Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
sich. Er hielt sich am Messer fest wie ein Ertrinkender, der sich an einen rettenden Strohhalm klammerte. In seinen Augen tanzte ein wahnsinniger Schimmer. »Na los, Hure! Na komm schon!«
Der älteste Bluff aus dem Lehrbuch. Leg ein irres Funkeln in deinen Blick, mach den Eindruck, als wärst du zum Kämpfen bereit, dann zieht sich dein Gegner vielleicht zurück. Hallo?
»Es wäre glaubhafter, wenn Sie das Messer richtig halten würden. Sie haben das ganz gut gemacht, bis Sie die Klinge gezückt haben. Jetzt weiß ich, dass Sie keinen blassen Schimmer haben, wie man damit umgeht. Also werde ich Ihnen die Hand abhacken und Ihnen anschließend das Messer in den Arsch schieben müssen, um Ihnen eine Lektion zu erteilen. Nichts Persönliches. Ich muss nur auf meinen Ruf achten.«
Ich zog Slayer. Darin hatte ich jahrelange Übung, und ich zog sehr schnell.
Die zwei Banditen hinter dem Mann mit dem Messer wichen zurück.
Ich betrachtete die Klinge von Slayer. »Schauen Sie mal! Meiner ist größer. Also los, Klingenmeister! Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.«
Der Messermann trat einen kleinen Schritt zurück, machte auf dem Absatz kehrt und zischte ab, als würde sein Leben davon abhängen. Seine Kumpane taten es ihm gleich.
Ich steckte Slayer wieder in die Scheide. Ihr Beinaheopfer rührte sich nicht. Die Augen blickten mich ruhig an, ohne zu blinzeln. Sie waren so dunkel, dass ich keine Grenze zwischen Iris und Pupille erkennen konnte. Die Frau lächelte, die vollen Lippen öffneten sich, und sie lachte. Es war ein kehliges, ehrliches Lachen, etwas zu tief für eine Frau.
Sie lachte nicht über die Schläger. Sie lachte über mich.
»Alles in Ordnung mit Ihnen, Madam?«
Sie ließ nicht erkennen, dass sie meine Worte vernommen hatte.
Ich schüttelte den Kopf und ging weiter. Der Kampfpudel folgte mir. Das Gelächter der Frau hing hinter mir in der Luft. Selbst nachdem wir in eine andere Straße abgebogen waren, konnte ich das Lachen immer noch hören.
»Es spielt keine Rolle, dass sie eine verrückte alte Dame ist«, sagte ich zum Kampfpudel. »Wir müssen trotzdem unseren Job machen.«
Zehn Minuten später traten wir durch die Eingangstür ins Ordensgebäude. Andrea kam die Treppe hinuntergestürmt. Ihre Augen waren weit aufgerissen.
»Jemand ist in Currans Privatquartier in der Festung eingebrochen und hat seine Drückbank zusammengeschweißt. Auch das Schloss an der Tür zum Raum, in den er seine Frauen einlädt, ist zerschmolzen. Warst du das?«
»Er hat immer wieder betont, er würde nicht erwarten, dass ich mich wie ein Gestaltwandler verhalte. Also habe ich es getan.«
»Hast du völlig den Verstand verloren?«
Es ist unhöflich, die beste Freundin anzulügen. »Das wäre durchaus eine Möglichkeit.«
»Du hast ihn herausgefordert. In der ganzen Festung wird über nichts anderes geredet. Er muss Vergeltung üben. Er ist eine Katze, Kate, was bedeutet, dass er sonderbar ist, und er hat noch nie jemanden auf diese Weise umworben. Niemand kann sagen, was er als Nächstes tun wird. Er bewegt sich nicht in derselben Welt wie du. Er könnte dein Haus in die Luft jagen, nur weil er die Idee amüsant findet.«
Ich winkte ab. »Es spielt keine Rolle. Er hat es nicht kapiert.«
Andrea schüttelte ihre blonde Mähne. »Oh nein. Er hat es kapiert.«
»Woher willst du das wissen?«
»Dein Büro riecht nach ihm.«
Ach du Scheiße.
»Kannst du erschnüffeln, was er getan hat?«
Andrea verzog das Gesicht. »Ich kann es versuchen. Aber versprechen kann ich dir nichts.«
*
Mein Büro sah völlig normal aus.
Andrea rümpfte die Nase und sah sich an meinem Arbeitsplatz um. »Er war definitiv hier. Ich würde sagen, vor etwa zwei Stunden.«
Sie schloss die Augen und bewegte sich auf meinen Schreibtisch zu. »Hier hat er eine Weile gestanden.« Sie drehte sich um, die Augen weiterhin geschlossen, und hielt neben meinem Bücherregal inne. »Ja, hier auch.« Sie öffnete die Augen und zog ein Buch vom Ende der Reihe heraus. Auf dem Umschlag prangte die Zeichnung eines Löwen, der auf einem Felsvorsprung stand. »Du liest Bücher über Löwen?«
»Recherche«, erklärte ich. »Zur Selbstverteidigung.«
»Anscheinend hat er es durchgeblättert.«
Und dabei wahrscheinlich in sich hineingelacht.
»Ich bin mir nicht sicher, wie er hereingekommen ist …«, sagte Andrea stirnrunzelnd.
»Durchs Fenster.«
Ihre blonden Augenbrauen zogen sich zusammen, bis sie sich berührten. »Wie kommst du darauf?«
»Die
Weitere Kostenlose Bücher