ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
der Ereignisse in Übersee besorgt waren, einschließlich Leonard. Lynn las nicht viel Zeitung, Phil tat es jedoch gelegentlich. Er hatte ihr erzählt, dass Italien und Deutschland in einige andere Länder einmarschierten und dass die Vereinigten Staaten vielleicht in den Konflikt eingreifen mussten.
»Nun, dann will ich dich nicht länger aufhalten«, sagte Lynn. »Aber wir sind sehr froh, dass du den Weihnachtsabend mit uns verbringen wirst.«
»Ich freue mich schon darauf«, versicherte Leonard. Völlig unerwartet lehnte er sich vor und küsste Lynn auf die Wange. Dann ergriff er Phils Hand und schüttelte sie. »Ich sehe euch dann später«, sagte er, drehte sich um und lief durch den Park auf sein Haus zu. Lynn sah ihm nach und schaute dann zu Phil.
»Kam dir das nicht auch irgendwie seltsam vor?«, wollte sie wissen.
»Ich weiß nicht«, erwiderte er, und Lynn merkte, dass er die Unterhaltung nicht besonders aufmerksam verfolgt hatte. »Hast du nicht gesagt, du brauchst noch etwas aus Robinsons Laden?«, fragte er.
»Ja, wir brauchen Seife«, erklärte sie.
»Okay«, sagte Phil, und sie gingen gemeinsam in Richtung des Gemischtwarenladens.
Lynn drehte sich unterwegs noch einmal um und sah zu Leonard, der auf sein Haus zueilte. Ihr war klar, dass etwas nicht stimmte, auch wenn sie noch nicht genau wusste, was. Doch plötzlich machte sie sich große Sorgen um Leonard.
Drei Tage vor Neujahr ging McCoy nicht in die Kirche. Er hatte allerdings an den vergangenen drei Sonntagen ganz bewusst am Gottesdienst teilgenommen, damit er seinen Freunden beistehen konnte, wenn sie die schockierende Neuigkeit erfahren würden, dass Japan einen Überraschungsangriff auf die amerikanische Pazifikflotte in Pearl Harbor, Hawaii, ausgeführt hatte.
Doch der Angriff war nie gekommen.
Nun saß McCoy in seinem Wohnzimmer und lauschte gespannt dem Radio, das er letztes Jahr in Robinsons Gemischtwarenladen gekauft hatte. Während der letzten drei Wochen hatte er Tag und Nacht auf die Nachricht des Angriffs gewartet – vergeblich. Im Verlauf der vergangenen Monate waren die Berichte über den Krieg in Europa immer zahlreicher geworden. Selbst die Hof-, Haus- und Frauensendungen hatten angefangen, Teile ihres Programms Diskussionen über Verteidigungsfragen zu widmen. Umfragen hatten ergeben, dass die Amerikaner aufgrund der angespannten Lage in der Welt verängstigt waren, und über vierzig Prozent der Bevölkerung glaubten sogar, dass Deutschland in Zukunft eine Bedrohung für ihr Land darstellen könnte. Viele Kommentatoren dachten – und manche hofften –, dass die Ereignisse unausweichlich zum Kriegseintritt der Vereinigten Staaten führen würden. Soweit McCoy wusste, war das die allgemeine Stimmung gewesen, als Japan den Angriff auf Pearl Harbor durchgeführt hatte.
Dennoch kam nach wie vor kein Angriff.
Zu den Klängen der Andrew Sisters, die ihr Lied »Boogie Woogie Bugle Boy« vor dem morgendlichen Nachrichtenprogramm zum Besten gaben, fragte sich McCoy, ob er sich im Datum geirrt hatte: der 7. Dezember 1941. Hatte er womöglich das falsche Jahr im Kopf? Hatte Japan Hawaii erst 1942 angegriffen?
Nein
, dachte McCoy. Er erhob sich vom Sofa und lief im Zimmer auf und ab.
Ich kenne das Datum
. Er hatte es in der Schule gelernt und seitdem nicht mehr vergessen. Doch er war sich nicht nur bezüglich des Tages sicher. Es gab auch noch andere Vorfälle, die ihn davon überzeugten, dass die Zeit gekommen war. Vor ein paar Monaten hatte Japan einen Pakt mit Deutschland und Italien geschlossen und war seitdem in Burma, Thailand, Malaysia, Singapur und auf den Inseln von Niederländisch-Ostindien eingefallen. McCoy hatte sich nie so ausführlich mit dem Zweiten Weltkrieg beschäftigt, dass er die Abfolge der Ereignisse oder die Einzelheiten der Kämpfe kannte, aber er glaubte sich zu erinnern – und es ergab durchaus Sinn –, dass Japans Ausbreitung im pazifischen Raum mit dem Überraschungsangriff auf die Vereinigten Staaten zusammenfiel.
Also warum ist das nicht passiert?
, dachte McCoy und ließ sich aufs Sofa fallen. In den vergangenen Tagen hatte er sich immer wieder dieselbe Frage gestellt, und es lief jedes Mal auf die gleiche Antwort hinaus: Er hatte die Geschichte verändert. Aber wie? Wie konnte er die Ereignisse in Japan beeinflusst haben? Zwischen ihm und diesem Land lagen ein ganzer Kontinent sowie ein Ozean. Seit zehn Jahren war er nun davon überzeugt, dass ein Mann seinen Phaser gestohlen und sich und die
Weitere Kostenlose Bücher