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ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten

Titel: ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David R. George III
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Farbigen, den Bo Bartell, Billy Fuster und die anderen verprügelt hatten, mit Phil aneinandergeraten war, hatte sich einiges verändert. Obwohl es nach ihrem Streit eine Weile gedauert hatte, bis Phil und Leonard wieder miteinander sprachen, waren sie Freunde geblieben. Als sie langsam wieder anfingen, Zeit miteinander zu verbringen, war das Unbehagen beider Männer – und auch Lynns – noch sehr deutlich spürbar gewesen, doch mit der Zeit hatte sich ihre Beziehung verbessert. Aber selbst vier, fast fünf Jahre nach dem Zwischenfall herrschte immer noch eine Distanz zwischen Phil und Leonard, die vorher nicht da gewesen war.
    »Äh, also, eigentlich habe ich keine konkreten Pläne«, sagte Leonard zurückhaltend. »Ich schätze, ich werde einfach … ich weiß nicht … ich schätze, ich werde einfach zu Hause bleiben.«
    »Weihnachten ist doch schon in zweieinhalb Wochen«, meinte Lynn unbeirrt. »Da sollte man bereits wissen, was man an den Feiertagen macht.«
    »Vermutlich hast du recht«, sagte Leonard und blickte über seine Schulter, als würde er nach jemandem Ausschau halten.
    Lynn wartete darauf, dass Phil etwas sagte, und als er weiter schwieg, drückte sie leicht seine Hand. »Len, wir würden dich für den Weihnachtsabend gern zu uns nach Hause einladen«, brachte er hervor. »Du weißt schon, nach dem Gottesdienst.«
    »Äh, ja, klar«, sagte Leonard, doch er schien an der Einladung nicht besonders interessiert zu sein. »Das klingt gut.«
    »Du kannst auch schon vor der Kirche vorbeikommen«, schlug Lynn plötzlich vor, obwohl sie das gar nicht vorgehabt hatte. »Ich mache ein leckeres Abendessen für uns drei.« Sie wollte unbedingt etwas gegen diese Zurückhaltung unternehmen, die Leonard ihnen gegenüber an den Tag legte. Die Distanz zwischen ihm und Phil betrübte sie ohnehin schon, und sie musste zugeben, dass sie mittlerweile auch eine ähnliche Distanz zwischen sich selbst und Leonard spürte, auch wenn er sie nicht anders behandelte als sonst. Doch auch Lynn hielt etwas zurück, das sie bedrückte. Tief in ihrem Herzen hielt sie etwas versteckt, von dem sie nicht glaubte, dass es Leonard bewusst war. Und unter allen Umständen wollte sie vermeiden, dass er es jemals erfuhr. Obwohl sie versucht hatte, Bo und Billy davon abzuhalten, den farbigen Mann zu verletzen, und obwohl sie glaubte, dass sie sich an diesem Tag nicht sehr christlich verhalten hatten, wusste sie dennoch, warum sie so gehandelt hatten. Farbige waren einfach nicht so gut wie weiße Menschen. Sie waren faul und hinterlistig, langsam und dumm.
    Zumindest hatte man ihr das beigebracht. Doch der farbige Mann –
Benny
, korrigierte sie sich – schien keine dieser Eigenschaften besessen zu haben. Und wenn sie ehrlich war, kannte sie auch Weiße, auf die diese Dinge und noch Schlimmeres zutrafen. Sie erinnerte sich daran, wie Leonard am Tag nach dem Zwischenfall in ihrer Küche gesagt hatte, dass es größere Unterschiede zwischen all den Weißen in Hayden gebe, als zwischen Phil und Benny. Er hatte das nicht als Beleidigung gemeint, und es war sein voller Ernst gewesen. Diese Aussage hatte Lynn dazu bewegt, sich in Bennys Lage zu versetzen. In der Bergpredigt hatte Jesus gesagt: »Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen.« Sie verstand auch die umgekehrte Bedeutung dieser Aussage: Man sollte anderen nichts antun, was man selbst nicht angetan bekommen wollte.
    »Abendessen, ja, das wäre nett«, sagte Leonard abwesend. Er starrte weiter umher und beäugte die Leute, die aus der Kirche strömten, jedoch nicht auf seine übliche freundliche Art. Lynn erkannte plötzlich, dass das, was ihn gerade so ablenkte, nichts mit ihr und Phil zu tun hatte.
    »Geht es dir gut?«, fragte sie ihn.
    »Was?«, entgegnete Leonard und sah sie endlich einmal länger als zwei Sekunden an. »Oh, ja, tut mir leid, es ist nur … Gleich läuft ein Radioprogramm, das ich mir gerne anhören würde.«
    »Oh«, entfuhr es Lynn. Das konnte sie nachvollziehen. Ihrer Meinung nach war das Radio eines der besten Dinge, die sie der Elektrizität zu verdanken hatten. Sie liebte es, Programmen wie
Die Abenteuer des Dünnen Mannes
, der
Glenn Miller Show
, der
Edgar Bergen/Charlie McCarthy Show
und so vielen anderen zu lauschen. »Was willst du dir anhören?«, fragte sie Leonard.
    »Ach, nur so eine Nachrichtensendung über das, was gerade in Europa passiert«, meinte Leonard. Sein Zögern wirkte untypisch, aber sie wusste, dass viele Leute wegen

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