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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Greanias
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Auf jeden Fall bin ich mir ziemlich sicher, dass dieses Ding hier eine ganze Menge Maser- und Laserpotenzial in sich hat, dessen Mikrowellen wiederum eine gewaltige Beschleunigung und den Antrieb der Segel erzeugen.«
    »Sie scheinen ja tatsächlich selbst zu glauben, was Sie da sagen, Yeats. Wie lange werden wir denn unterwegs sein?«
    Yeats überlegte. »Bei normaler Geschwindigkeit ungefähr ein Jahr.«
    Ein Jahr?, dachte Serena. »Bei dieser Geschwindigkeit würden wir den nächsten Stern …«
    »… irgendwann in einem Zeitraum zwischen 250 und 6.600 Jahren erreichen.«
    Serena wollte gar nicht wissen, wie lange es dauern würde, bis sie im beabsichtigten Sonnensystem ankämen. Ganz zu schweigen davon, wer sie dort begrüßen würde. »Haben Sie sich schon überlegt, wie wir bis dahin am Leben bleiben?«
    »Ja.«
    Yeats steckte das Zepter in die Wand. Die Tür öffnete sich und gab den Blick in eine Kammer frei, in der kühler Nebel waberte. Serena starrte hinein und entdeckte in der hinteren Ecke so etwas wie einen offenen Sarg. Er hatte die Umrisse einer wohlgeformten Frau, die ungefähr Serenas Statur besaß.
    »Sieht so aus, als ob die Erbauer an alles gedacht hätten«, sagte Yeats. »Willkommen in Ihrer Eisgruft.«
    Bei Serena funkte es erst, als ihr klar wurde, dass Yeats von ihr erwartete, sich in diesen Kühlschrank hineinzulegen. Sie erstarrte und weigerte sich, in die Kammer einzutreten. Dann spürte sie eine feuchte Hand an ihrem Hals. Nicht um alles in der Welt würde sie dort hineingehen.
    »Sie zuerst«, sagte sie. Sie trat Yeats mit dem Absatz fest auf die Zehen und stieß ihm den Ellbogen in den Unterleib.
    Yeats stöhnte auf. Serena vollführte eine Drehung, trat mit dem Knie nach und versetzte ihm mit einer Doppelfaust einen heftigen Schlag auf den gekrümmten Rücken. Sie rappelte sich auf und rang nach Luft. Yeats ließ den Kopf hochschnellen und schlug gegen ihre Kinnlade, sodass ihr die Unterlippe platzte. Er richtete sich wieder auf. Serena taumelte rückwärts in die Kammer. Yeats hob den Kopf. In dem matten Licht kamen seine kalten, toten Augen zum Vorschein. Er hielt eine Pistole auf sie gerichtet.
    »Sie können Ihr Gutenachtgebet aufsagen, Schwester.«
    Mit ganzer Kraft quetschte Yeats sie in den Sarkophag, der sich wie Lehm um sie legte. Sie spürte, wie ein kaltes Kribbeln in ihr aufstieg. Es fing im Kreuz an, raste die Wirbelsäule hoch und breitete sich dann explosionsartig im ganzen Körper aus.
    Plötzlich wurde alles taub. Sie war jetzt ganz ruhig, fast leblos, spürte aber noch ihren Herzschlag. Bald wurde auch der immer schwächer. Yeats schlug die Tür zur Grabkammer zu, und dann spürte sie gar nichts mehr.

33
Tagesanbruch minus 20 Minuten
    Als die mächtigen Steuerraketen der Sonnenbarke zu summen anfingen, spürte Conrad – der immer noch an die Säule gefesselt war –, wie die Wände der Rampe vibrierten. Die ölige Luft im Schiff sickerte nach außen und legte sich über ihn. Er merkte, wie sich alles aufheizte. Die Dachöffnung des versunkenen Heiligtums gab den Blick auf den bedeckten Himmel frei. Dann wurde die Öffnung größer, und Geröll und Felsbrocken fielen herab.
    Conrad schloss die Augen, um sie vor dem herunterwirbelnden Staub zu schützen. Dann blickte er blinzelnd in den höhlenartigen Abschussschacht. Einen Moment lang konnte Conrad vor Rauch und Wirrwarr das Raumschiff nicht mehr sehen und fürchtete schon, dass es bereits abgehoben hatte. Dann teilte sich der Rauchvorhang, und sein Blick fiel auf das unwirkliche Bild der schimmernden Sonnenbarke. Auf dem Boden lag eine Kalaschnikow, die einer von Zawas' Soldaten bei ihrem panikartigen Rückzug offenbar hatte fallen lassen. Aber das Sturmgewehr lag mehr als zehn Meter weit entfernt und nutzte ihm deshalb in seiner momentanen Zwangslage rein gar nichts.
    Es roch nach Rauch. Seine Augen fingen an zu brennen, seine Nase kribbelte vom Ruß. Er versuchte vergebens, sich zu befreien, und hustete in der rauchigen Luft. Ob nun mit oder ohne das Geheimnis der Urzeit, sagte er sich, das Zepter des Osiris war seine einzige Chance, die Sternenkammer in der P4 neu einzustellen, um dadurch die Erdkrustenverschiebung zu verhindern. Aber das Zepter war im Raumschiff. Er musste sich irgendwie befreien, um es sich zurückzuholen, bevor die Sonnenbarke abhob und ihn bei lebendigem Leib verbrannte.
    Der Gedanke an Feuer erinnerte ihn an das Zippo-Feuerzeug, das Yeats ihm überlassen hatte. Es befand sich noch in

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