ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
neben Leonard auf einer gepolsterten Bank im dezent beleuchteten Eingangsbereich des Restaurants. Neben ihnen warteten mindestens ein Dutzend weitere Gäste darauf, dass ein Tisch frei wurde.
»Ich bin so hungrig, dass ich sicher mein eigenes und Dorsants Essen verdrücken könnte«, fügte Leonard lächelnd hinzu. Doch selbst wenn er mindestens genauso hungrig wie Barrows war, bezweifelte sie seine Behauptung. Dr. Dorsant war ein Chenari mit einem gewaltigen Körper und einem erstaunlich aktiven Stoffwechsel. Normalerweise aß der Arzt ein Dutzend kleiner Mahlzeiten am Tag und abends dann noch ein riesiges Abendessen. Selbst im Projektlabor hatte sie ihn nie außer Reichweite von etwas Essbarem gesehen. Dr. Zhuravlova, die zweite Physikerin des Teams, war hingegen eine zierliche menschliche Frau und aß – wie Barrows’ Tante Beatty es ausgedrückt hätte – »wie ein Spatz«.
»Wenn du tatsächlich Dorsants gesamte Mahlzeit aufessen kannst«, sagte sie zu Leonard, »solltest du darüber nachdenken, deine Arbeit als Arzt aufzugeben und zum Zirkus zu gehen, denn ein solches Kunststück sollte vor Publikum aufgeführt werden.«
»Hereinspaziert, Herrschaften! Sehen Sie den Menschen, der wie ein Chenari isst«, sagte McCoy. »So was in der Art?«
»So ähnlich, ja«, stimmte Barrows zu. »Weißt du, wenn …« McCoys Kommunikator piepte zwei Mal und kündigte damit eine eintreffende Nachricht an.
»Bitte entschuldige mich für einen Moment«, sagte er, stand schnell auf und zog das Gerät von seinem Gürtel. Er klappte es jedoch nicht gleich auf, sondern trat nach draußen, da er offenbar niemanden im Restaurant belästigen wollte. Nach ein paar Minuten kam er zurück, und der Kommunikator hing wieder an seinem Gürtel. »Das war Olga«, sagte er. »Sie und Dorsant werden es nicht schaffen. Anscheinend fühlt sich keiner von beiden danach, noch mal rauszugehen.« Die beiden anderen Mitglieder des Teams hatten ihre Arbeit am Projekt für diesen Tag vor drei Stunden beendet und waren vor dem geplanten Abendessen noch einmal nach Hause gegangen, Dorsant in seine Wohnung unten in Half Moon Bay, Zhuravlova in ihre oben in Mill Valley.
»So viel zum gemeinsamen Abendessen des gesamten Teams«, meinte Barrows. »Sollen wir dem Oberkellner Bescheid geben, dass wir nun doch nur zu zweit sind, oder sollen wir wieder gehen?«
»Ich bin vielleicht nicht so hungrig wie ein Chenari«, sagte Leonard, »aber ich könnte trotzdem was essen.«
»Geht mir genauso«, erwiderte Barrows.
Leonard informierte den Oberkellner, und zehn Minuten später saßen sie an einem Tisch für zwei. Überraschenderweise hatte man sie zu einem Platz an der Glaswand geführt, von wo aus man einen atemberaubenden Ausblick auf die Bucht von San Francisco sowie die Golden Gate Bridge hatte. Normalerweise war es fast unmöglich, einen solchen Tisch zu bekommen, daher musste ihr Timing offenbar sehr gut gewesen sein. »Ist das zu fassen«, sagte Barrows. »Leonard, du hast wirklich großes Glück, wenn es um Fenster mit einer tollen Aussicht geht. Zuerst dein Büro, dann das Labor und nun das hier. Ich vermute mal, deine Wohnung hat ebenfalls irgendeinen spektakulären Ausblick, oder?« Sie schaute in die Speisekarte.
»Nun, ich, äh …«, stammelte Leonard, und ihr wurde klar, dass sie ihn in Verlegenheit gebracht hatte.
»Ich habe nur Spaß gemacht«, versicherte sie schnell. »Ich habe nicht ernsthaft darum gebeten, deine Wohnung zu sehen.«
»Ich wollte nicht …«, begann Leonard. »Es tut mir leid.« Sie glaubte, in seiner Stimme Reue zu hören, und konnte es nicht fassen.
»Leonard, wir arbeiten jetzt schon seit über zwei Jahren zusammen«, sagte sie leise und hielt den Blick dabei weiter auf die Speisekarte gerichtet. »Wieso hast du plötzlich ein Problem damit?«
»Ich weiß es nicht«, gab er zu. »Ich schätze, ich fühle mich einfach immer noch schuldig, weil ich dich damals so ungerecht behandelt habe.«
»Wann? Auf der
Enterprise
?«, fragte Barrows. Sie legte die Speisekarte hin und lehnte sich über den Tisch. »Das ist fünfzehn Jahre her.«
»Ich weiß, ich weiß, aber …« Auch er legte seine Speisekarte auf den Tisch. »Tonia, ich habe mich schrecklich verhalten. Ich habe dich unnötig verletzt … ohne darüber nachzudenken … und auch wenn es vor langer Zeit geschah, will ich, dass du weißt, wie leid es mir tut.«
Selbst im dezenten Licht des Restaurants glaubte Barrows, Bedauern in Leonards Augen erkennen zu
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