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Stadt aus Trug und Schatten

Stadt aus Trug und Schatten

Titel: Stadt aus Trug und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Gläser
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Eingangshalle betreten hatte. Allein stand ich in dem riesigen Raum. Zigfach wurde mein Gesicht von den verspiegelten Wänden zurückgeworfen. Ich sah aus, wie ich mich fühlte: Mein Haar war zerzaust wie das eines Höhlenmenschen und unter meinen Augen prangten dunkle Schatten. Doch um meine Lippen lag ein Zug der Entschlossenheit.
    Ich zögerte nicht, sondern stieg die Treppe hinauf, durchquerte den ersten Flur und wollte mich gerade zur Galerie begeben, von der aus man um diese Zeit auf das Dämmerungstraining hinabsehen konnte, als ich plötzlich ein Geräusch hörte.
    Jemand stöhnte auf. Dann ein Flüstern, das aus dem Treppenhaus zu meiner Linken herunterwehte. Als würde eine unsichtbare Schnur an mir zerren, erklomm ich Stufe um Stufe der sich windenden Treppe. Meine Füße versanken in dem dicken Teppich, der sich darüberschlängelte.
    Die Stimmen wurden lauter. Jemand murmelte etwas. Ich verstand die Worte nicht, doch ich erkannte, dass es Marian war, der sich nur wenige Meter über mir befand. Auf dem Absatz vor dem Büro des Großmeisters, um genau zu sein. Nein, auf keinen Fall wollte ich mit ihm zusammentreffen. Nicht jetzt. Ich war bereits wieder auf dem Weg nach unten, als mich ein weiteres Geräusch erstarren ließ. Es war das Kichern eines Mädchens. Und auch dieses konnte ich zuordnen.
    Katharina.
    Ich entschied es nicht bewusst. Ehrlich gesagt merkte ich nicht einmal, wie ich mich umwandte und nach oben hastete. In den Sekunden bevor ich den Treppenabsatz erreichte, war da nur diese eine Frage, die in meinem Kopf herumgeisterte: Was machten die beiden dort und warum klang Katharina so verdächtig vergnügt? So kannte ich sie überhaupt nicht. Das Strahlen, das auf ihrem Gesicht lag, als ich um die Ecke bog, irritierte mich. Und ihre Hand, die über Marians Nacken strich, machte mich wütend.
    Noch hatten die beiden mich nicht bemerkt. Marian lehnte ein wenig gebückt an der Wand und hielt etwas fest. Was, konnte ich nicht sehen. Dafür fiel mein Blick umso direkter auf Katharinas tief ausgeschnittenes Kleid und ihre dunkel geschminkten Lippen. Noch immer streichelte sie Marians Hals.
    »Komm schon, lass das«, sagte Marian und beugte sich noch ein wenig mehr zur Seite. »Zwischen uns läuft nichts. Ich dachte, das hätten wir geklärt.«
    Katharina quittierte seine Verbiegungskünste mit einem Kichern. Anscheinend wollte sie nicht wahrhaben, dass Marian nicht (mehr?) auf sie stand, sondern auf mich (oder zumindest die, für die er mich hielt). Diese Erkenntnis ließ ein zufriedenes Grinsen über mein Gesicht huschen. Immerhin wusste ich nun, weshalb Katharina sich mir gegenüber so ätzend verhielt. Sie wollte Marian für sich und war eifersüchtig.
    Außerdem entdeckte ich nun, da Marian sich bewegt hatte, was er in den Armen hielt. Oder besser gesagt, wen. Es war niemand Geringeres als der Großmeister persönlich, der mit glasigem Blick mehr hing als stand und … ziemlich wenig anhatte\ Du meine Güte! Er trug außer seiner linken Socke nur noch eine gefährlich weit heruntergerutschte Unterhose! Zum Glück bedeckte sein Bart einen Großteil seines Körpers. Die Haut seiner Arme hing in Wellen daran herab und auf der schmalen Brust schimmerten Schweißperlen.
    »Willlllnich schlahaaaafen!«, lallte er. »Nonocheindrink!«
    »Für heute ist es genug«, sagte Marian und meinte damit anscheinend sowohl Fluvius Grindeaut als auch Katharina. Doch weder der eine noch die andere schenkte seinen Worten Beachtung, sondern versuchte es stattdessen wahlweise mit einem herzhaften Rülpser oder einem aufreizenden Augenaufschlag. Der Geruch von Schnaps und altem Mann breitete sich auf dem Treppenabsatz aus wie Nebel.
    »Äh«, sagte ich endlich. »Kann ich … helfen?«
    Marian zuckte beim Klang meiner Stimme zusammen und bemühte sich noch einmal, Katharinas Hand von seinem Nacken zu schütteln. Vergeblich.
    »Hallo, Flora«, sagte er. »Was machst du denn hier?«
    »Ich wollte nur ein paar von den Sachen aus meinem Zimmer holen.«
    »Drinkholen!«, rief Fluvius Grindeaut und nutzte Marians Überraschung, um sich loszureißen. Mit einem Poltern landete er auf den Knien. Sein Kopf donnerte gegen die Tür seines Büros.
    »Sieh an, sieh an.« Katharinas Miene hatte sich wieder in die gehässige Maske verwandelt, mit der sie mich auch sonst bedachte. »Unsere zukünftige Fürstin verirrt sich hierher?« Sie fuhr herum. »Hey!«
    Marian war es gelungen, sich aus ihrem Griff zu befreien. Mit beiden Händen

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