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Stadt aus Sand (German Edition)

Stadt aus Sand (German Edition)

Titel: Stadt aus Sand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario , Enzo d'Alò , Gaston Kaboré
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obwohl er die Antwort schon kannte.
    »Serou. Er sitzt zitternd zu Hause und ist völlig verängstigt. Und Eléou weint.«
    »Serou sollte besser hier bei den anderen sein«, entgegnete Setuké. Er wandte sich seinem Haus zu. »Geh zu ihm und sag ihm, dass er hierherkommen soll. Uns bleibt wenig Zeit!«
    »Antworte mir!«, schrie ihn Zouley so laut an, dass sich auch alle anderen auf dem Platz zu ihr umdrehten. »Wo ist Inogo?«
    Setuké ging zunächst langsamer, atmete einmal tief durch und blieb dann stehen.
    »Er ist in Sicherheit«, antwortete er.
    Und das war die Wahrheit.
    Der Hogon wandte sich sehr langsam um und versuchte, dem Blick der Frau standzuhalten. Er hätte ihr gerne alles erklärte, doch dazu hatte er jetzt weder die Zeit noch die Kraft.
    »Reicht es dir nicht, dass du Rokia genommen hast?«, schluchzte Zouley kopfschüttelnd. »Genügte dir meine Tochter nicht? Inogo wolltest du auch noch? Und nach ihm, Setuké? Wen aus diesem Dorf wirst du noch verschwinden lassen?«

DIE WURZELN
    Rokia kam mit aufgestellten Ohren aus dem Schatten hervor.
    Sie setzte sich auf die Hinterpfoten und beobachtete die Seelen, die im schwindenden bläulichen Licht an den Wurzeln des Baobabs baumelten. Raogo beschnüffelte bereits die Innenseite der schwarzen Tür.
    Er knurrte unterdrückt.
    Hier bewahrt der Fürst also die besten Seelen auf, dachte Rokia. Seinen Geheimvorrat. Sie könnte ganz nah daran sein, die Seele ihres Großvaters zu finden. Aber wie sollte sie sie erkennen? Hatte die Farbe der Ampullen eine besondere Bedeutung?
    Rot ist die Farbe der Energie. Weiß die des Todes.
    Und Blau? Violett? Orange?
    Als Raogo plötzlich aufjaulte, zuckte sie zusammen: Er hatte zu nah an dem Verschluss der Ampulle geschnüffelt, die der Fürst ausgetrunken hatte, und sich dabei seine Nase an den winzigen Dornen verletzt.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie, indem sie mit dem Schwanz wedelte.
    »Nein«, gab ihr der Fuchs mit seinen großen Augen zu verstehen. »Verschwinden wir lieber von hier.«
    »Aber hier muss auch mein Großvater sein.«
    »Wo?«
    Sie wusste es nicht. Sie wusste so vieles nicht.
    Rokia kletterte an einer der niedrigeren Wurzeln hoch, bis sie ein Silberkettchen erreichte. Sie löste es und ließ es zu Boden fallen.
    Die Ampulle zerbrach: Sofort stieg ein zarter Nebel auf, der die Gestalt einer matt schimmernden, durchscheinenden jungen Frau annahm. Diese sah sich um, kniete sich neben Raogo nieder, der am Boden geblieben war, und streichelte ihn sanft.
    Der Fennek erstarrte angesichts der Erscheinung und ließ die freundliche Hand durch sich hindurchgleiten.
    »Vielen Dank, dass du mich befreit hast«, flüsterte die Seele der Frau.
    In einiger Entfernung von Rokia schwebte sie leicht wie ein Blatt nach oben. Ihre Hand hatte sich weder warm noch kalt angefühlt. Sie verströmte Energie.
    Die Seele stieg durch die Wurzeln auf, bis sie zu der klaffenden Spalte im Baumstamm kam, durch die sie verschwand.
    Rokia lief zur nächsten Ampulle und zerbrach auch sie. Dieses Mal erhob sich aus den Scherben der milchig weiße Geist eines entschlossen wirkenden Mannes.
    »Endlich frei!«, rief er aus und reckte beide Arme nach oben. »Ich bin frei! Wieder bereit zum Kampf!«
    Mit seinen durchsichtigen Geisterfäusten boxte er ins Leere. »Und richtig in Form! Dieses Mal werde ich ihm die Nase brechen!«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, schwebte er zur Eisentür und glitt durch sie hindurch, als wäre sie überhaupt nicht vorhanden.
    Rokia kletterte weiter nach oben.
    Raogo folgte ihr. Als er an sein erstes Kettchen kam, machte er nach, was er bei dem Mädchen gesehen hatte, und zerbrach eine dritte Ampulle, die dunkelbraun schimmerte.
    Aus ihr stieg der Geist eines fetten Mannes auf, der die Hände gegen die kahlen Schläfen presste. »Wer hat mein Heim zerstört?«, rief er mit einem jammernden Stimmchen. »Das war alles, was ich noch hatte! Mein Körper ist inzwischen seit hundert Jahren tot. Freunde, Familie, Grab! Nichts ist mir geblieben!«, klagte er. »O ich Armer! Jetzt muss ich auf ewig herumirren!«
    Raogo winselte, dann bleckte er die Zähne, als die Seele näher an ihn heranschwebte und sich weiter über ihr Unglück beklagte. Als Raogo auf der Wurzel zurückwich, wäre er beinahe abgerutscht.
    »Das ist gefährlich, du kleines schreckliches Tier …«, erklärte die Seele. »Meine Brüder sind bei einem Sturz gestorben. Ein kleiner Fehltritt, und du brichst dir den Hals …«
    Raogo knurrte.
    »Und was

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