Spurlos in der Nacht
Kronprinzen und ihre bunte Vergangenheit voller Drogen und wilder Feste. Aber Meinungsumfragen ergaben, dass sie trotzdem nicht rundherum abgelehnt wurde. Auch im Ermittlungsteam wurde während der Arbeit darüber gesprochen. Es gab zwei Fraktionen: eine war für Mette-Marit, die andere gegen sie. Cato Isaksen hielt sich aus der Sache heraus. Er brachte einfach kein Engagement für diese Fragen auf. Die Erfahrungen mit dem Drogenkonsum seines ältesten Sohnes hatten ihm jedoch klargemacht, dass alle einen Fehler machen können und danach eine Chance verdient haben.
«Hast du das mit deiner Mutter jetzt überwunden?», fragte Ellen Grue.
«Das Schlimmste muss es sein, ein Kind zu verlieren», sagte Cato Isaksen.
«Meinst du?» Ellen Grue schaute ihn aus dunklen, unergründlichen Augen an.
«Natürlich.»
«Ich weiß nicht so recht. Ich glaube es eigentlich nicht, nicht, wenn man zu zweit ist. Einen Freund oder Ehemann zu verlieren, muss schlimmer sein. Ein Paar, das ein Kind verliert, kann doch gemeinsam trauern.»
Cato Isaksen sah sie an.
«Ich weiß nicht», sagte er und wühlte in seinen Papieren, verteilte die Vernehmungsprotokolle auf zwei Stapel. «Ich finde nur, dass es jetzt reicht», sagte er mit harter Stimme. Er hatte es als ziemliche Niederlage aufgefasst, dass sie Tage Wolter so gar nichts hatten nachweisen können.
Ellen Grue lachte.
«Soll das heißen, es quält dich, dass die Ermittlungen nicht weiterkommen?»
Cato Isaksen schaute sie traurig an. «Natürlich», sagte er.
Ihr Lachen bohrte sich durch seinen Körper, kalt und verletzend. Sie verstummte ebenso plötzlich, wie sie angefangen hatte. Sie stemmte die Ellbogen auf die Armlehnen und legte ihr Kinn in die Hände. Ihre dunklen Augen wurden ernst.
«So war das nicht gemeint», sagte sie. «Aber du musst mit diesem Selbstmitleid aufhören. Deine nummerische Intelligenz macht mich ab und zu fertig.»
«Meine was?»
«Ja, du ziehst dauernd Bilanz über dein Leben. Du rechnest aus, wieviel Kummer dir zuteil geworden ist. Wieviel Schmerz. Hör auf, dein Selbstmitleid als Krücke zu benutzen. Das steht dir nicht.» Sie erhob sich, ging ans Fenster und lehnte die Stirn ans Glas. Dann fuhr sie herum und sah ihn an. «Ich weiß, was du denkst», sagte sie. «Dass du viel abbekommen hast, dass Gard Drogen genommen hat, dass Sigrid schwanger wurde, dass du wieder zu Bente zurückgekehrt bist. Aber eigentlich ist es dir immer gut gegangen. Jedenfalls warst du nie einsam.»
Er wollte ihr antworten, wollte sagen, dass er genau das immer gewesen sei, aber etwas in ihrem Blick hielt ihn davon ab. Er wusste, dass sie alles über Einsamkeit wusste, wo sie doch nach dem Tod der Eltern für ihre beiden kleinen Brüder verantwortlich gewesen war.
Trotzdem war er zornig, weil sie ihn gedemütigt hatte. Immer wollte sie ihn belehren.
«Dieses Weibergefasel will ich mir nicht mehr anhören», sagte er.
«Mannsbilder haben Weibergefasel immer verabscheut, weil es der Wahrheit ziemlich nahe kommt, so nah nämlich, dass es unangenehm wird. Uns wird vorgeworfen, zu schwätzen und zu übertreiben. Aber du machst es doch genauso.»
«Wer wird hier eigentlich wirklich unterdrückt?», gab er zurück. «Sowie wir Männer über Gefühle reden, seid ihr zur Stelle und fahrt uns über den Mund. Du kannst meine Gefühle einfach nicht respektieren. Das ist dein Problem.»
«Mein Problem ist, dass ich dich ein wenig zu sehr mag», sagte sie.
Die Tür wurde geöffnet und ein eifriger Roger Høibakk stürzte herein.
«Wir wissen doch, dass Kenneth Hansens Bruder Stein Ove seinen Wehrdienst in Rygge ableistet», sagte er. «Vor viereinhalb Monaten sind dort mehrere Waffen verschwunden, unter anderem zwei Glocks. Ich habe mich bei der Militärpolizei von Akershus erkundigt, die diesen Waffendiebstahl untersucht. In Rygge gibt es auch eine MP-Abteilung, aber die kamen mit der Sache nicht weiter, und deshalb wurde Akershus eingeschaltet. Ein gewisser Fredrik Garnaes war mit dem Fall beschäftigt und bezeichnet den Fall jetzt als geklärt. Ein Fähnrich hat den Diebstahl zugegeben. Und er gehört zu Stein Ove Hansens Abteilung. Die beiden sind angeblich gute Freunde. Der Fähnrich behauptet, die Waffen weiterverkauft zu haben, angeblich weiß er aber nicht, an wen. Einiges deutet darauf hin und die Militärpolizei findet es auch naheliegend, dass Stein Ove Hansen sie bekommen hat.»
40
Stein ove Hansen wurde so schnell wie möglich ins Polizeigebäude auf Grönland
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