Spur der Flammen. Roman
Mr.Wyatt direkt konfrontiert. Hatte die gebührende Anerkennung für ihre Leistung verlangt. Ohne zu zögern hatte er sie gefeuert. Sie hatte sich gewehrt, hatte seine Geschäftspartner informiert, sich in offenen Briefen an Chefredakteure und bei lokalen Rundfunksendern beschwert. Sie gab nicht auf, auch nicht, als Mr.Wyatt, unter Druck gesetzt, sie mit einer Gehaltserhöhung wieder einstellen wollte. Sie verlangte Anerkennung. Sagen Sie den Leuten, dass es meine Ideen waren.
Der Durchbruch gelang, als sie sich direkt an einen Kunden der Agentur wandte, einen Wäschehersteller, der gerade eine neue Dessousserie auf den Markt bringen wollte. Sybilla eröffnete ihm, dass frühere Anzeigenkampagnen für seine Produkte auf ihr Konto gingen, und bot an, umsonst für die neue Wäscheserie zu arbeiten.
Das Ergebnis war schlichtweg spektakulär. Als Sybilla ihre eigene kleine Werbeagentur eröffnete, zogen zwei von Mr.Wyatts Kunden mit, bereit ein Risiko zu wagen. Sie wurden nicht enttäuscht. Weitere Kunden folgten, die neue Agentur expandierte so erfolgreich, dass Sybilla Armstrong Creations inzwischen nur noch renommierte Kunden und Spitzenetats betreute und finanziell bestens dastand. Weil Sybilla den Mut besessen hatte, für Gerechtigkeit zu kämpfen.
Und nun wollte jemand dem Professor seine Ideen stehlen. Das würde Candice nicht zulassen.
Sie stellte die Dusche ab und schob die beschlagene Glastür beiseite. An den Schlafzimmerwänden tanzten kleine grünliche Lichter, als sei jemand im Swimmingpool. War eine Brise aufgekommen? Die Bäume warfen gespenstische Schatten an die Gartenmauern, dass es so wirkte, als kletterten schattenhafte Gestalten darüber.
Candice schalt sich wegen ihrer Nervosität. Immerhin stand ein Streifenwagen vor ihrem Haus. Und dann erstand vor ihrem inneren Auge ein weiterer Polizist, Glenn Masters.
Ihr Herz tat wieder einen kleinen Hüpfer. Dieses verräterische Organ, das sich ihrem Verstand widersetzte. Sie wollte jetzt nicht über den Detective oder sonst einen Mann nachdenken. Aber ihr Herz ging eigene Wege. Candice verdrängte das Bild – sein unerwartetes Auftauchen in der Notaufnahme, diese hoch gewachsene Gestalt mit dem schmucken Filzhut, der genau den richtigen Knick hatte.
Genug damit!
Es gab weiß Gott an Wichtigeres zu denken. An das Projekt in San Francisco, eine Fernsehserie über ägyptische Frauen – Ehefrauen, Mütter, Bäckerinnen, Sängerinnen, Tänzerinnen, Näherinnen, Königinnen – Candice wollte alles daransetzen, um diesen Job zu bekommen. Der Professor und der mysteriöse
Stern von Babylon.
Wo sollte sie mit ihrer Suche als Nächstes ansetzen?
Während sie nach dem Badetuch griff, wanderten ihre Gedanken zu jenem Tag zurück, da sie den Professor zum letzten Mal gesehen hatte. Es war vor einem Jahr in der Mensa der Universität in Los Angeles gewesen, wo der Professor immer noch lehrte. Wie wohl sie sich in der Gesellschaft dieses Mannes gefühlt hatte; er im Tweedjackett mit Lederflecken an den Ellenbogen, die Pfeife in der Hosentasche, so klug und männlich. Fühlte man sich so als Tochter, die den Sonnenschein und ein Sandwich mit ihrem Vater teilte? Er war so integer und vermittelte ihr ein Gefühl der Geborgenheit. Nicht, dass sie sich bei ihrer Mutter nicht geborgen gefühlt hätte. Aber die Vorstellung eines Vaters gab ihr Ruhe und Sicherheit.
»Woher rührt diese Leidenschaft für das alte Ägypten?«, hatte er sie bei passender Gelegenheit einmal gefragt.
Candice wollte ihm die Geschichte erst gar nicht erzählen. Denn sie begann ausgerechnet in den Anfangstagen von Sybillas neuer Werbeagentur. Candice ging jeden Tag nach Schulschluss in die kleine Agentur ihrer Mutter und machte in einer stillen Ecke ihre Schularbeiten, während rings um sie herum Telefone klingelten, Leute herumhasteten und mit lauter Stimme Aufmerksamkeit heischten. Candice hasste diese überhitzte, hektische Atmosphäre und zog sich immer mehr in ihre Bücher zurück. In der achten Klasse beschäftigten sie sich gerade mit der Antike, und als sie die alten Ägypter durchnahmen, fing Candice sofort Feuer.
Die antiken Bewohner des Niltals waren weniger materialistisch und viel spiritueller eingestellt als die Belegschaft im Büro ihrer Mutter. Es war ein ruhiges, beschauliches Zeitalter, in dem Boote mit dreieckigen Segeln den friedlichen Nil hinunterglitten, an dessen Ufer Palmen in den klaren blauen Himmel ragten. Die Menschen beschäftigten sich mit den Göttern,
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