Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Titel: Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fromm

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Widerstand war nur noch schwach. Einige Russen, die im Keller überlebt hatten, brachten da s Kunststück fertig, sich zu ergeben, ohne massakriert zu werden. Sie wurden von zwei Leichtverwundeten nach hinten geführt.
    Plötzlich feuerte jemand auf Rollo, der sich fluchend in Deckung warf. Was ballerten die noch durch die Gegend, wenn längst klar war, dass sie verloren hatten?
    Er sah den Schatten einer Bewegung, wollte zurückschießen, doch seine MPi tat keinen Muckser mehr. Fritz kam ihm zu Hilfe, sein Feuerstoß trieb die Russen in die Deckung zurück. Rollo stellte erstaunt fest, dass Fritz eine russische MPi in den Händen hielt.
    »Ist besser als unser Scheiß. Versagt nie, sagt der Opa.«
    Rollo nahm sie ihm wortlos aus der Hand und schoss damit auf einen Russen, der den Leutnant und Feldmann unter Feuer genommen hatte. Der Russe sackte zusammen.
    »Stimmt. Hätt ich den Affen gar nicht zugetraut.«
    Sie blieben vor einem der letzten Widerstandsnester in der Halle liegen. Ihre Handgranaten prallten an dem bunkerartig ausgebauten Kontrollhäuschen ab. Hauptmann Musk selbst gelang es schließlich, eine Granate direkt in die Schießscharte zu werfen. Er brach damit den letzten Widerstand des Feindes und sicherte sich die uneingeschränkte Bewunderung seiner Soldaten. Selbst Fritz musste ihm Anerkennung zollen.
    »Der Halbe hat’s wirklich drauf!«
    Rollo nickte. Kein schlechter Spitzname für den Alten.
    Musk drückte ihnen sein e knappe Anerkennung im Vorübergehen aus. »Gut gemacht, Männer. Weiter.«
    Fritz wartete, bis er außer Hörweite war. »Und ich hab gedacht, wir sind für heute fertig …«
    Rollo wandte sich an Bubi, der unvorsichtigerweise von Wölks Sicherungskompanie bis zu ihnen aufgerückt war, und wies auf einen toten Russen, dessen Kopf nur noch blutiger Brei war. »Nimm seine Spritze, wenn du schon hier vorn rumhüpfen musst.«
    Bubi zögerte, starrte den Toten an, war sichtlich kurz davor, sich zu übergeben.
    Rollo wiederholte scharf den Befehl. Bubi nahm die MPi mit abgewandtem Gesicht. Rollo schickte ihn barsch wieder nach hinten. Der Kleine lief mit zitternden Knien zurück, und Rollo sah ihm zufrieden nach.
    »Damit hab ich ihm vielleicht das Leben gerettet«, sagte er zu Fritz.
    Der nickte und hielt sich, wie bisher, hinter ihm.

    Während Haller den Kampfgruppengefechtsstand in die eroberte Halle verlegte, schloss seine Kompanie zu den beiden Sturmkompanien auf. Die Pioniere rückten in einer losen Linie weiter vor. Wölk folgte mit der Infanterie in einigem Abstand.
    Hans von Wetzland stellte erfreut fest, dass der Hauptmann plötzlich neben ihm ging.
    »Sie sind ja ein Meisterschütze, Herr Leutnant.«
    »Danke, Herr Hauptmann.«
    Hans freute sich über das Lob. Er hatte sicher und schnell getötet. Seine Opfer hatten nicht gelitten. Das gab ihm ein gutes Gefühl. Das und die Gewissheit, andere Menschen töten zu können, ohne dass es ihn belastete. Er fühlte, dass er in den letzten Minuten reifer geworden war, die Ahnung seiner Berufung hatte sich bestätigt.
    In der Deckung eines Mauervorsprungs breitete Musk seine Karte aus. »Die Sache hat so reibungslos geklappt, dass wir vom Stab den Befehl erhalten haben, auch noch dieses Haus zu nehmen. Schicken Sie eine Infanteriegruppe zur Aufklärung vor. Die Leute kennen sich hier besser aus.«
    Zuversichtlich rückte das Bataillon Musk einige Meter weiter vor. In Stalingrad wurde so etwas vom Generalstab zu diesem Zeitpunkt bereits als schöner Erfolg bezeichnet.






    13


    D ie Russen hatten sich offenbar zurückgezogen, und sogar die Sonne war herausgekommen und trocknete den Dreck auf den Uniformen. Während sich die feindliche Artillerie auf ihren Ausgangspunkt, die Halle eins von Roter Oktober, und ihr erstes Tagesziel, Halle vier, einschoss, pirschte sich das Bataillon, Hausmauern und Ruinen als Deckung nutzend, vorsichtig Meter für Meter weiter vor. Jedes Zimmer, jeder Keller musste durchsucht werden, um sich den Rücken freizuhalten. Von entscheidender Bedeutung war, die drei Pionierkompanien immer wieder auf eine Linie zu bringen, während Wölks Infanteristen nach hinten absicherten. Hauptmann Musk führte den Vorstoß persönlich.
    »Der Alte geht wirklich mit vor«, flüsterte Edgar, »und das mit nur einem Arm!«
    »Er hat ja zwei Füß’.«
    Rollo und Edgar sahen Fritz stra fend an. Dieser ließ Rollo großzügig den Vortritt bei der Durchsuchung eines Holzschuppens. Rollo stieß sein