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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Greanias
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Mozarts Sinfonie immer lauter wurden. Er ging an einer Putzmannschaft vor dem Labor vorbei, in dem sich der Benben-Stein befand. Die Doppeltür mit der Aufschrift NUR FÜR PERSONAL war hinter einem Tarnfenster verschwunden, das praktischerweise auch noch beschlagen war. Er konnte nur hoffen, dass die Russen nicht so genau hinsahen. Aber wahrscheinlich war das zu viel verlangt. Genau wie seine Hoffnung, dass sie auf wundersame Weise die Dosimeter übersehen würden, die sich auf verschiedenen Schalttafeln befanden und die Strahlung des Atomreaktors auf der Basis maßen. Allein das würde ausreichen, um seiner Karriere ein für alle Mal ein Ende zu setzen, wurde O'Dell klar. Yeats würde ihn umbringen.
    Zwei unbewaffnete Militärpolizisten der Navy warteten an der Luftschleuse auf ihn. O'Dell gab ihnen mit dem Kopf ein Zeichen, worauf sich die schwere Innentür langsam öffnete. Die eisige Luft raubte ihm den Atem. Zwei Männer – der eine korpulent und gedrungen, der andere groß und dünn – stapften herein. Der kleinere nahm die Kapuze ab, und O'Dell blickte auf das hässlichste rotgeschwollene Gesicht, das er jemals gesehen hatte.
    »Ich bin Oberst Iwan Kowitsch«, sagte er triumphierend. Sein Englisch wies einen starken russischen Akzent auf. »Ich würde sagen, Sie befinden sich in großen Schwierigkeiten. Sehr großen Schwierigkeiten.«
    Noch bevor O'Dell antworten konnte, dass die Eisstation Orion lediglich eine harmlose Forschungsstation sei, bekam Kowitsch einen heftigen Hustenanfall. Der schlaksige Begleiter klopfte seinem Vorgesetzten auf den Rücken, bis dieser ihn wegwinkte.
    »Lies vor, Wlad«, befahl ihm Kowitsch und stellte ihn beiläufig vor: »Das ist Wladimir Lenin, Ururenkel von dem großen Lenin.«
    O'Dell schaute interessiert zu, wie der junge Offizier einen verknüllten Zettel aus seinem Parka zog und ihn dann glatt strich. Offensichtlich war dieser Herr Lenin in den Rängen nicht ganz so weit aufgestiegen wie sein Vorfahre. In gebrochenem Englisch sagte er: »Sie haben verletzt Artikel eins internationalen Antarktisvertrag. Militär verboten. Vertrag gibt Recht für uns, Basis zu inspizieren.«
    Der junge Lenin blickte zu Kowitsch. Als dieser nickte, steckte er das Papier wieder weg.
    Kowitsch wandte sich an O'Dell. »Fragen?«
    »Wie viele von euch kommen noch?«
    »Genau so viele Russen wie ihr Amerikaner auf der Basis seid, einschließlich derer, die sich unten in der Schlucht befinden«, sagte Kowitsch.
    »Was ist mit Oberst Zawas und seiner Mannschaft?«
    »Ich hatte gehofft, Sie können uns das sagen. Wir haben nämlich nichts mehr von seiner Einsatzmannschaft gehört. Sie scheint sich in Luft aufgelöst zu haben.«

15
Abstieg, 5. Stunde
    In der Kammer war es mucksmäuschenstill. Yeats sah Conrad an und merkte an dessen Gesichtsausdruck, dass mit den Berechnungen etwas ganz schrecklich schief gelaufen war. Der Nonne war das wohl auch nicht entgangen.
    »Besteht die Möglichkeit, dass du …«
    »Irrtum ausgeschlossen«, sagte Conrad. »Der Südschacht, von dem wir wissen, dass er vor mindestens 12.000 Jahren errichtet wurde, ist so gebaut, dass er sich auf Sirius richtet, so wie der Stern exakt heute am Firmament steht. Entsprechend zeigt der Nordschacht auf Al Nitak, den mittleren Stern im Orion-Gürtel.«
    Das konnte noch nicht alles sein, so viel war Yeats klar, aber Conrad schwieg, und Yeats wusste warum. Auch Serena beobachtete Conrad eingehend.
    »Selbst wenn du mit den astronomischen Zuordnungen Recht hast, warum findet das Ganze ausgerechnet jetzt statt?«, wollte sie wissen. »Glaubst du, dass die P4 was mit den jüngsten Erdbeben zu tun hat?«
    Zu Yeats' Erleichterung gab Conrad keine Antwort darauf.
    »Wir sollten die Eisstation Orion verständigen, bevor wir weitermachen.« Yeats nahm sein Funkgerät und stellte die Frequenz ein. »Eisstation Orion, hier ist Team Phönix.«
    Keine Antwort. Nur ein Zischen und Knacken.
    »Eisstation Orion«, sagte Yeats noch einmal. »Versteht ihr mich?«
    Wieder keine Antwort.
    »Mist. Die Mauern stören wahrscheinlich.«
    »Die Sonde hat vor dem Aufprall noch gesendet. Da haben die Mauern auch nicht gestört«, wandte Serena ein. »Vielleicht ist eure Basis ja verschwunden. Vielleicht hat der Schneesturm sie begraben.«
    »Also wirklich, Schwester Serghetti«, sagte Yeats entrüstet.
    »Doktor Serghetti«, verbesserte sie ihn.
    »Hören Sie mal zu, Doktor Serghetti. Es handelt sich hier um einen Funkausfall, wahrscheinlich wegen des

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