Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman
blickte nach oben. Milchglas: ein Badezimmer.
Irgendetwas ließ mich noch mal durch den Spalt blicken.
Ich sah ihn sofort, wie er da an der Wand neben dem Holzschuppen lehnte, das schwache Licht von dem hoch gelegenen Fenster fiel ihm jetzt direkt ins Gesicht.
Er hatte den Kopf schräg gelegt. Lauschte er?
Ein knochiges Gesicht. Ein knochiger Kopf. Kurzes Haar.
Der Mann in dem grauen Anzug vor dem Parlamentsgebäude in Canberra. Der Mann, der sich die dunkle Sonnenbrille aufgesetzt hatte. Und sie dann unbequem gefunden und wieder abgesetzt hatte, um sie zurechtzubiegen, der nach unten gesehen hatte.
Er wartete auf mich, ganz in Schwarz gekleidet. Vielleicht war noch jemand in der Nähe.
Wartete, um mich zu töten?
Daves Stimme in meinem Kopf.
Wir machen uns Sorgen, dass die andere Seite jetzt Ihret wegen nervös wird und beschließt, etwas zu unternehmen.
Ich trat langsam rückwärts vom Tor weg, drehte mich um und ging vorsichtig durch den dunklen Garten und die Zufahrt zurück.
ary finden. Die einzige Möglichkeit, mein Leben zu ret
ten – zumindest hatte Dave das behauptet.
Reden Sie mit Des.
Mit Des reden, worüber denn?
Wenn wir ihn finden, dann finden wir ihn, weil er an einem Ort ist der ihm ein Gefühl von Sicherheit gibt. Und das muss weit in die Vergangenheit zurückreichen.
Ich fuhr nach Northcote, nahm allerdings nicht meine übliche Route, sondern fuhr die St. Georges Road hinauf, den Rückspiegel im Blick, die anderen Autos an den Kreuzungen misstrauisch beäugend. Ich überquerte die Eisenbahnschienen, parkte in der High Street, wartete, sah hinaus, wendete, parkte auf der anderen Seite. Sah nichts Außergewöhnliches.
Des schien nicht überrascht, mich zu sehen.
»Komm rein«, sagte er. »Guck mir grad diesen Unsinn im Fernsehen an, ess ein bisschen Schokolade. Die Mädels haben mir die geschenkt. Ich kauf ja nie Schokolade. Hast du mal gesehen, was Schokolade kostet?«
Wir setzten uns in dem dunklen Zimmer in die braunen Cordsessel mit den hölzernen Armlehnen, Fotos auf dem Kaminsims, Hochzeitsbilder, Bilder von zwei Paaren, zwei Frauen, jede mit einem Baby, zwei Männer neben einem Auto, ein Paar und ein blonder Junge.
»Nimm nur.« Er hielt mir die Tafel Schokolade hin.
»Nein danke.«
»Wie wär's mit einem Bier? Ich könnte ein Bier vertragen.«
»Bier wär schön.«
Er kam mit zwei offenen Flaschen Vic Bitter und Gläsern. Wir gossen uns ein.
Des wischte sich die Lippen ab. »Das geht runter, was? Kann irgendwie nicht allein trinken, hab ich mir nie angewöhnt. Wünschte, ich hätt's, aber jetzt ist's zu spät.«
»Des, ich muss Sie was über Gary fragen«, fing ich an. »Es hört sich vielleicht komisch an, aber ich muss Ihnen diese Fragen stellen.«
»Frag«, sagte er und wedelte mit seiner großen Hand. »Frag nur.«
»Wenn Gary seinen Namen ändern würde, welchen würde er da nehmen?«
Des wandte den Blick ab, sah mich aus dem Augenwinkel an. »Seinen Namen ändern? Warum sollte er das denn machen?«
»Wenn er sich verstecken wollte, würde er vielleicht seinen Namen ändern, damit er schwerer zu finden ist.«
»Oh, stimmt. Hab verstanden. Den ganzen Namen. Ich dachte an was anderes, wie wenn er sich selbst Bruce Connors oder Wally Connors nennen würde.«
»Vielleicht würde er einen Namen aus der Familie nehmen«, sagte ich. »Das wird oft gemacht. Zum Beispiel den Mädchennamen seiner Mutter.«
»Keegan?«
»Vielleicht. Was ist mit der Tante, die ihm dieses Grundstück bei Warrnambool vererbt hat? Wie hieß die mit Nachnamen?«
»Dixon.«
Er nahm einen kleinen Schluck Bier, ließ ihn nachdenklich im Mund kreisen. »Ein komischer Junge, Gary. Hat viel gelesen, ein großer Leser, hat alles gelesen. Konnte hier vor mir auf dem Boden sitzen, ich hatte die Zeitung aufgeschlagen, und er hat die vordere und die letzte Seite gelesen. Da war er noch ganz klein. Hat mir Fragen gestellt. Wie: ›Was heißt nackt, Dad?‹ War mir 'n bisschen peinlich, also hab ich gesagt, frag deine Mutter.«
Sein Blick ruhte auf dem Kaminsims, auf den Bildern.
»Anderen Kindern hat er oft erzählt, wir wären nicht seine richtigen Eltern. Jedem Kind, das hier in der Gegend neu war, hat Gary erzählt, er wäre gar nicht Gary Connors.«
Etwas nagte an mir. »Wenn er nicht Gary Connors war, wer war er dann?«
»Hatte eine ganze Geschichte, Namen und alles. Aus einem Buch wahrscheinlich. Seine Eltern wären reiche Leute aus England und es gäbe Leute, die ihn entführen und an
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