Spur der Flammen. Roman
davon?«
»Captain, wenn Sie erlauben, würde ich gern zur South Central fahren und …«
Der alte Mann legte väterlich eine Hand auf Glenns Arm. »Sie wollen nicht darüber reden, okay. Aber ich möchte, dass Sie sich frei nehmen. Fahren Sie heim. Fahren Sie an einen See. Seit, ich weiß nicht wann, haben Sie sich nicht krankgemeldet oder Urlaub gemacht. Machen Sie mal eine Pause und besuchen Ihren Vater, okay?«
»He, Glenn!« Ein Kollege rief aus dem Bereitschaftsraum herüber. »Anruf für dich. Leitung zwei.«
Glenn nahm den Hörer ab. Die warme, honigschwere Stimme von Candice Armstrong war nicht zu verkennen. »In mein Blockhaus ist eingebrochen worden. Alles verwüstet. Ich bin beraubt worden.«
Kapitel 4
D as reinste Chaos!
Jemand war in ihr Haus eingedrungen und hatte alles verwüstet: Bücher aus den Regalen gefegt und wahllos verstreut; Plastiken zertrümmert; Schubladen ausgeleert und ihren Inhalt durchwühlt; sogar die Sofakissen waren aufgeschlitzt worden.
Candice kochte vor Wut.
Fünf Minuten nach den Polizisten aus Malibu stand Zora auf der Schwelle. Sie hatte die Streifenwagen und die Scheinwerfer gesehen und wollte wissen, was los war. Als Glenn dreißig Minuten später auftauchte, musterte Zora den hoch gewachsenen Fremden in dem Trench und dem Filzhut mit unverhohlener Neugier.
Er ließ sich von den Kollegen vor Ort berichten und machte sich dann selbst ein Bild von dem Schaden. Zunächst im Schlafzimmer. Sein Blick glitt über den geblümten Bettüberwurf mit passenden Kissen, den sauber gewachsten Hartholzboden, die Kommode, auf der einige kostbare Schmuckstücke lagen, bis zu der Statuette, die echt und wertvoll aussah. Nichts davon hatte der Einbrecher angerührt. Ein Bücherregal jedoch war umgekippt, und eine Schublade voller Papiere auf dem Fußboden ausgeleert worden.
Ein merkwürdiger Einbruch.
Glenn spähte ins Badezimmer. Farblich aufeinander abgestimmte Handtücher mit hübscher Rosenstickerei hingen säuberlich gefaltet an ihrem Halter. In einem Glasgefäß lagen rosa Seifenstücke in Muschelform. Daneben standen mehrere Flaschen mit Duschgel in Regenbogenfarben und eine Schale mit pfirsichfarbenen Badekugeln. Eine flauschige Badematte in Korallenrot bedeckte den Boden. Der ganze Raum wirkte sehr feminin, wie seine Besitzerin, befand Glenn. An einer Wand hingen dekorativ arrangiert kleine Bilderrahmen: Candice am Abschlusstag an der Highschool, auf einer Geburtstagsfeier, mit einer Frau, die ihre Mutter sein könnte. Als er ein Foto von Candice Armstrong mit seinem Vater entdeckte, hielt er inne.
Professor Masters, sieben Jahre jünger, den Arm um Candices Schultern gelegt, hinter ihnen ein Schild – JERICHO – auf Englisch, Arabisch und Hebräisch, und beide grinsten unter einer grellen Sonne in die Kamera, als ob sie sich königlich amüsierten. Candices Haar, das sie damals noch länger trug, wehte im Wind. Glenn musste daran denken, wie ihr die Haare ins Gesicht fielen, als sie sich über das Krankenbett beugte …
Er riss sich zusammen.
Was kümmerte ihn ihr Aussehen. Er ermittelte hier an einem Tatort.
Glenn wandte sich einem kleinen, fensterlosen Raum zu, der üblicherweise als Abstellraum diente. Auf dem Boden verstreut lagen Ausdrucke, Karten, Notizen, Textmarker und Ringbücher. Mitten drin Candice Armstrong auf den Knien, in einer blassblauen Bluse und langem geblümten Rock, die mit tränenüberströmtem Gesicht versuchte, Ordnung zu schaffen.
»He«, sagte Glenn. »He.« Er fasste sie an den Schultern und half ihr auf die Füße. »Alles okay?«
Nein!
»Ja.«
»Ganz bestimmt?«
Als sie seinen besorgten Blick sah, wusste sie, was in ihm vorging. Sie wischte sich die Tränen fort. »Das sind Tränen der Wut. Ich weine nicht aus nichtigem Anlass.«
Glenn deutete auf die Verwüstung. »Das würde ich kaum einen nichtigen Anlass nennen.« Er zog ein blütenweißes Taschentuch hervor. »Hier.«
Während Candice sich die Augen trocken tupfte, stieg ihr der Duft aus dem mit Monogramm versehenen Leinen in die Nase: Hugo Boss. Edel. Teuer.
Glenns Blick wanderte zu der rosafarbenen Kamee an ihrer Kehle, dem Sitz dieser unglaublichen Stimme. »Ich helfe Ihnen.« Er kniete sich hin, um die Bücher aufzuheben.
Das erste war eine einfache Broschur mit dem Titel
Weibliches Erbrecht im Neuen Reich,
von Candice Armstrong. »Eine Doktorarbeit, eingereicht an der Philosophischen Fakultät, Fachbereich Ägyptologie, an der Universität von Kalifornien, Los
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