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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Greanias
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Handfesseln. Voller Verzweiflung merkte er, wie die Sonnenbarke mit Serena und dem Obelisken an Bord zum Leben erwachte. Der Start stand unmittelbar bevor.
    ***
    Im Inneren der Sonnenbarke befand sich Serena mit Yeats auf einer runden Plattform, die von vier wunderbar goldenen Lichtsäulen umgeben war. Jede dieser Säulen vibrierte vor Energie. Yeats, der immer noch die Fernbedienung für die Sprengstoffzünder in der Hand hielt, legte diese zusammen mit dem Zepter auf den Boden. Plötzlich stieg die Plattform in den kühlen Nebel auf.
    »Yeats, wenn wir die Sternenkammer nicht neu einstellen, wird sich die ganze Erde verschieben«, sagte Serena. Wut und Verzweiflung schwangen in ihrer Stimme mit. »Milliarden Menschen werden sterben. Sie können nicht einfach so losfliegen.«
    »Es gibt jetzt keinen Weg zurück mehr«, sagte Yeats abschätzig. Sein Blick war starr auf die Kammer über ihnen gerichtet. »Sie haben ja gehört, was Conrad gesagt hat. Was immer das Geheimnis der Urzeit ist, wir werden es todsicher nicht auf der Erde finden. Damit die Menschheit nicht untergeht, sind wir geradezu verpflichtet abzuheben.«
    Sie sah ihn an. Sein Gesichtsausdruck war der eines hochmütigen, selbstgefälligen Kriegers, der sich von niemandem aufhalten lassen würde. Fest entschlossen funkelten seine Augen im dämmerigen Licht der vier Säulen. Zorn stieg in ihr auf – diese völlige Missachtung der Menschen, die drauf und dran waren, ihr Leben zu verlieren.
    »Warum sind Sie sich überhaupt so sicher, dass wir starten können?«
    »Wir befinden uns hier in einer Art sonnenbetriebenem System«, sagte Yeats. »Diese gewaltigen Säulen sind ein Teil von vier unglaublich langen sonnenbetriebenen Rotorblättern. Wie die eines Helikopters, nur noch viel größer. Sobald wir auf der Flugbahn in den Weltraum sind und aus der Erdatmosphäre austreten, werden sie sich auffächern und das Sonnensegel ausrollen.«
    Auf eine verrückte Art und Weise schien das alles logisch zu sein. Sie war offenbar schon gänzlich in Yeats' Gedankenwelt eingedrungen. Egal, wie wahnsinnig der ehemalige Astronaut war, er befand sich jedenfalls auf sicherem Terrain, und sie war in diesem Fall die Außenstehende.
    »Wenn das Segel erst mal aufgezogen ist«, fuhr Yeats fort, »funktioniert es wie ein Spiegel mit hoher Reflexion. Wenn die Photonen auf die Oberfläche treffen, erzeugen sie durch Druck den Antrieb für das Segel. Je größer das Segel, umso größer die Kraft. Wir können den Spiegel in unterschiedliche Richtungen neigen, um die Antriebskraft auf diese Weise dorthin zu lenken, wo wir sie haben wollen.«
    »Sie wollen doch nicht etwa behaupten, dass Sie dieses Ding steuern können?«
    »Doch, und zwar wie Kolumbus seine Pinta«, erwiderte er. »Ich bin mir sicher, dass alle Daten – Laufbahnbestimmung, Stabilisierungswerte und Geschwindigkeitskontrolle – in dem Navigationssystem des Raumschiffs gespeichert sind.«
    Serena schwieg. Die Plattform rastete ein. Mit der Spitze des Obelisken schob Yeats sie einen langen Gang hinunter, der an einer Metalltür mit eigenartigen Inschriften endete.
    »Warum hätten sie das Schiff ausgerechnet so bauen sollen?«, hörte sie sich fragen. Sie musste ihn am Reden halten, sie musste Zeit gewinnen, damit sie sich überlegen konnte, wie sie ihn vom Starten abhalten konnte.
    »Das können Sie die selbst fragen, wenn wir erst mal da sind. Vermutlich wurde das Schiff als eine Art Rettungsboot gebaut, das mit minimaler Energie weite Entfernungen überbrücken sollte. Das ist ja gerade das Schöne an diesem Schmuckstück: geringe Schubkraft, aber unendliche Antriebskraft, weil es keinen Treibstoff braucht. Das Sonnensegel ist das perfekte Antriebssystem für Reisen durchs All.«
    »Abgesehen davon, dass es das Sonnenlicht braucht«, bemerkte Serena, »das uns aber nicht mehr zur Verfügung steht, sobald wir das Sonnensystem verlassen. Dann schunkeln wir in einem Segelboot aufwindstiller See.«
    Yeats blieb an der Tür stehen und sagte: »Dann kommt die Schwerkraft zum Zuge.«
    »Wie bitte?«
    »Ja, so werden wir ohne Licht vorankommen«, sagte er. Er sprach so ruhig und vernünftig, dass sie Angst bekam und gleichzeitig wütend wurde. »Wir fliegen ganz dicht um den Jupiter herum, sodass wir seine Schwerkraft nutzen können, um uns in eine schnellere Laufbahn in Richtung Sonne zu katapultieren. Dann werden wir um die Sonne geschleudert und legen beim Austritt aus dem Sonnensystem weiter an Geschwindigkeit zu.

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