Spur der Flammen. Roman
noch ein Wort mit den Kollegen draußen reden.«
Candice konnte sich nicht erinnern, wann sie je solche Wut verspürt hatte. Ihre Arbeit, ihr Leben waren verletzt, ja verwüstet worden. Erneut fühlte sie Tränen aufsteigen. Hätte sie doch nur Glenns duftendes Taschentuch behalten.
Die Ermittler machten ihre Arbeit gründlich, suchten nach Fingerabdrücken, nahmen Fotos von Fuß- und Reifenspuren. Die Haustür war aufgebrochen worden, wie Glenn konstatierte. Vermutlich mit einem Brecheisen. Er versuchte, sich auf seine Ermittlungsarbeit zu konzentrieren, aber seine Gedanken schweiften immer wieder ab zu Dr.Armstrong, wie sie da auf dem Fußboden hockte, ihre kostbaren Papiere an sich drückte, und so zornig und verletzlich zugleich wirkte.
Als Candice schließlich zu den anderen stieß, das Aroma von frisch gefiltertem Kaffee das Blockhaus erfüllte, und Zora in einem scharlachrot-goldenen Kaftan ungeniert mit den Polizisten flirtete, bemerkte sie, dass Glenn endlich seinen Filzhut abgenommen hatte. Sie vermied es, allzu genau hinzuschauen. Sie hatte immer angenommen, dass Männer, die ihren Hut nie abnahmen, etwas zu verbergen hatten, schütteres Haar etwa oder einen kahlen Kopf. Glenn Masters’ Haar jedoch war voll, sauber zurückgekämmt und von jenem eigenartigen Blondton, der im Sommer weizengold erglüht und im Winter wie Bronze schimmert.
Inzwischen hatte er auch seinen Trench abgelegt und stand nun in einem schmucken dunklen Sportjackett über grauen Hosen vor ihr, mit einer sorgfältig geknoteten weinroten Seidenkrawatte auf einem makellos weißen Hemd. Dazu eine durchtrainierte Figur. Das hier war kein Bürohengst. Glenn Masters setzte seinen Körper bewusst ein. Sie bemerkte, dass die weinroten Manschettenknöpfe mit dem Rot seiner Krawatte korrespondierten, und sie stellte sich vor, wie er den Effekt vor dem Spiegel ausprobierte. Womöglich hatte ihn das zum Detective Lieutenant gemacht. Seine Beharrlichkeit, die ihn auf Spuren führte, die andere übersahen.
Sie fragte sich, ob er verheiratet war. Der Professor hatte nie eine Schwiegertochter erwähnt. Andererseits hatte er auch über seinen Sohn nie ein Wort verloren.
Glenn kam zu ihr herüber. »Dr.Armstrong. Was veranlasst Sie zu glauben, dieser Einbruch hätte mit meinem Vater zu tun?«
»Die Art und Weise, wie eingebrochen wurde. Meine Wertsachen wurden nicht angerührt.« Sie führte ihn zu einem Tisch vor der Terrassentür mit kleinen Bürsten, weichen Tüchern, Reinigungslösungen, Terpentin, Wattebällchen und Schwammtüchern. »Mein Hobby«, erklärte sie und wies auf eine Glasvitrine. »Ich kaufe alte Kameen und säubere sie. Manchmal finde ich unter all dem Schmutz echte Raritäten.« Sie deutete auf einen Amethyst in einer ovalen Goldfassung. »Den habe ich auf einem Trödelmarkt für fünfzig Cent gekauft, und kürzlich wurde er auf tausend Dollar geschätzt. Warum hat der Einbrecher den nicht mitgenommen?«
»Vielleicht kennt er sich mit Edelsteinen nicht aus.«
»Detective, halten Sie die für wertvoll?«
Glenn nahm die Gold- und Silberarbeit wahr, die Edelsteine, die große handwerkliche Kunstfertigkeit. »Ja«, erklärte er mit allem Nachdruck.
»Leicht mitzunehmen, leicht zu verkaufen. Dennoch hat er sie nicht mitgenommen. Da ist noch etwas. Ich wurde heute verfolgt. Von einem Chrysler Cherokee.«
Glenn schluckte hart. Er wünschte, sie hätte ihm schon früher davon erzählt. »Haben Sie die Zulassungsnummer?«
»Die Rückseite konnte ich nicht sehen, aber vorne hatte er ein Nummernschild von einer Mietwagenfirma.«
»Ich werde das durchgeben und hoffe, dass uns das weiterführt.« Wenn er das doch nur früher gewusst hätte!
»Ich bin sicher, dass es der selbe Mann ist, der mich wiederholt angerufen hat. Ich glaube auch –«, sie hob ihre Schultertasche auf und holte Duchesnes Buch heraus, »dass er danach suchte.«
Sie zeigte Glenn die Abbildung von der nicht identifizierten Steintafel. »Der Antiquar hat mir bestätigt, dass es sich um eine einzigartige Tafel handelt, zu der es vermutlich auf der ganzen Welt kein Äquivalent gibt. Dennoch hegte er den Verdacht, dass Ihr Vater womöglich doch einen ähnlichen Stein gefunden haben könnte. Wissen Sie etwas davon?«
Glenn schüttelte den Kopf.
»Sagt Ihnen diese Steintafel irgendetwas?
Glenn ließ sich Zeit. »Mein Vater ist Experte auf dem Gebiet der Keilschrift. Ich kenne ihn fast nur über Tontafeln dieser Art gebeugt, die mit kleinen, keilförmigen Zeichen
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