Spurlos in der Nacht
meiner Glock zu tun haben könnte. Ich habe ja in der Zeitung gelesen, dass es so eine Waffe gewesen war, aber auch da habe ich nicht weiter darüber nachgedacht. Aber dann hat Kenneth mich angerufen. Er war total außer sich und schrecklich nervös.» Stein Ove Hansen sprang auf.
Cato Isaksen forderte ihn auf, sich wieder zu setzen. «Obwohl also Kathrines Großmutter mit einer Waffe des Kalibers getötet worden ist, wie Sie sie gestohlen haben, haben weder Sie noch Ihr Bruder sich an die Polizei gewandt?»
Stein Ove Hansen fühlte sich absolut nicht wohl in seiner Haut. «Aber ich dachte, das hätte nichts mit diesem Fall zu tun», sagte er heftig. «Und außerdem war ich verdammt nervös.»
Cato Isaksen hob die Stimme. «Wissen Sie, wer die Waffe jetzt hat?»
«Nein, woher soll ich das wissen?»
«Haben Sie einen Vorschlag?»
Stein Ove Hansen schüttelte energisch den Kopf.
«Glauben Sie, Kathrine kann die Waffe bei ihrem Verschwinden mitgenommen haben?»
Stein Ove Hansen schlug die Augen nieder. Dann schüttelte er noch einmal den Kopf.
«Ich weiß es nicht», sagte er.
«Waren Sie jemals bei Kathrine zu Hause?»
«Nein, nie.»
«Und was ist mit Nils Bergman?»
«Das weiß ich nicht. Wir sind zusammen bei der Heimwehr. Aber ich glaube nicht, dass er Kathrine kennt. Er kennt meinen Bruder André durch diesen Rollenspielkram.»
«Und wie sehen Sie das?»
«Was denn?»
«Das mit den Rollenspielen.»
«Ach, das finde ich schon bescheuert. Aber ich weiß nicht so genau, was dabei abläuft. Nils spricht nie darüber.»
«Solvi Steen, wissen Sie etwas über sie?»
«Nein, den Namen habe ich nie gehört.»
«Was ist mit Kathrines Stiefvater?»
«Was soll mit ihm sein?»
«Kann er die Waffe an sich genommen haben?»
«Woher soll ich das wissen?»
«Sie kennen Maiken Stenberg?»
Stein Ove Hansen nickte. «Ja», sagte er.
Maiken war nach Kathrines Verschwinden sehr oft bei Helena Bjerke, dachte Cato Isaksen und spielte an einem Bleistift herum.
«Wie finden Sie sie?»
«Nett», sagte Ove Hansen kurz. «Kathrines beste Freundin. Die ist niedlich.»
«Sind Sie in sie verliebt?»
«Sie ist vierzehn», sagte er.
«Ich habe gefragt, ob Sie in sie verliebt sind.»
«Nein», sagte Stein Ove Hansen laut.
«Ihnen ist ja wohl klar, dass das hier Konsequenzen für Ihren weiteren Wehrdienst haben wird», sagte Cato Isaksen abschließend.
Stein Ove Hansen starrte den Boden an und nickte verlegen.
Cato Isaksen und Randi Johansen fuhren unmittelbar nach dem Verhör von Kenneth Hansens Bruder zu Helena Bjerke und erzählten ihr von der gestohlenen Waffe. Helena Bjerke war zuerst wie gelähmt, dann geriet sie in Wut, weil die Polizei das erst jetzt herausgefunden hatte. Sie griff sich an die Brust und atmete schwer. Randi Johansen konnte sie so weit beruhigen, dass sie wieder ansprechbar wurde. Sie baten sie um eine Liste der Personen, die sie an den Tagen vor und nach Kathrines Verschwinden besucht hatten. Dann schauten sie sich noch einmal in Kathrines Zimmer um, während die Mutter apathisch mit einer Cognacflasche und einem Glas Milch am Küchentisch saß. Sie schaute Cato Isaksen vorwurfsvoll an, als er und Randi Johansen wieder nach unten kamen.
«Wie konnten Sie Tage das alles antun?», fragte sie verbittert. «In der Zeitung stand dick und fett zu lesen, dass er Kathrine umgebracht und sie zerlegt hat. Was glauben Sie, wie ihm jetzt zumute ist?»
Cato Isaksen konnte das alles nur bedauern. «Die Presse ist ein arges Problem für uns», sagte er, ging zu ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter. Sie schüttelte die Hand verärgert ab. Er verkniff sich den Spruch, dass die Polizei ihre Arbeit zu machen habe, und dass es doch auch in Helena Bjerkes Interesse sei, die Wahrheit ans Licht zu holen.
«Und jetzt glauben Sie sicher, dass Tage die Pistole hat», weinte sie hysterisch. «Sind Sie deshalb hergekommen?»
Randi Johansen musterte die weinende Frau. «Wir sind jetzt mit Tage fertig», sagte sie beruhigend, obwohl das nicht so ganz zutraf.
41
Langsam fuhr Cato Isaksen über den Deichplatz und weiter in Richtung John-Colletts-Allee. Das Ermittlungsteam hatte mehrere Stunden zusammengesessen, um die neuen Informationen zu analysieren. Der Fall wurde eigentlich immer verwirrender. Vielleicht war Kathrine ja wirklich in Schweden. Aber sie hatten nur lose Fäden und Vermutungen. Sie waren zwar einen großen Schritt weitergekommen, weil sie nun wussten, dass eine Waffe mit demselben Kaliber wie
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