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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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gaffendes, storchenhaftes Aussehen. Er hat sich beim Rasieren zweimal geschnitten und die kleinen Wunden mit Toilettenpapier verarztet; er trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift BIONIC und Glencheck-Bermudas, unter denen nagelneue rote Tennisschuhe hervorlugen. Es fällt einem schwer, in Herb einen Sportler zu sehen.
    »An einem Tag wie heute bin ich gern im Freien, Frank. Es ist ein herrlicher Tag, nicht wahr?« Herb läßt den Blick über den ganzen Himmel schweifen, wie einer, der in einen Käfig gesperrt ist, und dabei dreht sich der Kopf wie auf einem Stiel.
    »Es ist ein prächtiger Tag, Herb.« Wir ahmen im Augenblick beide den altbackenen Tonfall von Heufarmern in Kansas nach, doch Herb schätzt das Wetter vollkommen falsch ein. Es sieht aus, als könnte es vor Mittag noch einmal schneien und ekelhaft werden.
    »Sobald es Frühling wurde, hab ich früher nur noch ans Motorradfahren gedacht oder an irgendeinen heißen Schlitten, den ich kaufen wollte. Ich hatte schließlich vier oder fünf Autos und zwei oder drei Motorräder.« Herb hat sich abgewendet und blickt auf eine Stelle über der Mauerkappe des Hauses auf der anderen Straßenseite, das sich von seinem Haus nur durch ein blaßblaues Dach unterscheidet. Dahinter glitzert, mehrere Straßen entfernt, Walled Lake wie Metall in den Lücken, die der Garten läßt. Ich bedaure es, daß Herb von seinem Leben in der Vergangenheitsform spricht. Es ist kein Zeichen von Optimismus. »Also, Frank, wie wollen Sie die Sache nun abwickeln?« will Herb in seinem vorgetäuschten Kansas-Dialekt fast brüllend von mir wissen. Er grinst mich wieder breit und grimmig an und läßt dann beide Hände auf die schwarzen Plastikarmlehnen seines Stuhls herabsausen, als würde er am liebsten aufspringen und mich erwürgen. »Wollen Sie ins Haus oder lieber zum See rüber, oder was? Sie haben die Wahl.«
    »Versuchen wir’s mit dem See, Herb«, sage ich. »Ich bin als Student öfter hier rübergekommen. Ich würde das gern mal wiedersehen.«
    »Clarice!« brüllt Herb mit einem finsteren Blick Richtung Haustür, windet sich in seinem Stuhl und manövriert ihn so hin, wie er ihn haben will. Er interessiert sich nicht für meine Vergangenheit, was allerdings kein Verbrechen ist, da ich mich selber kaum dafür interessiere. »Cla-riiice!«
    Die Tür hinter dem Wetterglas geht auf, und eine schlanke, hübsche schwarze Frau mit extrem kurzen Haaren und in Jeans kommt halb auf den Treppenansatz heraus. Sie begrüßt mich mit der schalen Andeutung eines Lächelns. »Clarice, das hier ist Frank Bascombe. Der versucht bestimmt, einen Deppen aus mir zu machen, aber er kriegt von mir nur einen Tritt in den Hintern. Wir gehen rüber zum See. Am besten bringst du uns zwei Badehosen, vielleicht gehen wir schwimmen.« Herb grinst spöttisch in meine Richtung.
    »Ich werd ihm nicht zu nahe kommen, Mrs. Wallagher.« Als Antwort auf ihr dünnes Lächeln strahle ich sie freundlich an.
    »Herb wird vor lauter Reden nicht zum Schwimmen kommen«, sagt Clarice und schüttelt geduldig den Kopf über Herb, den ewig ungezogenen Jungen.
    »Okay, okay, bringen wir sie lieber nicht auf Touren«, knurrt Herb, um im nächsten Moment wieder zu grinsen. Es ist ein Spiel, das sie treiben, so seltsam das ist bei zwei Menschen, die verschiedenen Rassen angehören und noch so jung sind. Herb kann noch keine vierunddreißig sein, auch wenn er wie fünfzig aussieht. Und Clarice ist in den langen, blassen, unsicheren mittleren Lebensabschnitt eingetreten, in dem die bereits zurückgelegten Jahre keinen zuverlässigen Maßstab des Lebens darstellen. Sie mag dreißig sein, aber sie ist Herbs Frau, und diese Tatsache hat alles andere – Rasse, Alter, Hoffnungen – verblassen lassen. Die beiden sind wie Ruheständler, und keiner von ihnen hat bekommen, was er oder sie einst erwartet hatten.
    Als ich mich umdrehe, sehe ich, daß Herb bereits den Gehweg hinunter und auf die Straße hinausgefahren ist. Ich winke seiner hübschen kleinen Frau kurz zu, sie winkt zurück, und dann laufe ich los und folge Herb.
    »Okay, Frank, raus damit, um was soll es in dieser Lügengeschichte gehen«, sagt Herb schroff, während wir weiterhetzen. Es kommt noch eine Straße mit diesen kleinen Cape Cod-Häusern – hier und da steht ein Wohnwagen oder Bootsanhänger vor der Tür –, dann eine breite Verbindungsstraße, die zurück zur Schnellstraße führt, und dahinter liegt dann der See, von kleinen Wochenendhäuschen eingerahmt, die, da

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