im Schatten, mit dem Rücken zu mir, die Arme um die Knie geschlungen, und blickt flußaufwärts, wo fast eine Meile entfernt die große Seagram-Reklame rot und golden im Dämmerlicht schimmert, während kleine kanadische Häuser an einem dunklen und fernen Strand, wo ich schon gewesen bin, wie Leuchtkäfer aufblitzen. Nichts würde ich jetzt lieber tun, als die Arme um sie zu legen, ihren starken Texasrücken zu spüren und mich an sie zu kuscheln und sie erst beim Klopfen des Etagenkellners wieder loszulassen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob nicht die pure Erleichterung darüber, daß ihre Erwartungen erfüllt worden sind, sie in den Schlaf gelullt hat – eine der wahren Wohltaten, die das Leben zu bieten hat. Auf hundertfältige Weise könnten wir uns nicht ähnlicher sein, Vicki und ich, und sie fehlt mir sehr, obwohl sie keine vier Meter von mir entfernt ist, so daß ich, fast ohne mich bewegen zu müssen, ihre Schulter berühren

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