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Sprechende Maenner

Sprechende Maenner

Titel: Sprechende Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxim Leo , Jochen-Martin Gutsch
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und dem Knoblauch. Hängst du ein paar frische Knollen an die Tür, traut sich der Vampir nicht rein. Aber Jochen, wir sind die Guten. Wir wollen dich bei uns haben. Hab keine Angst!
    Einen gesegneten Abend wünscht, M .

Tag 8
    An dem es um ein Bett mit zwei Decken geht und die Kernfusion als Beziehungsmodell erläutert wird
    Lieber Gevatter Leo, heute Morgen, bevor ich anfing, dir zu schreiben, saß ich in meinem Café, zum Frühstück. Ich habe ein paar Telefonate geführt, auch mit einem Freund.
    Â»Wie sieht’s denn heute aus, Lust auf Kino?«, fragte ich.
    Â»Gute Idee. Muss ich nur mal sehen, wie die Lage ist?«, sagte er.
    Â»Welche Lage?«, fragte ich.
    Â»Zu Hause. Was Birgit sagt. Ob wir was vorhaben oder so?«
    Â»Ob wir was vorhaben?«
    Â»Birgit und ich. Manchmal hat sie was vor, und das muss ich absprechen.«
    Â»Sag ihr doch einfach, dass du ins Kino gehst.«
    Â»Ja, klar, mach ich. Aber ich muss das erst mal absprechen.«
    Â»Gut, sprich dich ab«, sagte ich.
    Wenn Männer zu Paarmännern werden, sprechen sie ständig alles ab.
    Absprechen ist die große Religion. Alles muss genehmigt werden. Ich glaube, das liegt gar nicht so sehr an den Frauen. Eher an den Männern. Sie werden plötzlich wieder zu Kindern und wollen lieber erst mal Mutti fragen. Erst mal sehen, was Mutti dazu sagt. Mutti soll entscheiden, ob man runterdarf, auf dem Hof spielen, oder Hausaufgaben machen muss.
    Ich meine: Es ging nicht um einen Vierwochentrip nach Afghanistan. Wir wollten nur mal ins Kino gehen.
    Falls du mir das erklären kannst, Maxim, höre ich dir gerne zu.
    aw:
    Du hast recht, es ist eine seltsame Sache, ein partieller Persönlichkeitsverlust. Ich frage mich gar nicht mehr, ob ich zum Beispiel eine Kinoeinladung annehmen will, sondern, ob ich sie annehmen darf.
    Wie du weißt, kommt Catherine aus Frankreich. Dort ist ein Beziehungsmodell sehr weit verbreitet, das nach denselben Prinzipien wie die Kernfusion funktioniert. Das heißt, zwei Menschen treffen sich, schlafen mehrmals miteinander und verschmelzen zu einem neuen Ganzen. Von den beiden ursprünglichen Einzelmenschen bleiben nur die Körperhüllen übrig. Sie sind ein optischer Anachronismus der längst verschmolzenen Seelen. Französische Frauen, und wahrscheinlich auch die deutschen, halten die Fusion für einen Liebesbeweis. Wer nicht verschmilzt oder gar auf einem Privatleben neben der Beziehung beharrt, der liebt nicht.
    Ich habe lange gebraucht, um Catherine begreiflich zu machen, dass ich sie zwar liebe, aber mich trotzdem gerne selbst behalten würde. In Frankreich ist es nämlich so, dass man sich gar nicht mehr absprechen muss, weil man sowieso alles zusammen tut. Lädst du dort einen Kumpel ins Kino ein, erscheint er selbstverständlich mit seiner Freundin. Insofern ist das Absprechen für mich schon ein Fortschritt. Weil in der Absprache ja die Möglichkeit enthalten ist, auch mal was alleine zu machen. Über die Jahre hat sich Catherine übrigens entwickelt. Mittlerweile ist sie separatistisch wie eine von diesen Kauka susrepubliken. Sie fragt mich auch nicht mehr, ob sie an diesem oder jenem Tag mit ihren Freundinnen was machen kann. Sie informiert mich nur noch. Nach französischen Maßstäben leben wir in Scheidung.
    PS : Du sitzt also morgens in »deinem« Café? Jeden Morgen?
    re:
    Nicht jeden Morgen. Aber oft.
    aw:
    Warum? Hast du keine Küche?
    re:
    Das Café ist ideal. Weil es groß ist und nie ganz voll, aber auch nie ganz leer. Man geht hier unter. Das ist das Wichtigste, wenn man allein in einem Café sitzt. Ich falle nicht auf. Ich sitze nicht dort und habe das Gefühl, alle schauen mich an. Und fragen sich: Was macht er da allein?
    Cafés sind für mich besser als Restaurants. Der Tag ist besser als der Abend. Ich esse nie allein abends in einem Restaurant. Ist nicht gut für die Stimmung. Cafés haben oft Zeitungen oder irgendwas zum Lesen. Restaurants selten. Man kann schlecht eine Stunde in einem Restaurant essen und trinken und mit niemandem reden und auch nichts lesen und nur zu den anderen Tischen schauen oder die Kellner be obachten, ohne sich seltsam vorzukommen. Die Kellner fragen ja auch immer: Wollen Sie mit der Bestellung noch warten, bis Ihre Begleitung kommt? Nee, will ich nicht.
    aw:
    Isst du auch manchmal morgens zu Hause?
    re:
    Ja. Ich esse auch mittags manchmal zu Hause, auch abends,

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