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Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Titel: Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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das ganze Geld der Familie wollten, also hätten seine Mum und sein Dad ihn zu uns geschickt. Sobald die Gefahr vorüber wäre, würde er nach England zurückfahren, hat er ihnen erzählt. Komisches Kind, der Gary. Vielleicht weil er ein Einzelkind war, ich weiß es nicht.«
    Er nahm noch einen Schluck Bier, blickte das Glas bewundernd an, nickte. »Guter Tropfen das, Bill. Ich trink ja nicht allein, hab ich mir nie …«
    Draußen hielt ein Auto. Ganz in der Nähe. Nur ein kleines Stück die Straße runter.
    Ich ging zum Fenster und lugte durch den seitlichen Spalt neben dem schweren Vorhang. Zwei Frauen, die aus einem kleinen weißen Auto ausstiegen.
    Ich kehrte zu meinem Platz zurück. »Der Name, wie war der?«
    »Der Name?«
    »In der Geschichte, in der er nicht Gary Connors war. Wie hat er sich genannt, Des?«
    Er blickte mich eine Sekunde von ganz weit weg an, hatte gar nicht bemerkt, dass ich aufgestanden war. »Der Name. Wie war der noch gleich? Es waren drei. Nein. Hat keinen Wert, hier rumzusitzen und drüber nachzudenken.«
    »Versuchen Sie's, Des. Es ist wichtig.«
    »Nein«, sagte er, »brauch ich gar nicht zu versuchen. Geh einfach den Flur runter zum Kinderzimmer. Da sind noch all seine Bücher. Mum wollte nichts davon hören, die wegzugeben. Sind alle noch da. Er hat den Namen immer in seine Bücher geschrieben.«
    Er ging hinaus. Ich trank Bier, horchte auf vorbeifahrende Autos, es waren nur zwei. Eine ruhige Straße. Ich könnte eine schreckliche Heimsuchung über diese Straße bringen. Männer mit Waffen, die alle erschießen würden. Jung und alt.
    … bringen Ihre Freunde um, töten Ihre Frau, töten Ihr Kind, töten Sie, ist denen ganz egal.
    Schwere Schritte im Flur. Des mit einem Buch.
    »Hier haben wir's doch«, sagte er. »Abenteuerbuch für Jungen. Könnte ich selber sogar mal reinschauen. In der verdammten Zeitung steht eh nichts als Mord und Totschlag.«
    Er setzte sich, schlug das Buch auf, zeigte mir das Vorsatzblatt.
    Eine schräge Kinderschrift mit großen Anfangsbuchstaben, schwungvollen Schnörkeln am Ende jedes Wortes.
    Christopher Anthony Armstrong (Kit).
    Ich las es laut vor.
    Des schüttelte den Kopf: »Bin nie drauf gekommen, warum er diese Geschichte immer erzählt hat. Seltsam. Trotzdem, kann ja nicht nur an dem Jungen gelegen haben.«
    Er blickte auf sein halb leeres Bierglas. Verlor die Lust daran. Er war müde.
    »Ich war kein besonders guter Dad. Nicht, wie mein Dad für mich war. Keine Ahnung, hab mich nach dem ersten Jungen einfach nicht mehr so drauf eingelassen. Und dann war's Gewöhnung. Hab nie mit Gary Fußball gespielt. Vielleicht war's das.«
    »Das bezweifle ich. Fußballspielen, das machen Kinder für ihre Väter, nicht andersherum«, sagte ich. »Das ist ein guter Anfang, Des. Sehr gut. Jetzt noch was Wichtiges. Wenn Gary nach einem sicheren Platz suchen würde, wohin würde er da gehen?«
    Des straffte die Schultern, trank einen Schluck Bier. »Ein sicherer Platz? Da bin ich überfragt.«
    »Von ganz früher, Des. Aus seiner Kindheit.«
    Er dachte nach, schüttelte den Kopf. »Hier in der Nähe, meinst du?«
    »Irgendwo. Irgendwo, wo er hingegangen ist, als er noch klein war.«
    Während ich das sagte, hatte ich plötzlich Chrissy-Donato-Connors-Sargents Stimme im Ohr. Irgendwas darüber, dass Gary als kleines Kind rausgeworfen worden war. In Pflege gegeben? Auf eine Hühnerfarm?
    »Des, ich hab mit Garys zweiter Frau gesprochen. Sie sagt, er hätte ihr erzählt, er wäre von seinen Eltern rausgeworfen und bei Leuten auf einer Hühnerfarm in Pflege gegeben worden. Wie eine Gefängnisfarm, hat sie, glaube ich, gesagt. Sagt Ihnen das irgendwas?«
    Des senkte den Kopf wie ein Geier: »Gary? In Pflege? Gary? Nun, er war immer gut für eine Fantasiegeschichte, aber das haut dem Fass doch den Boden aus. Seine Mum würde sich im Grab umdrehen. Das ist die Farm von der Cousine seiner Mum, über die er da geredet hat. In Tassie. War da drei oder vier Mal. Das ist alles, was er von Tassie kennt. Ist immer liebend gern da hingefahren, lag uns ständig in den Ohren damit.«
    »Die Gefängnisfarm in Tasmanien?«
    Des schnaubte. »Gefängnisfarm, so 'n Quatsch. Eine kleine Hühnerfarm. Bin nie selbst da gewesen. Die Frau schon. War nicht scharf auf diese Fähren, die über die Bass Strait fahren. Hab nichts gegen ein anständiges Passagierschiff. War im Krieg mal auf einem. Hab ich absolut nichts dagegen. Da merkt man, dass die Pötte dafür gebaut sind.«
    »Eine kleine

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