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Stadt der blauen Paläste

Stadt der blauen Paläste

Titel: Stadt der blauen Paläste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bayer
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hervor.
    »Das braucht Ihr auch nicht, er wird Euch nie mehr quälen.«
    »Und weshalb nicht? Woher wollt Ihr das wissen?«
    Renzo zuckte mit den Schultern, pustete eine Staubflocke von seinem Wams. »Es gibt Dinge, die man weiß.«
    Sie runzelte die Stirn.
    »Habt Ihr ihn etwa umgebracht?«
    Er lachte ein zweites Mal, kniff dann die Augen zusammen.
    »Ihr vergesst, ich bin ein bekannter Mann in dieser Stadt, ein Mann, der mit Salz handelt und viele Schiffe besitzt. Ganze Schiffe, halbe Schiffe, viertel Schiffe. Schiffe, die die ganze Welt umrunden.«
    »Und?«, fragte sie gespannt.
    »Und auf diesen Schiffen ist viel Platz.«
    »Ihr habt ihn also betrunken gemacht und am anderen Morgen fand er sich auf einem Eurer Schiffe wieder auf hoher See, auf einem Schiff, das bis ans Ende der Welt fährt«, vermutete sie.
    »Man kann es auch ohne Trunkenheit hinbekommen«, erwiderte er sanft. »Bei Menschen, die so krankhaft auf's Geld versessen sind, wie Euer Vetter es war, gibt es immer einen Weg. Und es muss ganz gewiss nicht mit Gewalt zu tun haben. Belastet Euch also nicht mit diesem Menschen. Es ging alles ganz friedlich zu. Und ich war ohnehin nicht im Spiel.«
    Die Geräusche am Kai waren inzwischen leiser geworden, das Ameisengewimmel auf dem Schiff schien mit einem Male einem geordneten Ablauf gewichen zu sein. Crestina ließ ihren Blick über die Lagune schweifen, Möwen schossen darüber hinweg und schrien, ab und zu stieß eine in die Tiefe und schnappte nach den Resten der Abfälle, die die Schiffsjungen in den Kanal gekippt hatten. Über ihren Köpfen zogen Federwolken, die sich ganz offensichtlich nicht entscheiden konnten, wohin sie treiben sollten – in die Stadt zurück oder auf's offene Meer hinaus.
    »Wie geht es mit uns weiter?«, wollte Renzo wissen. »Wir legen bald ab. Morgen möchte ich bereits in der nächsten Stadt sein.«
    Er machte eine Pause und sah Crestina an.
    »Ich warte also immer noch auf Euren Antrag«, fuhr er dann schmunzelnd fort.
    Sie hob entschlossen die Schultern.
    »Wenn Ihr wirklich glaubt, dass das geschehen soll, wovon ich seit vier Wochen träume, dann brauchen wir einen Priester«, sagte sie entschieden.
    Er warf die Hände in die Luft.
    »Einen Priester? Wozu einen Priester? Wir haben einen Kapitän an Bord. Er wird uns genau an der Stelle vermählen, die Ihr auswählt. Ihr dürft den Platz bestimmen.«
    »Mitten auf dem Meer einen Platz bestimmen?«
    »Natürlich, weshalb nicht? Strengt Eure Fantasie an.«
    Sie legte den Finger an die Nase, dachte nach.
    »Dann möchte ich einen Platz, auf dem es weder esecutori contro la bestemmia gibt, noch einen Rat der Zehn, eine Bleikammer, irgendwelche neri, eine la bocca, eine Inquisition, einen Index, ein Wolfsrudel der cattaveri«, sagte sie dann rasch und mit aller Entschiedenheit. »Ich will einen Ort, der frei ist von all diesen Dingen.«
    Er warf die Hände in die Luft.
    »Hört auf, hört um Himmels willen auf«, wehrte er ab. »Ihr müsst nicht die gesamten venezianischen Behörden bemühen, um auf dem Meer einen geeigneten Platz zu finden, auf dem Ihr einem Salzhändler angetraut werden könnt. Woher soll ich überhaupt wissen, dass Ihr Euch wirklich entschieden habt, diese Frau zu sein?«
    Sie hörte die Kommandos, als der Anker gezogen wurde und das Schiff auszulaufen begann. Sie spürte die Gischt auf ihrem Gesicht, ließ das Wasser ungehemmt über ihre Haut rinnen, ließ es auch noch rinnen, als sie seinen salzigen Geschmack auf der Zunge spürte. Sie schloss die Augen, hatte das Gefühl, dass ein Gesicht auf sie zukam, unendlich langsam, so, als müsse jede Sekunde dieses Näherkommens erahnt und nicht gespürt werden. Sie ließ sich in dieses Gesicht hineingleiten, ohne es zu berühren. Sie spürte sich in ihm aufgehoben, ohne dass es gesagt werden musste.
    Irgendwann öffnete sie die Augen wieder, sah in den Himmel empor. Die Federwolken hatten sich inzwischen entschieden, wohin sie treiben wollten. Sie hatten die Stadt verlassen und drifteten in dieselbe Richtung, die ihr Schiff nahm: ins offene Meer hinaus.
    Und es schien, als habe nun alles seine Ordnung und Richtigkeit.

2. Buch
1. Die Rückkehr der Schiffe
    Die Schiffe näherten sich der Lagune wie eine Schar Schwäne, die sich geruhsam auf die Stadt zubewegte.
    Sie fuhren noch als Mude, als Verband, so wie sie die letzten Wochen über die Meere gefahren waren: die mächtige, bauchige Karracke an der Spitze, gefolgt von den hochbordigen, gedrungenen Galeonen mit

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