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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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verschwand, und die Technik trat die Herrschaft an, dann kehrte die Magie wieder, und immer noch lebte er, so alt wie der Sand, durch all die Jahre angetrieben von seinem Streben nach einer vollkommenen Welt.
    Er hatte viele Namen getragen, nun aber nannte er sich Roland. Er hatte über viele Männer geherrscht und war der Liebhaber vieler Frauen gewesen, aber als er meine Mutter traf, wurde sie zur Liebe seines Lebens. Und meine Mutter wollte ein Kind. Jahrtausende waren vergangen, seit Roland das letzte Mal ein Kind gezeugt hatte, denn diese Kinder erbten unweigerlich alle Macht, die in Rolands uraltem Blut steckte, und auch all seine Ambitionen, und Roland hatte schon viel zu viele Kriege ausgefochten, um Kinder zu töten, die gegen ihn aufbegehrt hatten.
    Doch er liebte meine Mutter sehr und beschloss, ihr ein Kind zu schenken, damit sie glücklich würde. Doch schon im zweiten Monat der Schwangerschaft kamen ihm Bedenken. Die Vorstellung ließ ihn nicht mehr los, dass dieses Kind sich ihm widersetzen würde, und er beschloss, es noch im Mutterleib zu töten.
    Meine Mutter aber wollte nichts davon wissen, und je besessener Roland von dieser Vorstellung wurde, desto mehr zog sie sich von ihm zurück.
    Roland hatte einen Kriegsherrn. Sein Name war Voron, was auf Russisch »Rabe« bedeutet. Man nannte ihn so, weil er stets den Tod im Gefolge hatte. Und auch Voron liebte meine Mutter.
    Als Roland einmal fort war, floh meine Mutter mit Voron. Er war bei ihr, als sie mich zur Welt brachte. Einige wenige Monate lang waren die beiden glücklich. Doch Roland stellte ihnen nach, und meine Mutter, die wusste, dass Voron der Stärkere von beiden war, blieb zurück, um Roland aufzuhalten, damit Voron und ich entkommen konnten. Sie stieß Roland einen Dolch ins Auge, dann tötete er sie.
    Damit endete das Märchen, und wir stellten sicher, dass immer ein Messer unter meinem Bett lag, dann ging ich in der Hoffnung schlafen, eines Tages meinen leiblichen Vater zu töten.
    Und wohin wir auch gingen und was wir auch taten – Roland war immer präsent. Er war mein Ziel und der Sinn meines Lebens. Er hatte mir das Leben gegeben, und ich würde ihm das Leben nehmen.
    Ich kannte ihn ganz genau. Voron war ein halbes Jahrhundert lang sein Kriegsherr gewesen und hätte ihm all die Jahre auch weiter gedient, dank Rolands Magie jung und kräftig erhalten, wäre meine Mutter nicht auf der Bildfläche aufgetaucht. Voron gab alles an mich weiter, was er über seinen ehemaligen Herrn erfahren hatte. Ich wusste, wie Roland aussah. Voron hatte mir ein Foto von ihm gezeigt, und ich hatte es mir ganz genau eingeprägt, ehe wir es gemeinsam verbrannten. Ich erkannte sein Gesicht auf den Statuen in alten Geschichtsbüchern wieder und hatte es auch einmal auf einem Schlachtengemälde aus der Zeit der Renaissance gesehen. Ich las auch die wenigen Passagen in der Bibel, die von ihm handelten. Ich kannte seine Statthalter, seine Waffen, seine Macht. Und aufgrund seines Alters war diese Macht ungeheuer. Er vermochte gleichzeitig Hunderte Untote zu lenken. Er handhabte sein Blut wie ein Werkzeug, konnte es nach Belieben verfestigen, um daraus Wunderwaffen oder undurchdringliche Panzerungen zu erschaffen. Es war sein durch und durch verkorkstes Blut, das mir meine Macht verlieh.
    Voron war ein überragender Krieger gewesen. Und er hatte all sein Wissen an mich weitergegeben, hatte mich geschmiedet wie eine Klinge. Werde stärker. Bleibe am Leben. Töte Roland. Bereite dem ein für alle Mal ein Ende. Und halte dich bis dahin im Verborgenen .
    Vier Monate zuvor hatte ich den Entschluss gefasst, mich künftig nicht mehr zu verbergen. Und seither plagten mich Zweifel an diesem Entschluss. Mir fehlte die nötige Kraft und Erfahrung, um mich Roland zu stellen, doch da ich nun in aller Öffentlichkeit tätig war, war unsere finale Konfrontation unvermeidlich geworden.
    Ein Instinkt sagte mir, dass er der Sultan des Todes war. Und das bedeutete: Wenn ich weiterhin an diesem Problemknäuel herumzupfte, lief es womöglich darauf hinaus, dass ich jemandem aus seinem inneren Zirkel begegnen würde. Diese Vorstellung erfüllte mich mit panischer Angst.
    Ich fürchtete mich vor Roland. Doch mehr noch sorgte ich mich um Derek. Und ich sorgte mich um Curran.
    Als ich schließlich vor dem Versteck der Gestaltwandler vorfuhr, war es schon mitten am Vormittag. Ich zog die Plane beiseite. Jim schlief auf den Leichen. Er hatte wieder seine Menschengestalt angenommen und war

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