Spur der Flammen. Roman
Schlafzimmer ihrer Mutter und zog die Vorhänge beiseite. Der Streifenwagen war immer noch in der Einfahrt geparkt, der Polizist hinter dem Steuer winkte ihr zu. Sie winkte zurück.
Glenn Masters hatte auf Polizeischutz bestanden, und sie war ihm dankbar dafür. Mit dem Polizisten vor dem Haus fühlte sie sich sicherer hier oben in dem Haus ihrer Mutter.
Glenn Masters. Candice war selber über ihre Reaktion überrascht gewesen, als er ihre Kabine in der Notaufnahme betrat. Die kurze Erregung bei seinem Anblick, das unvermittelte Gefühl von Geborgenheit. Es war lange her, dass ein Mann ihr dieses Gefühl vermittelt hatte. Sie wüsste gar nicht mehr zu sagen, wer und wann. Es musste mit seiner Größe und seiner Coolness zu tun haben, dass sie sich fühlte wie eine arme Prinzessin in Not. Und zu ihrer Überraschung gefiel ihr diese Rolle. Candice lächelte. Logisch war das nicht. Und eigentlich sollte alles in ihrem Leben logisch sein.
Sie fragte sich erneut, ob er verheiratet war. Er trug einen schlichten Goldreif, jedoch an der rechten Hand …
Sie riss sich zusammen.
Hör auf damit!
Wie das übrige Haus, stellte auch Sybillas Schlafzimmer einen Schritt zurück in die Fünfziger Jahre dar. Ihre einzige Konzession an die Neuzeit war eine digitale Uhr auf dem dänischen Teak-Nachttisch und eine gerahmte Fotografie aus dem Jahr 1969 . Ein junger Soldat, der wie ein kleiner Junge in Verkleidung wirkte. Candices neunzehnjähriger Vater, gefallen in Vietnam.
Ein Geräusch. Irgendwo im Haus.
»Huffy?«, rief sie. Die Katze war wahrscheinlich dabei, das Haus zu erkunden.
Auf der Suche nach einem Hausmantel zog Candice den Garderobenschrank auf.
Sybilla kleidete sich mit Stil, wenn auch extravagant und in leuchtenden Farben. Scharlachroter Chiffon, mitternachtsblaue Seide, knallgelbe Baumwolle und cremefarbenes Leinen, alles mit den passenden Accessoires. Schließlich fand Candice einen Kimono, der mit Apfel- und Kirschblüten bedruckt war.
Nachdem Sybilla das übliche Beileidstelegramm der Armee erhalten hatte, war sie aus dem College ausgeschieden. Da sie überhaupt kein Geld hatte und für Candice sorgen musste, hatte sie eine Stelle als Sekretärin in einer Werbeagentur angenommen. Sie war klug, kreativ und sprühte geradezu vor Ideen – die ihr Chef ungeniert ausnutzte und als die seinen ausgab. Während Mr.Wyatt eine Gehaltserhöhung und Beförderung nach der anderen kassierte, verblieb Sybilla auf dem Stand einer kleinen Sekretärin. Der Auftrag der Kosmetikfirma – Candice war damals gerade zwölf – hatte das Fass dann zum Überlaufen gebracht.
Plötzlich klingelte irgendwo ein Telefon, gefolgt von einem Piepsen. Das Fax! Candice stürzte hin, voller Hoffnung, ihr Freund möge die Schrift auf der Duchesne-Steintafel entziffert haben. Ihr Gesicht wurde blass, als sie die Antwort las: »Nicht zu entschlüsseln.«
Sie ging ins Badezimmer, warf die Kleider ab und trat in die Duschkabine. Ein genüssliches Bad wäre verlockend gewesen, aber sie konnte sich so einen Luxus im Moment nicht leisten. Eine rasche Dusche und dann zurück an die Arbeit. Als sie gerade den Duschhahn aufdrehen wollte, hörte sie wieder ein Geräusch. Sie lauschte. Das war nicht das Faxgerät.
Sie spähte ins Schlafzimmer, wo das Licht weiche Schatten warf, sah das Wohnzimmer und dahinter das Glitzern von Los Angeles bei Nacht. Der schimmernde Swimmingpool warf Schatten an die Gartenmauern, und blassgrüne Lichter tanzten über die Wohnzimmerwände wie lebende menschliche Gestalten. »Huffy?«, rief sie. Was hatte die Katze da draußen bloß vor?
Candice schlüpfte in die Dusche.
Es war Sybillas Traum gewesen, eines Tages selber eine Werbeagentur zu leiten, mit eigenem Büro und Sekretärin, eigenen Werbeetats, auch wenn sie sich damit mitten in eine Männerdomäne begab. Sie besuchte die Abendschule und bildete sich kontinuierlich weiter. Der Erfolg lag zum Greifen nahe. Dann kam die Sache mit der Kosmetikfirma. Man wollte neue Namen für eine Duftserie, die es schon viele Jahre gab, deren Blumennamen nun aber aus der Mode waren. Sybilla hatte neue Namen wie
Leidenschaft, Verlangen
und
Liebe
vorgeschlagen. Hatte Toilettenwässer und Lotionen mit Namen wie
Süße Träume, Frühlingsromanze, Sommerbrise
und
Herbstsonate
versehen. Die Verkaufszahlen schnellten in die Höhe. Mr.Wyatt wurde zum Geschäftspartner gemacht, und Sybilla bekam nicht einmal einen warmen Händedruck.
Und da hatte sie das Unvorstellbare unternommen und
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