S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
auch sie gingen dem Zusammentreffen mit einer großen Gruppe, von der sie nicht wussten, aus wem sie sich zusammensetzte und was sie erwartete, lieber aus dem Weg. Und so verschwanden sie sofort, nachdem sie uns entdeckt hatten.
Einmal hörte ich ein Pseudowesen im Gebüsch am Waldrand, allerdings erstarb es so schnell wieder, dass ich nicht einmal die Zeit hatte zu sehen, wovon es verursacht worden war.
Die ersten Schritte in der Zone waren wie erste Schritte auf dem Mond. Hier war alles anders. Hier lag der Tod in der Luft. Wenn ich mich hier mehrere Tage am Stück aufhielt, gewöhnte ich mich an die ständige Gefahr. Wenn ich aber nach längerer Abwesenheit wiederkam, fühlte ich mich anfangs immer sehr unwohl.
Nach hundert Metern zeigte ich den Touristen die „Glaswatte", das am weitesten verbreitete und günstigste Artefakt, das man in der Zone antraf. Einige heruntergekommene Stalker, die in der Zone lebten,hielten sich immer an der Grenze auf und sammelten die braunen,im Licht funkelnden Knäuel. Das war übrigens ähnlich mühsam wie der Versuch, mit dem Pflücken von Baumwolle Geld zu verdienen. Um wenigstens ein Glas Wodka davon bezahlen zu können, musste der Stalker einen ganzen Sack Glaswatte abgeben. Man sagte, dieses Zeug sei absolut hitzebeständig, weshalb es in Feuerschutzanzüge eingearbeitet wurde. Im Übrigen war sowohl Glaswatte- als auch Flaschensammeln eine ungefährliche, aber mühsame und schlecht bezahlte Aufgabe. Das Geld reichte gerade aus, um nicht den Hungertod zu sterben, obwohl auch das nicht sicher war, denn die Tschernobylpreise waren um einiges höher als die in Kiew.
Die Touristen nahmen jeweils ein Knäuel mit und verstauten es in ihren Rucksäcken, als Souvenirs sozusagen. Ich grinste in mich hinein, sagte aber nichts.
Wenn der Dunkle Stalker will, werden wir noch ein paar hübschere Souvenirs für euch ergattern.
Aber wenn Artefakte auftauchten, konnten Anomalien nicht weit weg sein. Sehr bald trafen wir auch schon auf die Erste — in der Nähe eines halb zerstörten Hauses, das irgendwann einmal zur ersten Schutzzone gehört hatte. Es war ein schwebender Fleischwolf. Früher war hier nichts gewesen. Ich hob die Hand und stellte mit Genugtuung fest, dass die Touristen auf Anhieb und fast synchron stehen blieben.
Der Fleischwolf hatte mittlere Größe. Auf dem Monitor des Anomalie-Detektors erschien er wie ein unförmiger gelber Fleck.Jemand Unerfahrenes hätte ihn niemals mit bloßem Auge erkannt —der Fleischwolf war vollkommen unsichtbar, und nur das leichte Stechen in den Fingerspitzen deutete darauf hin, dass sich in der Nähe ein leistungsstarker Akkumulator für natürliche Energie versteckte.
Wenn man die Stelle lange genug ansah, konnte man erkennen,wie in der Luft direkt vor uns ab und zu ein durchsichtiger, mit dem Auge kaum wahrnehmbarer Blitz auftauchte, der an einen sich windenden Wurm erinnerte.
Im grellen Sonnenlicht hätte man überhaupt nichts gesehen.
Ich holte aus meiner Brusttasche einen nicht besonders großen Metallbolzen, den ich hochwarf. Es war eine alte Methode, Anomalien festzustellen — und es gab keine verlässlichere als diese, so wie es keine sicherere Waffe als eine Kalaschnikow gab. Und für die Demonstration, wozu ein Fleischwolf fähig war, eignete sich der gute alte Bolzen hervorragend.
Ich warf ihn ohne auszuholen genau in die Mitte der Anomalie. Dem Fleischwolf gefiel das nicht. Der Raum rund um die Anomalie wurde von einem riesigen lilafarbenen Blitz gespalten, der den Bolzen genau in der Mitte traf. Eine starke Ozonschicht bewegte sich auf uns zu, die Härchen an den Armen und im Nacken stellten sich auf.
Die Touristen machten vor Verwunderung einen Satz zur Seite. Die Szene, die sich ihnen darbot, war zweifellos beängstigend, wenn man sie zum ersten Mal sah. Neben einem aktiven Fleischwolf hatte man das Gefühl, gleich von mehreren Tausend Volt auseinander-gerissen zu werden.
Ich bewegte mich nicht. Die statische Entladung malte einen Bogen über dem Boden; verästelte Blitze tanzten zwischen Erde und Kuppel, und ionisierte Gase züngelten daran entlang. Die Anomalie beruhigte sich und wurde wieder unsichtbar.
Gallager hob den verbogenen Bolzen auf, der vor seinen Füßen gelandet war. Aber er zuckte auch sofort zusammen, warf den Bolzen von einer Hand in die nächste. Natürlich war er höllisch heiß.
„Ist das der Fleischwolf?", fragte Camacho, der die Kamera immer noch in seinen Händen hielt. Er nahm den ganzen
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