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Sprechende Maenner

Sprechende Maenner

Titel: Sprechende Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxim Leo , Jochen-Martin Gutsch
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Entscheide selbst, was männlicher ist.
    re:
    Lieber Maxim, einen Hasen mit bloßen Händen fangen, 30 Meter tauchen, eine Wand hochmauern, jemand, der sich gut in der Natur orientieren kann?
    Wer soll das sein? Tarzan?
    Ich habe mir bis heute, Mittwoch, 15. März, 14.15 Uhr, noch nie die Frage gestellt: Was ist männlich? Bin ich männlich?
    Ich kann den Mann eigentlich nur geschlechtlich beschreiben. Jeder, der einen Penis hat, ist ein Mann, ergo auch männlich. Sollte ich männliche Eigenschaften aufzählen, würden mir Kraft, Mut, Schweigen, Rationalität, Machtwille, Beherrschtheit einfallen (ähnlich deiner Aufzählung), aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das vor allem in Filmen gesehen habe oder in Büchern gelesen. Ich glaube, es ist ein erfundenes Männerbild. So wie die Frau in der Pornografie ein erfundenes Frauenbild ist.
    Denke ich an Freunde, an die Männer aus meiner Umgebung, fallen mir eher Unentschiedenheit, Zögerlichkeit, Empfindsamkeit, Bindungsschwäche, Verspieltheit, Jungenhaftigkeit, Unruhe, Zweifel und Eitelkeit ein. Ich halte das für die aktuelleren Männlichkeitsattribute, zumal ich auch keinen Mann kenne, der sich gut in der Natur orientieren kann.
    aw:
    Fühlst du dich denn wenigstens männlich, wenn du schon nicht darüber nachdenkst?
    re:
    Nee. Ich kann nicht besonders gut mathematisch oder geometrisch denken, mich nicht gut orientieren in Städten und interessiere mich nicht für Technik oder Schiffshebewerke oder Motoren oder das Tischlern oder das Häuserbauen oder Parkett. Ich lese nie den Wirtschaftsteil einer Zeitung, nie den Autoteil und nie den Immobilienteil. Ich rede gern mit Männern über Beziehungen und die Liebe. Ich schätze, damit habe ich in den vergangenen Jahren den Großteil meiner Freizeit verbracht: Nachts in einer Bar sitzen, umschwebt von Plänen, Enttäuschungen, Eroberungen, einer vagen Zukunft, Sex und Rum-Drinks.
    Es ist eigentlich so wie in Sex and the City – nur mit Männern.
    aw:
    Ist dein Vater ein Vorbild als Mann?
    re:
    Mein Vater saß nie in Bars. Mein Vater war Zahnarzt, Ehemann, Vater. Er ist Jahrgang 1934 und der Chef der Familie. Ich habe meinen Vater oft müde erlebt, gehetzt, fleißig, diszipliniert. Mein Vater renovierte, tapezierte, beschnitt Bäume, baute ein Haus, deckte ein Dach, reparierte Heizungen. Ich hielt ihn für sehr stark. Jeden Abend sitzt er am Klavier im Wohnzimmer und spielt. Mein Vater hört ausschließ lich klassische Musik, und ich bin mir nicht sicher, ob er jemals zu den Beatles tanzte oder den Stones oder zu Harry Belafonte, wenigstens meiner Mutter zu liebe.
    Wir hatten früher auch einen Hund, der auf niemanden hörte und auf mich sowieso nicht – eigentlich hörte der Hund nur auf meinen Vater.
    Mein Vater hatte Autorität bis hinein in die Tierwelt.
    Mein Vater ist ein großer Kümmerer. Hatte man als Kind einen Wunsch – mein Vater hat ihn selten abgeschlagen. Er ist ein empfindsamer Mann, auch wenn er weniger redet als meine Mutter. Ungefähr 70 Prozent weniger. Manchmal, so habe ich den Eindruck, stört ihn das selbst, diese Zurückhaltung, diese Scheu, aber ich mag es ganz gerne. Er ist der aufrichtigste Mensch, den ich kenne. Und ich habe es sehr gemocht, wenn er mir abends, bevor ich einschlief, den Rücken streichelte. Mein Vater kam müde aus der Praxis, aber er strei chelte noch meinen Rücken. Seine Hände waren rau, durch die Arbeit an dem Haus, das er baute. Und sie rochen nach Zahnarzt. Diesen Geruch werde ich nie vergessen.
    Ob er ein Vorbild ist?
    Vielleicht. Ich mag seinen Willen und seine Sturheit. Womöglich sind das die männlichsten Eigenschaften, die ich kenne: Willen und Sturheit.
    PS : Das Männlichste, was ich je getan habe? Ich bin in eine Schießerei geraten, ohne panisch zu werden. Ich habe einer Frau gesagt, dass ich sie liebe, obwohl ich ahnte, sie liebt mich nicht.
    aw:
    Du warst unglücklich verliebt? Wann? In wen? So eine Geschichte kannst du nicht für dich behalten.
    re:
    Doch. Kann ich. Ist zu lange her.
    aw:
    Lieber Spielverderber, ich kann mir nicht vorstellen, dass Männlichkeit keine Rolle für dich spielt. Es ist wahrscheinlich eher so, dass dich dieser Begriff abschreckt. Benutze doch einfach einen anderen. Welches Wort würdest du gerne verwenden? Wie du selbst richtig bemerkst, vereinst du ein paar recht männliche Eigenschaften in

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