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Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Titel: Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fromm
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Bajonett in einen durchnässten Sack Mehl.
    »Halt Abstand vom Dicken. Wenn’s ihn erwischt, ersaufen wir in sei’m Fett!«
    Auch bei der Nachhut keimte verhaltene Heiterkeit auf. Forster hatte alle Hände voll zu tun, um den Haufen zusammenzuhalten. Bubi hatte seinen ersten Schock überwunden und trug eine Sonnenbrille mit Zeiss-Umbra-Gläsern, ein Geschenk seiner Schwester. Dieter versuchte sie ihm für eine halbe Stunde gegen zwei R6 abzuhandeln. Bubi lehnte ab; er war noch Nichtraucher. Provozierend lange starrte er auf jede Leiche. Durch die Gläser der Sonnenbrille war es nicht so schlimm.
    An der Spitze des Stoßtrupps war es ruhig. Der Feind war in der Nähe, nur sehen konnte man ihn ni cht. So wie sie letzte Nacht gefroren hatten, schwitzten sie nun. Rollo wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. War ja fast so schlimm wie in der Wüste! Verdammte Schinderei. Wo waren bloß diese Scheißrussen? Wahrscheinlich längst über die Wolga getürmt, und sie krochen ihnen auf allen vieren hinterher.
    Musk schickte sie per Hand zeichen zur Erkundung der nächsten Seitenstraße vor. Gebückt schlichen sie einen brusthohen Bretterzaun entlang. An der Ecke, hinter einer Ruine angekommen, benutzten sie einen einfachen Trick. An einem Stock schob Edgar einen deutschen Stahlhelm in Kopfhöhe um die Ecke, während Rollo, flach auf dem Boden liegend und die MPi im Anschlag, vorsichtig um den Pfosten linste. Was sie sahen, konnten sie zunächst kaum glauben: fünf Kinder, die friedlich mit einem Stoffklumpen Ball spielten.
    Musk und Leutnant von Wetzland winkten ihre Untergebenen in eine gegen Feindeinsicht schützende Ruine.
    Rollo entdeckte in einer Ecke eine mit herabgefallenem Putz bedeckte Schallplattensammlung. Unter Musks strengem Blick stellte er eine Plattenhülle, die den Bauchnabel einer rassigen Tartarin zeigte, wieder zurück. Feldmann bat währenddessen darum, die Kinder aus der Kampflinie bringen zu dürfen.
    Musk schüttelte den Kopf, wies mit der Hand in die andere Richtung. »Das wird nicht nötig sein. Das ist unser Haus.«
    Die Soldaten folgten seiner Hand und blickten fassungslos auf die Ruine eines u-förmigen Häus erblocks mit mindestens zweihundert Fensterhöhlen. Es handelte sich um die ehemaligen Verwaltungsgebäude der Fabrik.
    F ritz schluckte. »Haus ist gut!«
    »Vielleicht steht’s leer«, murmelte Rollo.
    »Und die Russen haben die Betten frisch überzogen.«
    Musk suchte das Gelände mit dem Feldstecher ab, von Wetzland und Pflüger folgten seinem Beispiel.
    »Nichts zu sehen, Herr Hauptmann«, meldete Pflüger.
    »Das ist immer verdächtig. Äu ßerste Ruhe, volle Deckung. Aufklärer vor. Melder!« Er telefonierte und bat dringend um Artillerieunterstützung zur Einnahme des Blocks, bekam aber keine. Daraufhin forderte er fünf Sturmgeschütze und bekam zwei.
    Pflüger meldete das Ergebnis der Aufklärer. Bis zum Zielobjekt alles frei. Musk befahl ihm mit einer unwilligen Handbewegung zu schweigen. Ihm war völlig klar, dass die Russen sie in eine Falle locken wollten. Das hatten sie oft genug mit Erfolg praktiziert. Aber sie rechneten nicht mit den Sturmgeschützen. Auf die kam alles an.
    »In genau zehn Minuten, Planquadrat Cäsar zwo, Hauptstraße, Ecke erste Seitenstraße vor Block 48«, sprach er ins Telefon. »Und vielen Dank, Gruß, Herr Major.«
    Er widerstand der Versuchung, den Hörer auf den Apparat zu werfen, und koordinierte den Angriff seiner vier Kompanien über den Bataillonsgefechtstand, wo ihm Oberleutnant Haller, aus tiefstem Herzen dankbar, nicht an dem Vorstoß teilnehmen zu müssen, als fähiger Organisator zur Verfügung stand.
    Währenddessen beobachtete Feldmann die spielenden Kinder durch die Ritzen der Bretterwand. Er dachte an seine Frau und seine Tochter zu Hause und was sie für Augen machen würden, wenn er die Negerpuppe aus seinem Tornister holte. Der Krieg war plötzlich sehr weit weg.
    Inzwischen hatte auch die Nachhut den Bretterzaun erreicht. Die Kinder kamen spielend immer näher heran. Plötzlich flog ihr Lumpenball über die Bretterwand, direkt vor Feldmanns Füße. Feldmann bückte sich danach.
    Rollo sah es aus den A ugenwinkeln. »Nicht, du Idiot!«
    Feldmann hörte nicht. Er richtete sich auf und warf den Stoffklumpen zurück. Forster lief gerade als Letzter den Zaun entlang. Zwischen den Kindern flog ein Schachtdeckel auf. Rollo brüllte. Der Leutnant riss Feldmann hinter die Ruine zurück.
    Eine MPi-Garbe fetzte aus dem

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