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Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Titel: Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fromm
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Erneuter Applaus.
    »Hören Sie auf mit dem Theater!« Der Leutnant riss Fritz das Glas aus der Hand. »Was fällt Ihnen ein?«
    »Ihr vorlauter Freund hat Ihnen das Leben gerettet, Sie Idiot«, zischte Roschmann leise. »Zumindest Ihre hübsche Visage und die schöne Uniform.« Seinen Männern rief er zu: »Wollen wir dafür sorgen, dass unsere Helden endlich an die Front kommen? Wir bedanken uns für die vorbildliche Zusammenarbeit.« Mit übertriebener Höflichkeit wies er auf einen seiner Lastwagen. »Darf ich bitten, Herr Leutnant?«
    Die SD-Einsatzgruppe stimmte grölend das schöne deutsche Lied »Muss i denn, muss i denn zum Städele hinaus« an. Die SD-Männer hatten die Pioniere offenbar ins Herz geschlossen.
    »Wo kommt ihr her, ihr Kampfsäue?« Einer der Männer ließ seinen übermüdeten Arm schwer auf Rollos Schultern fallen. »Ich komm aus Bamberg. Gasthof zum Hirsch, nach ’m Endsieg, auf’n Fass Bier!«
    Sie stiegen auf den Lastwagen, zwei SD-Männer kletterten ins Führerhaus. Hans von Wetzland starrte auf das brennende Dorf.
    »Ich kann nur hoffen, dass der Name der Wehrmacht mit diesem Haufen Dreck niemals in einem Atemzug genannt wird!« Er versuchte, ein Konzept für sich zu finden. »Gerade wegen dieser unglaublichen Missstände ist es umso wichtiger, dass durch unseren bedingungslosen Einsatz an der Front der Krieg so schnell wie möglich beendet wird.«
    »Ja, sicher, Herr Leutnant«, stimmte Edgar niedergeschlagen zu. »Muss i denn« war bisher sein Lieblingslied gewesen. Er glaubte nicht, dass er es je wieder würde singen können.
    Im Rücken des anfahrenden Lastwagens leuchtete die Morgensonne und tauchte die Szenerie in ein unangemessen schönes Licht.

 
     
     
     
     
     
    7
     
     
    A lle Unternehmungen, endlich an die Front zu gelangen, gestalteten sich schwieriger als gedacht. Züge, die dringend erwartet wurden, kamen nie an, engstirnige Zahlmeister weigerten sich, Verpflegungen an eine »unvollständige Einheit« auszugeben, ein Hauptfeldwebel mit chronischer Bronchitis verlangte Marschbefehle zu sehen, die bei dem Überfall verbrannt waren, und verbrachte den Rest des Tages und die halbe Nacht damit, hustend mit dem Regimentsstab zu telefonieren und neue Papiere anzufordern; denn in der deutschen Wehrmacht herrschte Ordnung, ohne Papiere war man nichts und durfte nichts, nicht einmal an die Front fahren und sterben.
    Dass es Leutnant von Wetzland nicht unterlassen konnte, sich überall aufs Heftigste über die unglaublichen Vorgänge hinter der Front zu beschweren, trug nicht s zur Beschleunigung dieser Vorgänge bei. Man zuckte mit den Achseln, erklärte sich für nicht zuständig, empfahl ihm, eine Eingabe zu machen, und tippte sich hinter seinem Rücken gelegentlich an die Stirn. Die beiden anderen Leutnants kommentierten seine Empörung nicht ohne Schadenfreude. Jeder müsse eben seine Erfahrungen machen.
    Schließlich bekam seine Einheit den neuen Marschbefehl, und der Leutnant durchquerte am nächsten T ag mit den Resten des 125sten Pionierbataillons in einem offenen Güterzug das Städtchen Morosowsk, holperte im Frühnebel über die Tschir und am Nachmittag hinter einem Nest namens Ryschkow über den Don.
     
    Am Arsch der Welt.
    Fritz zog sich frierend die restlichen Fetzen seiner so nnenverbrannten Haut ab. Letzte Erinnerungen an Italien. Zu allem Überfluss begann es auch noch zu nieseln. Alle waren todmüde, aber keiner traute sich zu schlafen. Jedes Mal wenn der Zug ruckte, rissen sie angstvoll die Augen auf. Sahen zerfetzte Pferde und Menschen. Abends krochen sie mit feuchten Klamotten unter einer Zeltplane zusammen. Wenn man nur endlich da wäre!
    Rollo sah den Feuerschein über dem Horizont als Erster. Der Mond wirkte dagegen klein und blass. Die Luft schmeckte nach Rauch.
    Rollo grinste. »Dort wird’s uns wenigstens wieder warm.«
    Keiner hatte Lust zu antworten. Mit quietschenden Bremsen rollte der Zug in den Bahnhof von Woroponowo ein. Endstation.
    Die Ruinen von Stalingrad lag en vor ihnen. Gelegentliches Geschützfeuer. Vereinzelt stiegen Leuchtkugeln in den Himmel. Mit steifen Gliedern stiegen sie aus, ihre Stiefel versanken im Schlamm, sie kämpften sich an einer Kolonne russischer Kriegsgefangener vorbei zur Ortskommandantur. Einer der Russen fiel vor ihnen in den Schmutz. Er hatte keine Schuhe mehr.
    »Ich sag’s euch ja, der Iwan ist fertig«, sagte Rollo.
    In der Ortskommandantur erfuhren sie, dass sie im Abschnitt der 305. ID bereits seit einer

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