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Stadt aus Trug und Schatten

Stadt aus Trug und Schatten

Titel: Stadt aus Trug und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Gläser
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ich nur so dumm sein können?
    Was, wenn das eine Falle war? Und meine Freunde lieferte ich gleich mit ans Messer!
    Ich ballte die Hände zu Fäusten und sprang auf die Füße. »Linus hat recht«, rief ich. »Wir sollten die Sache selbst in die Hand nehmen.«
    »Äh«, krächzte Wiebke, die plötzlich wieder blass geworden war. »Ich glaube, ausgerechnet jetzt wäre dafür kein besonders guter Zeitpunkt.«
    Ich folgte ihrem Blick und erstarrte.
    Es war bereits zu spät. Mitten im Gang, etwa einen halben Meter über den Köpfen der vorbeiströmenden Menschen, war Marians Schatten aufgetaucht. Zusammen mit einem der geflügelten Pferde, dessen Gestalt im Neonlicht flackerte, hing er dort. Mitten in der Luft lieferten sich die beiden einen erbitterten Kampf. Ich erschauderte. Wie alle anderen seiner Art trug auch dieser Reiter einen Backenbart und einen Zylinder und doch sah er irgendwie anders aus.
    Marian und der Schattenreiter umkreisten einander vor der Schaufensterscheibe eines Nagelstudios und glitten dabei immer wieder teilweise durch das Glas. Die Peitsche des Reiters umzüngelte ihn wie schwarzer Rauch, die Schwingen des Pferdes strichen sachte über die Schultern der Schlafenden unter ihnen. Blitzschnell platzierte Marian mehrere Tritte gegen die Schulter des Reiters, sprang über ihn hinweg und tauchte unter der zischenden Peitsche durch.
    Instinktiv zückte ich die Sichel des Bettlers und stellte mich schützend vor meine Freunde.
    »Was hat das Monster?«, flüsterte Wiebke hinter mir. »Warum bewegt es sich so komisch?«
    »Der Schattenreiter kämpft mit Marian, siehst du das nicht?«, sagte ich, wandte leicht den Kopf und bemerkte den verwirrten Gesichtsausdruck der Zwillinge. Ihre Blicke klebten an dem Schattenreiter im Gang. Doch Marian, der gerade unmittelbar vor uns ein geschicktes Ausweichmanöver unternahm, schienen sie nicht einmal wahrzunehmen.
    Ich schluckte und umklammerte die Waffe in meiner Hand fester, spürte das feine Kribbeln, das von ihr ausging. Zwar glaubte ich nicht mehr, dass Marian den Schattenreiter auf uns hetzen würde, aber man konnte schließlich nie wissen.
    Noch immer kämpften die beiden. Mit bloßen Händen malträtierte Marian seinen Gegner, duckte sich plötzlich weg und schwebte durch eine Gruppe Jugendlicher, die um einen Typen mit iPhone herumstanden. Zornig wendete der Reiter sein Pferd und setzte ebenfalls zum Sinkflug an.
    Und da erkannte ich es.
    Natürlich, die Gestalt des Schattenreiters war dunkel und flackernd, ihre Farbe schlug ins Negativ um und ihre Konturen erzitterten und kräuselten sich. Doch sie war nicht schwarz-weiß! Jedenfalls nicht vollständig.
    Erschrocken starrte ich auf das Gesicht des Reiters. Blaue Adern, die sich unter der bleichen Haut abzeichneten, waren dort zu sehen. Und ein schmutziges Gelb, das seine Wangen bedeckte, als bestünde seine Haut aus Pergament. Was hatte das zu bedeuten?
    Ich zuckte zusammen, als sich einen Wimpernschlag später Marians Faust in eben jenes Gesicht bohrte. Wie aus dem Nichts war er emporgeschnellt und griff nun nach den Zügen seines Gegners. Seine Finger fuhren in Haut und Fleisch, durchbrachen die Schattengestalt. Farben verwischten, als Marian seine Hand mit einem Ruck zurückzog.
    Der Schrei des Schattenreiters gellte den Gang hinunter und übertönte sogar das Rauschen einer irgendwo unter uns einfahrenden U-Bahn. Ein Kreischen, das wie Eissplitter auf uns niederregnete.
    »Wo ist er hin?«, fragten Linus und Wiebke beinahe gleichzeitig, während der Reiter die Hände vor das dunkle Loch presste, das einmal sein Gesicht gewesen war. Ein Röcheln entrang sich seiner Kehle, schwankend saß er im Sattel, drohte zur stürzen. Dann gab er dem geflügelten Pferd die Sporen und stob davon.
    Fassungslos sah ich ihm nach, wie er in Windeseile den Gang entlangflog, eine gellende, sich aufbäumende Gewitterwolke über den Köpfen der ahnungslosen Einkäufer. Aus einem Lautsprecher unter der Decke verkündete eine Frauenstimme das Kennzeichen eines falsch parkenden Wagens. Auf der Höhe eines Klamottenladens taten die mächtigen Schwingen einen letzten Flügelschlag. Und plötzlich war es, als habe es in diesem Einkaufszentrum niemals einen geisterhaften Reiter gegeben, der es auf meine besten Freunde abgesehen hatte.
    Marians Schatten schwebte noch immer vor dem Nagelstudio. Auch er wirkte verwirrt, als er sich schließlich langsam auf mich zubewegte und mir seine noch immer zur Faust geballte Hand

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