Stadt aus Sand (German Edition)
klang wie drei Hammerschläge auf dem Amboss eines Schmiedes.
Dann warf sich der Fürst mit der Schulter gegen die schwarze Tür, drückte sie auf und trat ein.
Dahinter lag ein großer Raum, den nur ein Lichtstrahl von der Decke her erhellte. Sanagò glitt über die Schwelle und murmelte ein kurzes Wort. Das Salpeterpulver, mit dem die in der Mauer steckenden Fackeln bedeckt waren, knisterte und entzündete sich. Hunderte bläulicher Flammen beleuchteten einen Teil der Höhle, deren Rest sich dahinter in der Dunkelheit verlor.
Er befand sich genau unter dem Hof, unter den Wurzeln des schwarzen Baobabs, die sich wie Schlangen aus Holz von der Decke nach unten wanden und dann im Boden der Höhle verschwanden. Tausende und Abertausende Wurzeln rankten sich zu den unglaublichsten Spiralen verdreht ins Leere. An ihnen hingen mindestens genauso viele Glasfläschchen in den unterschiedlichsten Farben, die sanft hin- und herschaukelten. Jedes Fläschchen war mit einem Silberkettchen und einem kleinen Haken befestigt.
Die Wurzeln des Baumes stöhnten so leise in einem ewigen Schmerz, dass menschliche Ohren es nicht wahrnehmen konnten. Und der Lichtschein, der von oben hereindrang, fiel durch die klaffende Wunde in seinem hohlen Stamm.
»Ach«, klagte der Fürst wieder und betrachtete mit Bewunderung seine Sammlung leuchtender Seelen.
Er näherte sich einer grünen Ampulle und holte sie nach längerer Überlegung von ihrer Wurzel herunter. Er löste den Dornenverschluss jedoch nicht, sondern drehte sie um, so dass ihr Hals nun dem Boden zugewandt war. Dann nahm er einen Silberspiegel, auf dessen Rahmen Pfauen eingraviert waren, und hielt ihn unter die Ampulle. Als er das Gesicht der darin gefangenen Seele erkannt hatte, legte er den Spiegel weg, drehte die Ampulle erneut um und hielt sie gegen das Licht.
»Jetzt erinnere ich mich wieder, wer du bist …«, meinte er überrascht. »Noch nicht, würde ich sagen. Du musst noch ein paar Jahre reifen.«
Er hängte die Ampulle an ihr Kettchen zurück und das Kettchen in die Wurzeln des Baumes. Dann wiederholte er diesen Vorgang, bis er eine Seele gefunden hatte, die seinen Bedürfnissen entsprach. Nun verbarg er den Spiegel wieder in den Falten seines Gewandes, entkorkte die Ampulle, führte sie an die Lippen und neigte den Kopf nach hinten, um sie auszutrinken.
Das alles dauerte nur einen Moment.
Die Wurzeln des Baobabs schwollen an, als ob eine Ladung Lebenssaft sie erfüllte.
Sie sogen Sand aus dem Erdreich und spuckten ihn wie in einem Würgen nach draußen.
Sanagò verharrte einen Moment lang so, dann schüttelte er sich, als versuchte er, sein inneres Gleichgewicht zu finden.
Er band sich das leere Gefäß an den Gürtel und presste die flache Hand gegen seine schmerzenden Augen.
»Ja …«, murmelte er. »Jetzt geht es mir … entschieden besser.«
Mit einem anderen kurzen Wort ließ er die Lichter in der Höhle erlöschen. Dann zog er die schwarze Eisentür hinter sich zu und drehte den Schlüssel wieder dreimal im Schloss herum.
Und er bemerkte die beiden kleinen Fenneks nicht, die sich mit ihm hineingeschlichen hatten, sich in eine dunkle Ecke verkrochen und dort hatten einschließen lassen.
Als Setuké ins Dorf kam, herrschte reges Treiben.
Die stärksten Männer hatten sich auf dem Platz vor dem Togu-na versammelt, wo der Schmied ihnen gerade zeigte, wie die alten Gewehre funktionierten. Neben ihm stand Ogoibélou und zeigte sich so verantwortungsbewusst, als wäre er ein Familienoberhaupt.
Jeder an seinem Platz, dachte der Hogon und murmelte einen Gruß.
Setuké hatte einen Jungen losgeschickt, der die Jäger des Dorfes, die noch unterwegs waren, holen sollte, aber er bezweifelte, dass sie rechtzeitig für die Schlacht zurück sein würden. Die jüngeren Knaben kontrollierten mit Fackeln die Palisade. Sie liefen auf beiden Seiten der Stämme entlang, ersetzten zerschlissene Seile und rammten neue Pfähle in den Boden, um Schwachstellen zu verstärken. Einige Ältere saßen mit verschränkten Beinen auf dem Boden und untersuchten gewissenhaft jeden Speer. Andere gaben den Frauen Anweisungen wegen der Essensvorräte.
Der Hogon suchte einen vollen Wasserkrug und trank gierig daraus.
»Setuké!«, rief ihn eine Stimme.
Es war Zouley.
»Was willst du?«, fuhr er sie an. »Ist Matuké etwas zugestoßen?«
»Wo ist Inogo? Sie haben mir gesagt, dass er bei dir war!«
Setuké biss sich auf die Lippen. »Wer hat dir das gesagt?«, fragte er,
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