Sportreporter
könnte (das ist eines der Hauptübel für jemanden wie mich, der den Dingen immer vorauseilt).
»Frank, wir zählen nicht viel. Ich weiß nicht, warum wir uns auch nur die Mühe machen, Meinungen zu haben«, sagt Henry.
»Es schiebt den Augenblick der Leere hinaus. So sehe ich das.«
»Was zum Teufel ist das? Ich weiß nicht, was das ist.«
»Dann mußt du ein Leben lang ganz schön geschickt gewesen sein, Henry. Das ist allerdings gut. Genau das strebe ich an.«
»Wie alt wirst du an deinem nächsten Geburtstag? Du hast doch was von einem Geburtstag gesagt.« Aus irgendeinem Grund wird Henry bei diesem Thema schroff.
»Neununddreißig, nächste Woche.«
»Neununddreißig ist jung. Neununddreißig ist nichts. Du bist ein bemerkenswerter Mann, Frank.«
»Ich finde mich nicht so bemerkenswert, Henry.«
»Nein, bist du auch nicht. Aber ich rate dir, dich dafür zu halten. Ich hätte es nie zu etwas gebracht, wenn ich mich nicht für perfekt hielte.«
»Ich nehme es als Geburtstagsgeschenk, Henry. Ein guter Rat für mein späteres Leben.«
»Ich schick dir eine lederne Brieftasche raus. Füll sie gut.«
»Ich hab ein paar Ideen, die sind mir so lieb wie eine dicke Brieftasche.«
»Redest du jetzt von dieser Mieze, dieser Vicki?«
»Ganz richtig.«
»Ich stimme dir aus ganzem Herzen zu. Jeder sollte in seinem Leben eine Vicki haben. Besser noch zwei. Nur, heirate sie nicht, Frank. Nach meiner Erfahrung sind diese Vickis nichts zum Heiraten. Sie wollen sich nur amüsieren.«
»Ich muß jetzt Schluß machen, Henry.« Unsere Gespräche nehmen oft diesen Verlauf. Erst ist er der gute alte Onkel, und dann, als sei das seine Taktik, bringt er mich dazu, daß ich ihn am liebsten zum Teufel wünschen würde.
»Okay, jetzt bist du wütend auf mich, das ist mir klar. Aber das ist mir scheißegal. Ich weiß, was ich davon zu halten habe.«
»Dann steck dir das in deine Brieftasche, Henry, falls du begreifst, was ich sagen will.«
»Ich begreife sehr wohl. Ich bin kein Idiot wie du.«
»Gerade hast du noch gesagt, ich sei ganz schön bemerkenswert.«
»Bist du auch. Ein bemerkenswerter Trottel nämlich. Und ich liebe dich wie einen Sohn.«
»Jetzt wird’s wirklich Zeit aufzulegen, Henry. Danke. Das hör ich gern.«
»Heirate meine Tochter noch einmal. Meine Erlaubnis hast du.«
»Gute Nacht, Henry. So sehe ich das auch.« Aber wie Herb Wallagher hat auch Henry vorzeitig aufgelegt und hört meine letzten Worte nicht mehr, die ich der leeren Telefonleitung anvertraue, ein Rufer in der Wüste.
Vicki ist in ihrem Sessel tatsächlich eingeschlafen; unten bewegt sich ein kalter Strom von Autolichtern auf der Jefferson Avenue auf die Grosse Pointes zu: Park, Farms, Shores, Woods, ordentliche Gemeinwesen, fest in der Sicherheit des mittleren Westens verwurzelt.
Ich habe inzwischen einen Bärenhunger, doch als ich ihr eine Hand auf die weiche Schulter lege, um sie zu wecken, bereit zu einem Krabben-Soufflé oder Hummerfilet, vielleicht oben im langsam rotierenden Dachrestaurant, hat sie Lust auf etwas ganz anderes – ein Menü, das sich nur ein Mann entgehen lassen würde, der längst in ein Altersheim gehört. (Sie hat den ganzen Sekt ausgetrunken und denkt jetzt an andere Genüsse.)
Sie greift nach mir und zieht mich zu sich in den Sessel, so daß ich ihr quer auf dem Schoß sitze und den milden Olivenduft ihres schläfrigen Atems riechen kann. Weit draußen vor den Fensterscheiben hängt sich in der sternenlos dahintreibenden Detroit-Nacht ein mit Erz beladener Lastkahn mit roten und grünen Positionslampen in die Strömung, die ihn zum Lake Erie und den Hochöfen in Cleveland bringen wird.
»Ach, du lieber, guter, lieber Mann«, sagt Vicki zu mir und windet sich in eine bequeme Lage. Sie gibt mir einen feuchten, weichen Kuß auf die Lippen und summt dazu tief in der Brust. »Ich hab irgendwo gelesen, wenn einem ein Stier sagt, daß er einen liebt, dann soll man ihm glauben. Stimmt das?«
»Du bist ein wunderbares Mädchen.«
»Hmmmm. Aber …« Sie lächelt und summt.
Ich habe nun eine gute Handvoll ihrer exquisiten Brust, und was für ein prachtvolles Mädchen ist sie doch, was für ein Fund für einen Mann, dem an romantischer Liebe gelegen ist. »Macht dich das nicht glücklich?«
»O doch, das weißt du. Du bist der einzige für mich.« Sie hat nichts von einer Träumerin, das weiß ich, sondern ist durch und durch Realistin, glücklich und zufrieden, wenn die Welt sie mit den kleinen Dingen, die
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