S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
Obwohl diesem Naturschönling mit dem braun-schwarzen Zopf die nächtlichen Fechtereien eines Liebhabers mit Sicherheit vertrauter waren als Kneipenschlägereien. Er hatte etwas von Antonio Banderas und bestätigte das Klischee, dass Kinder von Eltern unterschiedlicher Volksstämme besonders hübsch werden. Seine russische Mutter war mit Sicherheit eine Prostituierte oder Stripteasetänzerin gewesen, bevor sie den mexikanisch-indianischen Vater kennenlernte, und sie war gewiss auch ansehnlich gewesen.
Camacho holte beim Kämpfen weit aus und nutzte seinen natürlichen Vorteil — seine langen Arme —, um den Gegner auf Abstand zu halten. Astronom hatte ihm mal einen Schlag auf die Augenbraue verpasst, aber seitdem war keiner mehr an Camachos Gesicht herangekommen, egal wie sehr sich derjenige auch bemühte.
Mischa Pustelga steckte mitten in der Meute und mischte nur ab und zu zwischen zwei Kämpfern ein wenig mit — das bestätigte meinen ersten Eindruck von ihm voll und ganz. Zu seiner Ehre musste aber auch gesagt werden, dass er es immerhin schaffte, sich immer noch auf den Beinen zu halten — was aber vermutlich daran lag, dass die Stalker ihn als Gegner gar nicht ernst nahmen und lieber gegen Sam oder Martin kämpfen wollten.
Mit den Vieren verlief also alles ganz so, wie erwartet, wer mich allerdings richtig positiv überraschte, war Stezenko. Vom plötzlichen Angriff überrascht, schaffte er es schnell, den verrückten Stalker von sich wegzustoßen und ihn auf Abstand zu halten. Waschbär schlug wie ein Verrückter und mit unglaublicher Geschwindigkeit um sich.
Stezenko bewegte sich dermaßen sicher, präzise und richtig, dass ich für einen kurzen Augenblick den Verdacht hegte, er wäre einmal Mitglied irgendeines Spezialdienstes gewesen und hätte es auf der Karriereleiter relativ weit nach oben geschafft. Allerdings passte das kaum mit den Lederbändern und dem lustigen orangefarbenen Zeichen zusammen.
Es sei denn, er arbeitete verdeckt.
Ich erinnerte mich an den zufälligen Sieg Pustelgas über Fliege und spielte nachdenklich mit meiner Oberlippe.
Zufällig? Von wegen. Zufällig werden nur Katzen geboren.
Die profimäßige Haltung, die Mischa einnahm, bevor er Fliege über das Becken warf, mochte sonst jemand mit den dilettantischen Versuchen eines Vollidioten verwechseln. Doch ich — früherer Bataillonstrainer im Nahkampf — bestimmt nicht.
Aber wenn das stimmt, warum spielt er dann hier den Hilflosen? Ist er der geheime Leibwächter von Stezenko? Auf was lasse ich mich da eigentlich ein, verdammt noch mal? Jedenfalls werde ich die beiden im Auge behalten müssen, so wie den Rest auch.
Als Chrap und Goblin sich in die Mitte der kämpfenden Meute begaben, hörte die Schlägerei kurz darauf unweigerlich auf. Zuletzt zerrten sie Sjip und Mönch voneinander weg und fingen an, die Tische wieder aufzustellen.
Das Erste, was Donahugh nach der Schlägerei zu mir sagte, während er über seine aufgeplatzte Lippe leckte, war: „Haben wir Sie sehr verärgert, Hem?"
„Nein, nicht sehr." Ich zuckte die Schultern. „Das ist hier so eine Art Begrüßungsritual, eine alte Tradition — messen Sie dem Ganzen nicht zu viel Bedeutung bei."
Und tatsächlich, nach der Schlägerei fand eine Kennenlernrunde statt, an der meine Kunden hocherfreut teilnahmen. Wir schoben die Tische zusammen, und ich gab ein paar Runden aus. Zuerst tranken wir auf unser Treffen, dann auf Tatar, auf Amerika, auf die Ukraine und schließlich auf was auch immer, meinetwegen die Galapagos Inseln ... bis wir am Ende wieder auf unser glückliches Zusammentreffen anstießen.
Wie es schien, waren diese Jungs hart im Nehmen und einigermaßen vorbereitet. Damit war der Grundstock für eine erfolgreiche Safari eigentlich gelegt.
Dennoch wurde mir mulmig zumute, wenn ich an die bevorstehende Expedition dachte.
5.
DIE ZONE
Die Schlägerei in der Bar blieb tatsächlich nicht ohne Resonanz. Das ganze Stalkernetz war voll mit anonymen Nachrichten darüber, wie ein paar Zivilisten Stalker-Veteranen verprügelt hatten. Einige Richtigstellungen von Beteiligten, dass die Veteranen sturzbetrunken und die Zivilisten im Nahkampf ausgebildet gewesen seien, wurden nicht weiter ernst genommen.
Die meisten von uns ignorierten diese Meldungen, da sie von irgendwelchen hitzköpfigen Stalker-Neulingen kamen, die nur darauf warteten, die Veteranen von ihrem Thron stoßen und dort selbst Platz nehmen zu können. Der Einzige, der ständig im Forum seine
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