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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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›Wir werden Luftunterstützung haben.‹«
    Jim fluchte.
    Ich führte ihn in das Haus, in den ersten Raum. Dort stand ein länglicher Steintisch. Auf diesem Tisch lag Saimans Opfer, immer noch in Menschengestalt. Er lag auf dem Bauch, Arme und Beine ausgestreckt. Aus seinem Rücken und seinem Hintern waren Fleischstücke herausgeschnitten und neben ihm aufgeschichtet worden, wie in einer Schlachterei. Ich ging zu der Tiefkühltruhe mit Edelstahlgehäuse, die neben dem Tisch stand. Sie war nicht angeschlossen – es gab in dieser Ruinenstadt keinen Strom – und mit Eis und rohem Fleisch gefüllt. Steaks, Burger-Rohlinge, Rippchen, Schweinskoteletts, Wildbraten – alles übereinandergeschichtet – , in Plastik verpackt, in Papier eingeschlagen oder einfach nur als blutige Klumpen. Ich wies nach links, wo einige längliche Fleischbatzen in einer Ecke lagen. Die Haut auf dem Fleisch war milchkaffeebraun.
    Jim schnupperte daran und wich zurück.
    »Menschenfleisch?«
    »Ja.« Er knurrte und spie seitwärts aus. Ich hatte ganz ähnlich reagiert, als mir klar geworden war, worum es sich hier handelte. Diese Scheißviecher jagten irgendwelche Leute, schnitten sie in Stücke und stopften das Fleisch dann für den späteren Verzehr in eine Gefriertruhe. Wir würden nie herausbekommen, wie diese Person hieß. Oder ob es sich um eine Frau oder einen Mann gehandelt hatte. Irgendwo war jemand eines Tages einfach nicht mehr nach Hause gekommen, und niemand würde je erfahren, was wirklich geschehen war. Ich kriegte das Kotzen, wenn ich nur daran dachte.
    Jim betrachtete den Tisch, auf dem die aus Saimans Opfer herausgeschnittenen Fleischstücke aufgeschichtet lagen. »Kannibalen.«
    »Sie sind Fleischfresser, und als solche nicht wählerisch: Fleisch ist für sie Fleisch. Sie machen da keinen Unterschied. Und da ist noch etwas.«
    Er folgte mir in den zweiten Raum. Dieser war leer und staubig, und nur in einer Ecke lagen ein paar übereinandergeworfene Strohmatten. An einer Mauer war eine Art Wandgemälde angebracht. Es war auf einen breiten braunen Pappbogen gemalt und mit Klebeband befestigt. In leuchtenden Rot-, Grün- und Goldtönen gehalten, begann dieses Wandgemälde mit einer Art Höllenschmiede. Ein Sturzbach aus flüssigem Metall ergoss sich in ein großes Becken in der Bildmitte. An den Wänden standen Ambosse, und Blitze und verbogene Metallwerkzeuge hingen an Haken von der Decke herab. Dunkler Rauch blähte sich, bedeckte die Ränder der Bildes und bildete schließlich einen Rahmen um die Schmiede. Ein dämonisch wirkender Mann wog einen Schmiedehammer in der Hand und betrachtete prüfenden Blicks ein halb fertig geschmiedetes Schwert in seiner anderen Hand. Er war auf monströse Weise muskulös und mit weiter nichts als einer Lederschürze bekleidet. Ein dunkler Vollbart rahmte sein Gesicht, seine Augen glühten rot.
    Die nächste Tafel des Gemäldes zeigte einen Raum, der mit Kissen vollgestopft war. Ein gut aussehender Mann lag entspannt in der Mitte, in ein hauchdünnes Gewand gehüllt und umgeben von nackten Frauen, die Früchte und Blumengirlanden in Händen hielten. Die zarten Gesichtszüge dieses Mannes hatten kaum eine Ähnlichkeit mit denen des verrußten Schmieds, aber der dunkle Bart verriet ihn. Da hatte sich jemand gründlich gewaschen.
    Der dritte Teil des Wandgemäldes war noch unvollendet. Eine hell goldfarbene Grundierung war über zarten Bleistiftumrissen aufgetragen worden. Der gut aussehende Mann aus dem Mittelteil war nunmehr zum Gott geworden: Ihm waren drei weitere Köpfe und sechs weitere Arme gewachsen. Ein Gesicht sah mich an, zwei Gesichter waren im Profil dargestellt, und ein Umriss seines Hinterkopfes deutete auf ein viertes Gesicht hin, das von mir abgewandt war. Norden, Süden, Osten, Westen.
    Zwei große Schwingen gingen von seinen Schultern aus, und dazwischen war, als eine Art Luftspiegelung, eine Stadt dargestellt: ein Meer von eleganten Türmen und Kuppeln, umschlossen von einer hohen Mauer. Der Stil dieses Wandgemäldes deutete auf keine bestimmte Mythologie hin und erinnerte mich eher an einen Comic als an sonst etwas. Die Posen waren stilisiert, die Muskulatur des Mannes sehr übertrieben dargestellt, und sämtliche Frauen hatten einen knackigen Po, unverhältnismäßig lange Beine und vollkommen ebenmäßige, pralle, große Brüste.
    »Klingelt da was bei dir?« Ich sah zu Jim hinüber.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Bei mir auch nicht.«
    Ich nahm das Gemälde von der Wand

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