Stadt unter dem Eis
Art sind auf diesem Kontinent verboten.« Serena beugte sich vor. »Woher wissen Sie das alles?«
»Vor kurzem sind drei amerikanische Spionagesatelliten aus ihrer ursprünglichen Umlaufbahn verschwunden«, erklärte er ihr.
Sie kniff die Augen zusammen. Wie lange war der Vatikan wohl schon dabei, fremde Spionagesatelliten aufzuspüren? »Vielleicht wurden sie ausrangiert oder absichtlich zerstört«, sagte sie.
»Ausrangierte US-Satelliten bleiben normalerweise in der Umlaufbahn«, sagte der Papst genauso selbstverständlich, als sprächen sie über die Auslegung des Neuen Testaments. »Außerdem hätte die Sache mehr Wellen geschlagen als das zweite Vatikanische Konzil, wenn bekannt geworden wäre, dass ein Satellit, geschweige denn drei, ausgefallen ist. Aber selbst von amerikanischen Kongressbeobachtern war nichts zu hören.«
»Leider übersteigt das meine Sachkenntnis, Heiliger Vater«, sagte Serena. »Was ist da Ihrer Meinung nach passiert?«
»Die Satelliten wurden auf Umlaufbahnen gebracht, in denen sie sich langsamer als andere Spionagekameras im All bewegten. Auf diese Weise steht ihnen mehr Zeit zur Verfügung, ihre Ziele zu fotografieren.«
»Ziele?«
»Normalerweise werden militärische Angriffe kurz vor dem Überflug des Spionagesatelliten durchgeführt, sodass der Schaden aufgezeichnet werden kann, bevor der Feind Zeit findet, alles zu vertuschen. Aber nach den jüngsten seismischen Aktivitäten in der Antarktis hat kein uns bekannter Satellit die ursprünglichen Gebiete überflogen. Das bedeutet, dass einer oder mehrere der vermissten Satelliten offenbar Beobachtungsaufgaben übernommen haben.«
»Wollen Sie damit sagen, dass das US-Militär womöglich selbst diese seismischen Druckwellen verursacht?«, sagte sie.
»Genau das sollen Sie herausfinden.«
Serena lehnte sich zurück. Der Papst hatte keine Veranlassung, sie zu belügen. Aber da steckte mit Sicherheit noch mehr dahinter. Warum sonst sollte der Heilige Stuhl ein solches Interesse an einem verlassenen Kontinent haben, auf dem mehr Pinguine als Katholiken wohnten?
»Wollt Ihr mir vielleicht noch etwas sagen?«, fragte sie. »Hat das alles etwas mit Doktor Yeats zu tun?«
Der Papst nickte. »Es sieht so aus, als ob er an der amerikanischen Expedition in der Antarktis teilnimmt.«
Also hatte es doch etwas mit Conrad zu tun! Allerdings in einem völlig unerwarteten Zusammenhang. »Was könnte der amerikanischen Armee ein Archäologe nützen?«
Der Papst schwieg, und Serena begriff augenblicklich, dass der Vatikan sie als Sprachwissenschaftlerin, nicht als Umweltbeauftragte benötigte. Das alles bedeutete, dass die Amerikaner in der Antarktis etwas gefunden hatten. Etwas, was die Sachkenntnis von Archäologen und Sprachwissenschaftlern erforderte. Etwas, was den Vatikan eindeutig erschüttert hatte. Der Papst hatte sich nur deshalb an sie gewandt, weil er keine andere Wahl hatte. Offensichtlich standen die Amerikaner wegen dieser Angelegenheit nicht mit ihm in Kontakt. Was vielleicht nicht geschadet hätte, dachte sie.
»Sie möchten mir etwas zeigen, stimmt's, Heiliger Vater?«
»Ja.« Mit knotigen Händen rollte der Papst die Kopie einer mittelalterlichen Karte auf seinem Schreibtisch aus. Sie stammte aus dem Jahr 1513. »Diese Karte wurde 1929 im Herrscherpalast des ehemaligen Konstantinopel entdeckt. Sie gehörte einem türkischen Admiral.«
»Admiral Piri Reis«, sagte sie. »Es ist die Piri-Reis-Karte.«
»Ach, Sie kennen sie?« Der Papst wiegte den Kopf. »Dann kennen Sie das hier sicherlich auch.«
Er reichte ihr einen alten Bericht der U.S. Air Force vom 6. Juli 1960, Deckname PROJECT BLUE BOOK.
»Das ist mir nicht bekannt«, sagte sie und griff interessiert nach dem dünnen Ordner. »Seit wann hat der Vatikan Zugang zu geheimen Dokumenten des amerikanischen Militärs?«
»Zu diesem Bericht hier? Das ist wohl kaum eine Verschlusssache. Der Nachtrag hier schon eher.«
Sie blätterte die Seiten durch, die vom Chef der kartografischen Abteilung der Air Force Base in Westover, Massachusetts, verfasst worden waren. Die Luftwaffenoffiziere schlussfolgerten, dass die auf der Piri-Reis-Karte eingezeichneten Teile der Antarktis genau die Kronprinzessin-Martha-Küste und die Palmer-Halbinsel darstellten.
Ihr Blick blieb auf der letzten Seite ruhen, wo ein gewisser Lieutenant Colonel Harold Z. Ohlmeyer vom 8. Aufklärungsgeschwader Folgendes geschrieben hatte:
Die geografischen Details auf dem unteren Teil der Karte stimmen
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