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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Greanias
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dünnen Laserstrahl auf die Wände treffen. Danach las er das Ergebnis ab. »Diese Kammer bildet einen Quader, der genau doppelt so lang wie breit ist«, teilte er den anderen mit. »Und die Raumhöhe ist exakt halb so lang wie die Diagonale des Bodens.«
    »Und was schließt du daraus?«
    »Mit diesem perfekten Rechteck haben die Erbauer den goldenen Schnitt, Phi, dargestellt.«
    »Phi?«, sagte Yeats.
    »Phi ist eine irrationale Zahl wie Pi, die man arithmetisch nicht erfassen kann«, erklärte Conrad. »Ihr Wert ist die Summe aus der Quadratwurzel aus fünf und eins geteilt durch zwei, gleich 1,61.803 auf fünf Stellen hinter dem Komma. Es gibt auch einen Zusammenhang zur Fibonacci-Folge – die Zahlenreihe, die mit 0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13 und so weiter beginnt.«
    »In welcher jede Zahl sich aus der Summe der beiden vorausgegangenen ergibt«, vervollständigte Serena seinen kleinen Vortrag. »Worauf willst du hinaus?«
    »Nur um das zu vervollständigen, das Verhältnis zweier Fibonacci-Zahlen strebt gegen Phi. Also, was ich sagen wollte: Die Erbauer haben nichts dem Zufall überlassen. Jeder Stein, jeder Winkel, jede Kammer wurde systematisch und mathematisch für einen höheren Zweck geplant.« Conrad sah ihr in die Augen, was bei ihr ein Kribbeln verursachte. »Und das hier ist nicht nur das älteste und größte Bauwerk unseres Planeten, es ist auch das perfekteste.«
    Sie schluckte. »Das bedeutet?«
    »Das bedeutet, dass es kein Werk von Menschenhand ist.«
    Serena beobachtete ihn genau. Sie war sich sicher, dass er genau wusste, wovon er sprach. Seine herausragende Intelligenz beeindruckte sie. Selten traf sie auf einen Mann, der klüger als sie war. Nur war Conrad vielleicht intelligenter, als ihm gut tat. Wie die Genies, die im Zweiten Weltkrieg von den Amerikanern benutzt worden waren, um die Atombombe zu bauen. Er war sich seiner zu sicher. Er liebäugelte offensichtlich damit, etwas in der P4 zu finden, mit dem er sich seinen Platz in der Geschichte sichern konnte.
    Yeats würde das allerdings niemals zulassen. Sein kalter, versteinerter Gesichtsausdruck sagte ihr, dass Conrad für ihn sehr wohl wieder entbehrlich sein würde, sobald er seinen Zweck erfüllt hatte. Vielleicht nicht als Pflegesohn, aber sicherlich als Archäologe. Deshalb machte sie sich mehr Sorgen über das, was Conrad für sich behielt, als über das, was er sagte.
    »Du kommst also zu dem Schluss, dass die P4 außerirdischen Ursprungs ist?« Sie schüttelte den Kopf. »Die Leichen im Eis waren sehr wohl Menschen. Laut Yeats haben die Laborergebnisse der Autopsie das bestätigt.«
    »Das heißt noch lange nicht, dass diese Leute die P4 auch gebaut haben«, sagte Conrad. »Dieses Ding hier war womöglich schon lange vorher da.«
    Es störte sie, dass er von ›diesem Ding‹ sprach. Die P4 war kein einfaches Ding. Es war immerhin eine Pyramide. Ohne Inschriften war sie allerdings nicht in der Lage, diesem Bauwerk die ihm gebührende Bedeutung beizumessen beziehungsweise mit Conrad darüber diskutieren zu können. »Woher willst du das so genau wissen?«
    »Hab Vertrauen.« Conrad durchquerte den Raum zu dem gegenüberliegenden Schacht. Dort angekommen, zog er ein handgroßes Gerät aus dem Gürtel.
    »Was machst du da?«
    »Ich setze meinen astronomischen Simulator in Gang.« Conrad drückte einen Knopf, und auf dem Display erschien eine Grafik. »Der Nordschacht, also der, durch den wir gekommen sind, besitzt einen Neigungswinkel von 38 Grad und 22 Minuten. Der Südschacht einen von 15 Grad und 30 Minuten.«
    Serena ging zu ihm hinüber. »Da komm ich nicht mit.«
    »Vergiss nicht, dass die Pyramide möglicherweise ein Meridian-Instrument zum Bestimmen der Sterne ist.« Conrad schaute auf das Display. »Die Schächte in der Königskammer der Cheopspyramide beispielsweise sind auf Orion und Sirius ausgerichtet. Ich vermute, dass die Schächte den hiesigen hier nachgebaut wurden. Wir brauchen die Schächte nur mit den verschiedenen Himmelskoordinaten zu vergleichen, wie sie im Verlauf der Zeit bestanden haben, und haben dann die exakte …« Conrad hielt abrupt inne. Er starrte auf das Display.
    »Und weiter?«, sagte Serena.
    »Warte.« Conrad runzelte die Stirn. »Da kann was nicht stimmen.«
    »Was ist los?«
    »Was gibt es, Conrad?«, fragte Yeats, der mit der Taschenlampe immer noch den Südschacht ableuchtete.
    »Die Neigung des Schachtes zielt auf die Position bestimmter Sterne, wie sie in einer bestimmten Epoche bestanden

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