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Stadt aus Sand (German Edition)

Stadt aus Sand (German Edition)

Titel: Stadt aus Sand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario , Enzo d'Alò , Gaston Kaboré
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dem flackernden Flämmchen des Feuerzeuges verschwammen.
    »Das ist die Geschichte des Roten Kindes«, erklärte Setuké.
    Er setzte sich mit verschränkten Beinen auf den Boden. Die Decke war hier so niedrig, dass er sie mit der Spitze seines Stockes berühren konnte.
    Er zeigte Inogo einen Mann mit zwei Stöcken neben einer sehr viel kleineren, roten Gestalt, an deren Fuß eine Schlange gebunden war. »Vor sehr langer Zeit wurde dem Hogon eines Dorfes ein Sohn geboren, dessen Haut so rot wie die einer Schlange war. Seine Mutter starb bei seiner Geburt, und als die anderen Frauen ihn sahen, sagten sie, dass er anders sei als die anderen. Sie nannten ihn Schlangenhaut. Das Rote Kind.«
    Setukés Stock zeigte auf das nächste Bild. Hennen, Kühe, Kaninchen, die auf dem Rücken lagen, die Beine nach oben zum Himmel gestreckt. Und die rote Schlange mitten unter ihnen.
    »Keines der Kinder wollte jemals sein Freund sein oder mit ihm spielen. In seiner Einsamkeit entwickelte das Rote Kind einen tiefen Hass auf sie, auf das Dorf und alles um ihn herum.«
    Der Stock glitt weiter. »Als man dem Hogon erzählte, wie böse sein Sohn war und dass er den anderen Angst einjagte, beschlossen die beiden, das Dorf zu verlassen und an einem anderen Ort zu leben, an den Hängen der Berge. So wuchs das Rote Kind in vollkommener Einsamkeit auf und schaute sich die rituellen Zauberformeln beim Vater ab.
    Eines Tages stieg der Hogon auf den Gipfel der höchsten Berge, um die Hilfe der Seelen der Binu , der Ahnen unseres Volkes, zu erbitten. Und mit den Binu rief er auch die Geister der Tiere. Wir alle, Inogo, teilen uns mit einem Tier eine Seele. Und selbst wenn wir ihm niemals begegnen, wächst dieses Zwillingstier zusammen mit uns auf. Ein Tier hat ein kürzeres Leben als ein Mensch, und deshalb spüren wir zu verschiedenen Zeitpunkten unseres Lebens in uns … ganz plötzlich … dass etwas passiert. Das ist der Moment, in dem sich unser Zwillingstier von uns löst. Wir sagen, das ist der Augenblick, in dem wir erwachsen werden. Es ist ein Übergang, zum ersten Mal in unserem Leben sind wir gezwungen, allein durch die Welt zu gehen. Das Rote Kind jedoch hatte niemals ein Zwillingstier. Es war ganz allein, und das seit seiner Geburt. Aus diesem Grund fühlte es sich der Welt, in der es lebte, nicht verbunden. Daher tötete es ohne einen Grund Tiere. Es verbrannte Bäume. Zertrat Insekten. In ihm herrschte eine große Leere.«
    Das nächste Bild zeigte einen Geschichtensänger. »Um diese Leere zu füllen, brachte der Hogon seinen Sohn zu einem berühmten Griot . Wie er es sich gedacht hatte, war das Rote Kind begeistert und bat darum, die Kunst des Geschichtensingens lernen zu dürfen. Doch der Geschichtensänger weigerte sich, sein Lehrmeister zu werden, auch dann noch, als er die Bitten des Vaters gehört hatte. Vater und Sohn kehrten in ihre Höhle zurück.«
    Auf dem folgenden Bild an der Decke sah man ein großes Feuer, das von der roten Schlange ausging.
    »Am nächsten Tag brannte das Kind alles nieder. Und verschwand spurlos.«

DAS VERSTECK
    Schritte, schnelle Schritte, überall waren Schritte.
    Rokia hörte sie kommen und dachte nur noch eins: Ich muss wegrennen. Sie flüchtete Hals über Kopf in einen vollständig leeren Raum, dann in einen weiteren und schließlich in ein drittes Zimmer mit unglaublich hohen Decken. Sie lief durch einen Raum mit Parkettfußboden. Und durch einen, der komplett in Schwarz gehalten war. Als sie an eine verschlossene Tür kam, änderte sie ihre Richtung und rannte weiter.
    Zimmer, Gänge, andere Zimmer.
    Sie hörte die Schritte auf den Treppen hallen, in den Zimmern, in den Sälen, in den Innenhöfen, und von fern drang die undeutliche Stimme des Fürsten an ihr Ohr: »Wachen!«
    Und dann: »Ein Mädchen! Ihr müsst nach einem Mädchen suchen!«
    Sie kam durch einen gelben Raum, einen Flur voller Kissen, einen riesigen Saal mit vielen Nischen in den Wänden.
    In einem perlmuttfarbenen Raum hielt sie kurz an, um zu Atem zu kommen, und stützte sich auf ein Möbel aus Ebenholz.
    Sie trat an ein Fenster und schaute hinaus.
    Dann lief sie weiter und tastete sich mit den Händen suchend vorwärts, da die hereinbrechende Nacht mittlerweile alles um sie herum verschwinden ließ. Rokia lief wie blind durch einen menschenleeren Palast, in dem man überall Schritte hörte.
    Als sie an eine Treppe kam, eilte sie die Stufen hinauf, wobei sie bald nicht mehr wusste, wie viele es waren.
    Sie stieg immer

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