ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
Waffe versehentlich dematerialisiert hatte. Dieses Ereignis, so glaubte er, hatte die Vergangenheit verändert und dafür gesorgt, dass McCoy hier gefangen war. Aber wie konnte das Auswirkungen auf die japanische Außenpolitik haben? Die bloße Vorstellung erschien McCoy völlig absurd.
Im Morgenprogramm des Radios begann
Nachrichten aus Europa
. McCoy lehnte sich vor, stützte seine Ellbogen auf die Knie und legte sein Kinn in seine Hände. Er lauschte angespannt, als der Kommentator die beunruhigenden Einzelheiten der Zerstörung in London beschrieb, die das Ergebnis eines deutschen Angriffs am Weihnachtsabend vor vier Tagen waren. Frankreich war seit über einem Jahr besetzt, und Deutschland war in ein Land nach dem anderen eingefallen: die Tschechoslowakei, Polen, Dänemark, Norwegen, Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Litauen, Lettland, Estland, Griechenland, Jugoslawien. Die Nazis waren außerdem in die Sowjetunion vorgedrungen, wo sie ebenfalls mehrere Städte eingenommen hatten, darunter Minsk, Kiew, Odessa, Charkiw und Sewastopol. Sowohl Ostals auch Westeuropa fielen Stück für Stück.
»Hier in der Heimat«
, betonte der Kommentator,
»wird die amerikanische Pazifistenbewegung morgen früh ein großes Treffen vor dem Georgia State Capitol in Atlanta abhalten, das mit dem dort geplanten Besuch Präsident Roosevelts zusammenfällt. Die Gruppe, der es bisher gelungen ist, unser Land davon abzuhalten, in den Krieg zu ziehen, werde weiterhin die Botschaft des Friedens verbreiten, sagte ein Sprecher. Man erwartet, dass die Gründerin der Bewegung, Edith Keeler, zu den Anwesenden sprechen wird.«
McCoy sprang vom Sofa auf.
Edith!
Er ging durch den Raum auf das große, spitz zulaufende Radio zu, das auf einem schmalen Tisch stand. Er legte seine Hände auf das Gerät – die geschmeidige, gemaserte Holzoberfläche fühlte sich warm, fast schon heiß an – und wartete auf weitere Informationen.
»In der Zwischenzeit hat man der Douglas Aircraft Company einen Vertrag zugesichert, in dem sie damit beauftragt wird, eine Militärversion ihrer berühmten DC-3 …«
McCoy streckte eine Hand aus und schaltete das Radio ab. Ihm war übel.
Edith
, dachte er wieder. Warum war ihm das bisher noch nie in den Sinn gekommen? Er hatte ihr das Leben gerettet,
und sie hatte die Geschichte verändert
. Alles schien jetzt so klar. Edith hatte eine Gruppe gegründet, die zu einer der größten Friedensbewegungen in Amerika geworden war. Sie hatte das Land nicht nur davon abgehalten, in den Krieg zu ziehen, sondern auch verhindert, dass die Vereinigten Staaten eine starke militärische Position einnahmen. Die japanische Regierung fühlte sich daher nun nicht mehr genötigt, Pearl Harbor anzugreifen, weil die USA noch keine große Bedrohung darstellten. Und solange es keinen Überraschungsangriff gab und die amerikanische Pazifistenbewegung Neutralität forderte, konnte Präsident Roosevelt seine Bürger nicht davon überzeugen, dass sie etwas gegen Hitler und Nazideutschland unternehmen mussten.
Was wird nun passieren?
, fragte sich McCoy.
Wird Deutschland den Krieg gewinnen? Wird Hitler die Welt erobern?
McCoy ging zur Vordertür und trat hinaus. Als er das Ende des Steinwegs erreichte, beschleunigten sich seine Schritte zu einem Sprint. Er eilte über die Kreuzung der Carolina Street und der Hauptstraße, durch den Park und über die Mill Road und lief schließlich in den Gemischtwarenladen.
Turner Robinson sah von dem Warentisch in der Nähe des Eingangs auf. »Morgen, Doc«, grüßte er, während er einen Stapel kleiner Kisten begutachtete. »Der Zeitungswagen ist heute noch nicht hier gewesen, falls Sie das wissen wollten.«
»Nein. Ich brauche Karten … Straßenkarten von South Carolina und Georgia«, keuchte McCoy hektisch. »Ich muss nach Atlanta fahren.«
SIEBENUNDDREISSIG
2282
Selbst an diesem späten Dienstagabend war das Foyer im Madame Changs voller Gäste, die darauf warteten, an einen Tisch geführt zu werden. Barrows hatte das über die Maßen beliebte Restaurant allerdings auch noch nie anders erlebt. Sie und Leonard waren nun bereits seit fünfundzwanzig Minuten hier, und sie hoffte, dass Dorsant und Olga bald eintreffen würden. Ansonsten konnte es nämlich durchaus sein, dass ihr Tisch für vier an eine andere Gruppe vergeben wurde, deren Mitglieder vollzählig waren.
»Wenn sie nicht hier sind, sobald unsere Namen aufgerufen werden, nehmen wir den Tisch
und
ihr Essen«, scherzte Barrows. Sie saß
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