Stadt der Lüste
Ahnung, wie lange ich hier schon arbeite? Ich habe Lomax mein Leben geopfert.«
»Und dir zusätzlich einhundertzwanzigtausend Pfund und ein Haus unter den Nagel gerissen«, entgegnete Emma scharf. »Als die Lomax-Gruppe nach Victors Tod aufgelöst und die Tochtergesellschaften verkauft wurden, hast du deine Chance gewittert. Es existierten keine Unterlagen über die Konten, du hattest die Kontrolle über die Finanzen, und Catherine war vom Tod ihres Mannes noch zu aufgewühlt, um etwas zu merken. Du bist wirklich ein eiskaltes Biest.«
»Ich möchte nicht, dass dieses Gespräch zu einem Streit eskaliert«, griff Catherine mit ruhiger Stimme ein.
»Hast du mal ausgerechnet, wie viel Geld das ist? Weniger als zweiunddreißigtausend Pfund im Jahr in den letzten sechs Jahren.«
»Du bist immer gut bezahlt worden, Sonia. Victor hat dich in den Rentenfonds einbezogen. Was wolltest du denn noch?«, fragte Catherine.
»Ich habe diese Firma geführt, Catherine, das weißt du genau, und Victor wusste es auch. Er konnte esnatürlich nicht zugeben, aber ihm war klar, dass ich einen besseren Job mache, als du es jemals gekonnt hättest. Alles, was du über diese Firma weißt, weißt du von mir.«
»Und alles, was sie nicht weiß, ebenfalls«, fügte Emma hinzu.
»Das habe ich auch niemals bestritten, Sonia«, sagte Catherine kopfschüttelnd.
»Wann ist Tony mit eingestiegen?«, fragte Emma mit ein wenig neutralerer Stimme als zuvor.
»Er hat seine Eheprobleme lange geheim gehalten, weil es ihm peinlich war. Als seine Frau ihn schließlich verließ, kam er sich vor, als hätte er versagt. Er hat mich wegen des gemeinsamen Hauses um Rat gefragt, keine Ahnung, warum, schließlich kennt er sich in rechtlichen Dingen bestens aus. Wahrscheinlich brauchte er einfach jemanden, dem er sich anvertrauen konnte. Damit hat alles angefangen«, sagte Sonia.
»Und die Seychellen?«, fragte Emma.
Sonia warf ihr einen überraschten Blick zu und lachte dann auf.
»Wir haben überlegt, dort ein Konto zu eröffnen. Wir wussten nicht einmal, ob es überhaupt einen Vorteil bringen würde, aber es erschien uns so glamourös – wie in einem Roman von John Grisham. Letzten Endes war alles, was wir mit nach Hause nahmen, ein Sonnenbrand.«
»Dir ist bewusst, dass ich dich nicht länger beschäftigen kann, oder?«, sagte Catherine.
»Kannst du nicht oder willst du nicht?«, erwiderte Sonia und warf Emma einen Blick zu.
»Sowohl als auch. Ich könnte dich anzeigen, aber das will ich nicht. Geh einfach, und verlange nicht von mir, dir ein Empfehlungsschreiben mitzugeben«, sagte Catherine.
»Und das Geld?«, fragte Sonia.
»Lomax-Fox wird Morgan-Court eine Rechnung für Beraterhonorare ausstellen«, erklärte Emma. »Sobald wir einen guten Buchhalter gefunden haben, rechnen wir aus, welche die steuergünstigste Möglichkeit ist, das Geld wieder einzubuchen. Daher schlage ich vor, dass du die Summe vorerst auf ein Anteilskonto überweist. Ich lasse dir die Einzelheiten zukommen.«
»Und was geschieht mit Tony?«, fragte Sonia.
»Er wird die Firma ebenfalls verlassen, zu den gleichen Konditionen wie bei dir«, antwortete Catherine.
»Und das soll es jetzt gewesen sein, ja?«, fauchte Sonia und sah von Catherine zu Emma. »Glaubt ihr wirklich, dass die Agentur ohne mich überhaupt läuft?«
»Sie wird mit Sicherheit ein bisschen mehr Gewinn abwerfen«, konterte Emma.
»Du hältst dich wirklich für was ganz Besonderes, oder? Ich hab’s mir von Anfang an gedacht. Allein die Art, wie du durch das Büro stolziert bist, als gehöre es dir bereits.« Sonia spie ihr die Worte geradezu entgegen.
»Tja, du hattest zu neunundvierzig Prozent recht, nicht wahr?«, erwiderte Emma in liebenswürdigem Tonfall.
Sonia stand ohne ein weiteres Wort auf und rang merklich nach Fassung.
»Wir werden ja sehen, wie lange es Lomax-Fox noch gibt«, schnaubte sie verächtlich und verließ das Konferenzzimmer.
»Das hat ja hervorragend geklappt«, sagte Emma nach ein paar Sekunden mit Ironie in der Stimme.
»Es hätte sehr viel schlimmer kommen können«, erwiderte Catherine.
»Lomax-Fox?«, fragte Emma mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Ich wollte Sonia ein bisschen ärgern. Offenbar mit Erfolg«, sagte Catherine.
Beide lachten, und die aufgestaute Spannung löste sich langsam.
»Alles Weitere liegt jetzt bei dir, Catherine. Soll ich bei der zweiten Besprechung heute Abend dabei sein?«
»Möchtest du das denn?«, erkundigte sich
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