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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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bin ich mir sicher, zum größten Teil Leuten aus der Stadt gehören – Polizisten, erfolgreichen Autoverkäufern, pensionierten Lehrern. Sie sind den Winter über alle unbenutzt, die Fensterläden sind geschlossen. Es ist kein besonders einladender Ort, eine schäbige Sommerkolonie aus reizlosen Hütten. Nicht gerade die Umgebung, in der ich einen ehemaligen Auswahlspieler gesucht hätte.
    »Was mir vorschwebt, Herb, ist ein aktuelles Bild von Herb Wallagher. Wie es ihm geht, was er für Pläne hat, wie das Leben mit ihm umgeht. Vielleicht ein bißchen was Anregendes zum Thema Charakterstärke für Leute mit eigenen Sorgen. Das Ganze mit einem Schuß Optimismus, dachte ich.«
    »Na bitte «, sagt Herb. »Super. Ist doch super.«
    »Ich weiß, die Leser wüßten gern etwas über Ihren Job als Coach, der für die richtige Einstellung zuständig ist. Der die Burschen, mit denen er selber noch gespielt hat, dazu bewegen kann, zwei zusätzliche Stadionrunden zu laufen. Dinge in dieser Richtung, meine ich.«
    »Ich hab das die längste Zeit gemacht, Frank«, sagt Herb und dreht noch verbissener an seinen Rädern. »Ich habe die Absicht, mich zurückzuziehen.«
    »Warum denn das, Herb?« (Nicht sehr ermutigend, diese Neuigkeit.)
    »Ich hab einfach nichts erreicht da unten, Frank. Eine einzige Scheiße ist das.«
    Eine beklemmende Stille legt sich auf uns, während wir die Straße zum See überqueren. Der Schnee ist hier zum größten Teil geschmolzen, und nur am Straßenrand bleibt ein grauer Rest liegen, dort, wo Passanten ihre Abfälle hingeworfen haben. Vor hundert Jahren muß diese Gegend bewaldet und der See strahlend schön gewesen sein. Die perfekte Umgebung für ein Picknick. Doch Häuser und Autos haben das alles kaputtgemacht.
    Herb rollt die betonierte Bootsrampe zwischen zwei mit Brettern vernagelten und eingezäunten Hütten hinunter und dann mit wildem Schwung auf die Planken des Landungsstegs. Auf der anderen Seite des Sees verläuft die Schnellstraße, und über der Uferböschung und jenseits der Hütten sind über den Baumwipfeln die Kurven einer Achterbahn zu sehen. Das Casino muß hier in der Nähe gewesen sein, auch wenn keine Spur davon zu entdecken ist.
    »Komisch«, sagt Herb, der den See nun von einer höheren Warte sieht. »Als ich Sie das erste Mal sah, hatten Sie einen Heiligenschein um den Kopf. Einen dicken goldenen Heiligenschein. Ist Ihnen das schon mal aufgefallen, Frank?« Herb reißt den großen Kopf herum, um mich anzugrinsen, und blickt dann wieder auf den leeren See.
    »Nein, Herb, noch nie.« Ich setze mich auf das Leitungsrohr, das als Geländer über die ganze Länge des Landungsstegs läuft, an dessen Ende zwei Aluminiumboote im seichten Wasser liegen.
    »Ach nein?« sagt Herb. »Nun ja.« Er hängt einen Augenblick seinen Gedanken nach. »Ich bin froh, daß Sie gekommen sind, Frank«, fügt er hinzu, sieht mich aber nicht an.
    »Ich bin auch froh, Herb.«
    »Manchmal drehe ich durch, Frank, verstehen Sie das? Herr gott noch mal. Plötzlich koche ich.« Unverhofft knallt er seine großen Handflächen auf die schwarzen Armlehnen und schüttelt den Kopf.
    »Was läßt Sie durchdrehen, Herb?« Ich habe mir natürlich noch keine Notizen gemacht und den Recorder noch nicht angerührt, obwohl das nötig wäre, da ich ein miserables Gedächtnis habe. Ich lasse mich in die Dinge immer zu sehr hineinziehen, als daß ich aufmerksam zuhören könnte. Ich habe allerdings das Gefühl, daß wir mit dem Interview erst noch anfangen müssen. Herb und ich sind noch dabei, uns auf einer persönlichen Ebene kennenzulernen, und ich habe festgestellt, daß man auch zu schnell in ein Interview hineingehen kann, und nachher dann ein so entstelltes Bild von einem Menschen hat, daß der sich nicht wiedererkennt – das erste Anzeichen eines schlecht geschriebenen Artikels.
    »Haben Sie eine bestimmte Theorie, was die bildende Kunst angeht, Frank?« fragt Herb und stützt das Kinn fest in die eine Faust. »Ich meine, haben Sie, äh, irgendwelche Vorstellungen davon entwickelt, wie das, was der Künstler sieht, sich zu dem verhält, was er letztlich auf die Leinwand bringt?«
    »Eigentlich nicht, nein«, sage ich. »Winslow Homer gefällt mir sehr gut.«
    »In Ordnung. Der ist gut. Verdammt gut«, sagt Herb.
    »Ich glaube, wenn er den See hier malen würde, würde ziemlich genau das herauskommen, was wir jetzt sehen.«
    »Könnte sein.« Herb blickt wieder auf den See hinaus.
    »Wie lange waren Sie

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