Stadt Aus Blut
aber mir keine neuen wachsen lassen.
– Ja. Nehmen wir also an, Sie sind Horde, und alles, was ich über Sie gesagt habe, stimmt. Und wir beide wissen, dass es stimmt. Also, wer könnte es ihm verdenken, dass er ein professionelles Interesse an einem sehr bizarren, gefährlichen Bakterium entwickelt? Ein Bakterium, das, wie soll ich sagen, seinen Wirt frisst und ihn dazu zwingt, auf die Jagd nach Menschenfleisch zu gehen.
Meine Arme und Beine sind mit leuchtend rotem Schorf bedeckt. Ich ziehe mein Unterhemd aus.
– Es wäre bestimmt nicht schlecht fürs Geschäft, sich so eine Sache mal genauer anzusehen.
Die Löcher in Brust und Bauch sind ebenfalls mit Schorf verkrustet, um den sich feuerrote, juckende Haut spannt. Noch ein bisschen Blut, und in ein paar Tagen bin ich wieder ganz der Alte. Vorausgesetzt ich komme lebend hier raus.
– Stellen Sie sich vor, so etwas breitet sich aus und wird zu einer richtigen Epidemie. Dann wäre die erste Firma, die mit einem Gegenmittel ankommt, der große Gewinner. Wer wäre nicht bereit, jeden Preis für eine Spritze zu bezahlen, ohne die er das Gehirn seines Nachbarn fressen würde?
Ich nehme eine alte Jeans und ein schwarzes T-Shirt aus dem Schrank. Während ich das Shirt über den Kopf ziehe, werfe ich einen Blick auf Predo.
– Aber wie kann man so ein Heilmittel entwickeln? Wo fängt man an?
Ich gehe zum Schreibtisch und stecke mir meinen Geldbeutel, die Schlüssel und ein bisschen Kleingeld in die Hosentasche.
– Also ich bin ja kein Experte in solchen Sachen, aber ich denke, als Erstes braucht man mal jemanden, der sich mit dem Bakterium infiziert hat. Der Fachbegriff dafür ist Zombie. Aber nicht viele wissen, wie man sich einen Zombie beschafft, Mr. Predo.
Ich setze mich wieder aufs Bett und schlüpfe in meine Socken.
– Wissen Sie, wo man einen herbekommt?
Ich ziehe meine Schuhe unter dem Bett hervor.
– Klar wissen Sie’s. Wenn irgendjemand weiß, wo man einen Zombie herkriegt, dann Dexter Predo.
Ich binde mir die Schuhe zu.
– Aber dann wird’s richtig kompliziert. Soweit ich weiß, kann das Bakterium nur in einem menschlichen Körper überleben und bringt sein Opfer ziemlich schnell um. Was würde ein brillanter, millionenschwerer Forscher also tun?
Ich zünde mir noch eine Zigarette an.
– Andere würden sagen, scheiß drauf, mache ich mir eben noch ein paar Zombies. Jedes Mal, wenn einer abkackt, muss er nur schnell noch jemanden beißen, und presto: ein neuer Zombie. Vielleicht kann man seine Lebensdauer auch verlängern, indem man ihn mit Hirn füttert? Aber dann würde man bald ziemlich viele Leichen unauffällig aus diesem Labor verschwinden lassen müssen. Könnte unter Umständen Aufsehen erregen.
Ich deute mit meiner Zigarette auf ihn.
– Und genau da erweist es sich als unerhört praktisch, ein weltbekannter Epidemiologe zu sein. Es stellt sich nämlich heraus, dass das Bakterium ohne Wirt überleben kann. Wie? Scheiße, keine Ahnung. Aber so ist es. Ich hab’s gesehen. Also kann man es unters Mikroskop legen und angucken, ohne ständig neue Zombies zu erschaffen. Außer, man hat einen Grund, neue Zombies zu erschaffen. Und was könnte so ein Grund sein?
Ich puste gegen die Asche an der Zigarettenspitze.
– Irgendwelche Vorschläge?
Er starrt durch mich hindurch auf die Wand hinter mir. Der Riese steht wie ein braver Junge neben ihm und wartet darauf, dass Predo ihm befiehlt, mir wegen schlechten Benehmens die Finger einzeln auszurupfen.
Ich deute mit dem Zeigefinger zur Decke.
– Ich hätte da einen.
Ich richte den Finger auf Predo.
– Vielleicht will man das Bakterium in freier Wildbahn studieren? Isoliert hat man es schon. Jetzt will man sehen, wie es sich verbreitet. Wie schnell. Für jemanden, der ein Heilmittel gegen eine mögliche Zombieepidemie entwickeln will, könnten das wertvolle Informationen sein. Besonders, wenn man vorhat, die Epidemie selbst auszulösen.
Ich tippe mit dem Finger gegen meine Schläfe.
– Aber die Epidemie darf nicht außer Kontrolle geraten. Nicht, bevor man genug Heilmittel hat, um Milliarden damit zu scheffeln. Das wäre ärgerlich. Also, was tun? Am besten, man infiziert nur einen bestimmten Teil der Bevölkerung.
Ich nehme den Finger weg und rauche.
– Ich glaube, niemand will, dass so ein Experiment auf seinem Grund und Boden stattfindet. Die ganze Scheiße braucht nur ein kleines bisschen außer Kontrolle zu geraten, und plötzlich steht man mitten im Scheinwerferlicht.
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