Stadt Aus Blut
der Kleinen überziehen. Sie schafft es bis auf Kniehöhe, dann hält sie inne und sieht zu mir auf.
– Ich habe Hunger, Joseph.
Ihre Hand, die auf Amandas nacktem Oberschenkel liegt, packt etwas zu fest zu. Die Finger bohren sich in das Fleisch.
– Ich habe Hunger.
Sie betrachtet ihre Tochter.
– Helfen Sie mir, Joseph.
Die Löcher in meinem Körper haben sich inzwischen geschlossen, und kein Blut tritt mehr aus. Doch nur eine meiner Lungen füllt sich mit Luft, und die giftigen Stoffe aus meinen Eingeweiden und meiner zerstochenen Leber zirkulieren noch immer durch meinen Kreislauf. Das Vyrus wird sich darum kümmern, und nach einiger Zeit werde ich wie neu sein. Aber wenn diese Frau mich jetzt angreift, gestärkt durch das frische Bakterium in sich, werde ich keine Chance gegen sie haben.
Ich stehe auf und gehe zu ihr rüber. Sie hält mir eine Hand hin, und ich helfe ihr auf. Sie legt mir eine Hand in den Nacken und presst meinen Mund auf ihren. Als sie sich mir wieder entzieht, sind ihre Lippen und ihr Kinn mit dem Blut des toten Mannes verschmiert.
– Sie sind etwas Besonderes, Joseph.
Ich lege meine rechte Hand auf ihren Hinterkopf.
– Das wusste ich vom ersten Moment an.
Mit der anderen Hand, an der immer noch die durchgesägte Handschelle baumelt, fasse ich sie am Kinn.
– Etwas Besonderes. Jemand, dem man vertrauen kann.
Ihre Augen wandern zu ihrer Tochter und dann wieder zu mir zurück.
– Kann ich Ihnen vertrauen, Joseph?
Ich lecke mir über die Lippen und schmecke Blut.
– Ja.
– Das ist gut.
Dann breche ich ihr das Genick.
Das ist ziemlich anstrengend. Ich bin geschwächt, ausgelaugt, und im letzten Moment will sie ihren Kopf zurückziehen. Ein kräftiger Ruck, und ihr Rückgrat splittert. Ihr Körper fängt an zu zucken. Ein weiterer Ruck, und sie erschlafft.
Ich lege sie auf den Boden. Da bemerke ich, dass mich Amanda mit weit geöffneten Augen anstarrt. Ihr Mund hat sich zu einem stummen Albtraumschrei geöffnet, dann fallen ihr wieder die Augen zu. Ich hoffe, dass sie sich an diesen Moment genauso wenig erinnert wie an den Rest der ganzen Schweinerei.
Lydia bringt drei ihrer Schläger mit. Zwei muskelbepackte Typen, die stärker, aber nicht unbedingt reaktionsschneller als sie selbst aussehen, und einen Transsexuellen, dem die entscheidende OP noch bevorsteht. Ein riesiges Weib mit einem Schwanz und Titten so groß wie Bowlingbälle.
– Ist sie okay?
– Sie haben ihr was gespritzt. Keine Ahnung, was.
– Wer, sie?
Ich schaue Amanda an, die in meinen Armen liegt.
– Leute, die nicht mehr unter uns weilen.
Lydia nickt.
– Was jetzt?
– Sie braucht einen sicheren Unterschlupf.
– Wie lange?
– Keine Ahnung. Ein paar Tage vielleicht.
Sie wendet sich an die Transe.
– Sela?
Die Transe nickt und antwortet mit einem tiefen Knurren.
– Klar. Das Schätzchen kann bei mir bleiben.
Lydia schaut mich an.
– In Ordnung?
Ich schaue Sela an.
– Vielleicht suchen sie nach ihr.
Sela hebt beide Arme und spannt die Muskeln auf Bodybuilderart an. Ihr Bizeps sieht aus, als würde er im nächsten Moment die Haut sprengen.
– Dann haben sie ein Problem.
Ich nicke.
– Geht klar.
Sela streckt die Arme aus.
– Gib sie mir.
Sie nimmt mir Amanda ab und verstaut sie mühelos unter einem Arm. Ich deute auf die blutigen Fingerabdrücke auf ihren Jeans und Schuhen, die ich hinterlassen habe, als ich sie anzog.
– Vielleicht kannst du ihr was Sauberes überziehen, bevor sie aufwacht.
Sela betrachtet die schlafende Amanda. Mit einem Finger so dick wie ein Baumstamm wischt sie ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
– Kein Problem, das Goldstück ist bei mir gut aufgehoben. Los geht’s, Ladys.
Einer der Muskelmänner öffnet die Tür und schaut, ob die Luft rein ist. Auf sein Zeichen verlassen sie das Gebäude. Lydia schließt die Tür hinter ihnen.
– Mach dir keine Sorgen, die sind in Ordnung.
– Ja.
Sie legt die Hand wieder auf den Türgriff.
– Wir sollten los, die Sonne geht bald auf.
– In Ordnung.
Wir verlassen das leere Ladengeschäft auf der Avenue B. Lydia sperrt hinter uns ab, und wir gehen die Straße hinunter. Ich deute auf den Laden.
– Ein Unterschlupf der Society?
– Nein, einer von meinen.
– Hm.
Jetzt hat sie ein Versteck weniger. Weil ich als Außenstehender davon erfahren habe ist es für sie und ihre Leute unbrauchbar geworden. Das wird mich sicher einiges kosten. Aber alles im Leben hat nun mal seinen Preis. Sie
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