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Sprechende Maenner

Sprechende Maenner

Titel: Sprechende Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxim Leo , Jochen-Martin Gutsch
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Deutsch spricht und kein Englisch oder mit der tablettenabhängigen Großtante, die alle peinlich finden.
    Ich trinke viel. Nirgendwo bin ich so besoffen wie auf Hochzeiten.
    Und am nächsten Morgen ist endlich alles vorbei.
    Falls du, Maxim, noch mal heiraten solltest. Lade mich bitte nicht ein. Dank und Gruß.
    J.

Tag 9
    An dem erklärt wird, wer Dr. Loch ist und warum eine morgendliche Mäuse geschichte unbedingt in Reimen vorgetragen werden sollte
    Lieber Jochen, ich muss heute um 16 Uhr zum Arzt (Knie).
    Habe also nicht den ganzen Tag Zeit.
    aw:
    Ich hatte vor ein paar Monaten mal ’ne Analthrombose.
    re:
    Interessant. Ist das ein Singleleiden? Apropos: Hast du eigentlich so Macken entwickelt mit den Jahren? Junggesellenticks? Die dir vielleicht erst auffallen, wenn du mal wieder Besuch hast?
    aw:
    Lieber Maxim, du denkst, wer allein lebt, vermackt. Sozusagen als logischer Nebeneffekt meines Lebens. Ein Kollateralschaden.
    Muss ich mal nachdenken …
    Ich trinke Tee, keinen Kaffee. Ich trage ausschließlich halbhohe Schuhe und nie Sandalen. Ich benutze Haarshampoo und Conditioner. Aber beides getrennt. Ich trage ausschließlich schwarze Socken. Ich fahre kein Fahrrad. Ich stehe früh auf, auch wenn ich gar nicht früh aufstehen müsste. Zwischen sieben und acht Uhr. Ich kann nicht mehr lange schlafen. Ist das ein Tick? Ich schlafe auch schwer ein. Wann habe ich das letzte Mal so richtig gut, sozusagen köstlich und erfrischend geschlafen? Das ist das Alter, oder? Ich muss mich mal entspannen, oder? Mal runterkommen. Am Wochenende schaue ich morgens gern alte Trickfilme im Fernsehen, im Kinderprogramm. Bugs Bunny, Daffy Duck, Roadrunner, Pepe Le Pew. Vielleicht werde ich immer kindlicher, wer weiß. Ist das ein Tick, ein Nebeneffekt? Ich mag auch Ernie und Bert. Ich mag auch Handpuppen und Fingerpuppen.
    Nein, ich habe keine Macken. Ich habe Charakter.
    re:
    Sprichst du mit dir selbst, manchmal?
    aw:
    Ich bin nicht Robinson Crusoe.
    re:
    Ich führe häufig Selbstgespräche. Es genügt mir, ein paar Stunden allein zu sein, und ich werde ein richtiges, kleines Plappermaul. Seltsamerweise spreche ich mit mir wie mit einem Kleinkind. »So, jetzt musst du aber noch das machen« und so ein Zeug. Aber das nur neben bei und um dir zu zeigen, dass meine Fragen keinem Singlerassismus, sondern der Neugier entspringen.
    aw:
    Du denkst, ich habe Macken. Ich denke, du hast Langeweile. Du sitzt in einem riesigen Topf voller Abläufe, Routinen und Rituale. Was hast du heute Morgen gemacht, als ich in meinem Café saß?
    re:
    Du willst Langeweile, du willst Routine, Alltag?
    Willst du das wirklich?
    aw:
    Ja. Unbedingt. Wer will das nicht? Schillernde Langeweile! Glamouröse Routine! Knisternder Alltag!
    re:
    Okay! Heute Morgen ging wie immer um 6.45 Uhr der Radiowecker an. Es war mein Morgen. Das heißt, ich war dafür zuständig, die Kinder zur Schule zu fahren. Bevor ich das Schlafzimmer verlasse, mache ich das Fenster zu, damit Catherine nicht vom Lärm im Hof gestört wird. Dann dusche ich. Mit geschlossenen Augen. Ich tauche langsam auf. Bis dahin sind vielleicht drei Minuten vergangen, die ich völlig automatisch absolviere. Ich kenne sie auswendig, diese Morgenminuten. Das metallische Knirschen des Fenstergriffs, das Klicken des Schlosses, wenn ich die Schlafzimmertür vorsichtig schließe, das leichte Federn der gläsernen Duschtür, das kurze Frösteln der Füße auf dem kalten Keramikboden.
    Ich wecke die Kinder. Nadja erzähle ich immer die Morgenmäusege schichte, die ich mir irgendwann ausgedacht habe. Dazu laufe ich mit meinen Fingern über ihren Rücken und flüstere in ihr Ohr, welches Mitglied der Familie Maus gerade aufgestanden ist. Es gibt eine strenge Reihenfolge, die ich nicht verändern darf. Dann steigt Nadja mit geschlossenen Augen auf meinen Rücken, und ich trage sie ins Bad.
    Ich mache Frühstück. Cornflakes für die Kinder, zwei Scheiben Weißbrot für mich. Die Teller, Tassen, das Besteck, die Konfitüre und den Honig hat Catherine schon am Vorabend auf den Tisch gestellt. Ich hole noch die Butter und die Milch aus dem Kühlschrank. Ich kenne jede Bewegung, jedes Detail. Das Zischen des Wasserkochers, der Duft des Nescafé (die Espressomaschine könnte Catherine wecken), die verschlafenen Kinderaugen. Wir sprechen wenig, ich höre mich kauen.
    7.45 Uhr Abfahrt zur Schule. Durch das

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